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Caleb

„Wo willst du hin?", raune ich und drehe mich langsam auf den Rücken.

„Du bist wach?"

„Offensichtlich bin ich das. Beantwortest du nun meine Frage?"

Langsam stehe ich aus dem Bett auf und schaue sie einen Moment lang an. Jedoch entscheide ich mich dafür, sie nicht zu bedrängen. Ich spaziere an ihr vorbei und bleibe an dem Stuhl stehen, auf dem ich meine Klamotten gestern ausgezogen habe.

Emilia steht wie versteinert an derselben Stelle und ihr Blick wirkt fragend auf mich. Ich ziehe eine Augenbraue hoch und greife mir das Shirt, um es mir anzuziehen. Doch eine Antwort erhalte ich weiterhin nicht.

„Emilia?"

„Ich... ich wollte nach unten gehen, damit du weiter schlafen kannst.", gibt sie zögernd von sich.

„Ist das dein Ernst?", gebe ich zischend von mir.

Diese Frau treibt mich manchmal in den Wahnsinn. In der einen Sekunde foltert sie Männer im Keller, bis diese einknicken. In der nächsten wirkt sie wie ein schüchternes Mädchen, welches Angst vor einem hat. Sollte sie nach all den Monaten nicht so langsam verstanden haben, dass ich nicht ihr Feind bin?

Kopfschüttelnd streife ich mir eine Jogginghose über und versuche die Wut in mir klein zu halten. Diese Frau bedeutet mir die Welt, aber ihr Verhalten ist für mich nicht verständlich. Entweder so oder so, aber nicht beides. Womit ich noch weniger klar komme, ist ihre Selbstzerstörung.

Wir wollen alle meine Mutter zurückholen, aber eben nicht, wenn man nicht richtig bei der Sache ist. Emilia hatte einen Unfall und hat sich bis heute nicht richtig untersuchen lassen. Das passt mir gar nicht.

„Du folterst Menschen wie kein zweiter und jetzt stehst du vor mir und antwortest nicht einmal?"

„Wieso bist du sauer?", gibt sie zart von sich.

„Weil du Selbstzerstörung betreibst. Keine Untersuchung, kein Zurücknehmen und vor allem keine Ruhe."

„Willst du deine Mutter nicht retten?", erwacht ihr Ton endlich in ihrer Stimme.

Na klar. Jetzt bin ich der Dumme. Ich mache mir Sorgen um sie und dabei vergesse ich ganz zufällig meine Mutter. Ist ja erst einige Tage her. Diese Spielchen nerven mich, weil ich sehe wie meine Verlobte sich kaputt macht. Ich werfe kapitulierend die Hände in die Luft.

„Entschuldige, dass ich mir Sorgen um meine Verlobte mache. Das ist aber auch wirklich frech von mir. Was bin ich nur für ein schlechter Sohn. Alles ist wichtiger als meine Verlobte, Ich hatte es vergessen.", rede ich mich langsam in Rage.

„Caleb, was soll das? Du bist kindisch.", erwacht Emilia nun endgültig aus ihrer Opferrolle.

„So. Bin ich das? Hat er sich auch um dich gekümmert? Hat er sich Sorgen um deine Gesundheit gemacht? Seelisch oder körperlich?", knurre ich lauter werdend.

Die Message ist deutlich angekommen. Für einen Augenblick tut es mir leid, dass ich diesen Wichser Luan in unsere Auseinandersetzung ziehe. Doch sie muss endlich mal kapieren, dass sie auch wichtig ist. Sie ist keine Allzweckwaffe für unsere Zwecke, sondern sie ist meine Verlobte. Mein Herz, mein Licht und meine Luft.

Viel weiter kommen meine Gedanken nicht mehr. Ich nehme wahr, wie Emilia sich zu verschließen scheint. Ihr Blick ist plötzlich so leergefegt und ihre Lippen beben. Wieso habe ich sie nicht einfach in Ruhe gelassen? Manchmal wollte ich eben doch meinen Mund halten. Emilia strafft ihre Schultern kaum merklich und reckt ihr Kinn leicht.

Parisi - Back To HimWo Geschichten leben. Entdecke jetzt