"Meine Macht andere zu verletzen.", sagte ich trocken und Steve stützte seinen Kopf ab, er sah mich fassungslos an. "Wenn du deine Kräfte richtig nutzen kannst, wirst du niemanden mehr verletzen, außer du willst es." Ich betrachtete meinen Gips und begann auf meiner Lippe zu kauen:"Ich werde Menschen weh tun." "Machen wir das nicht alle? Verletzen wir uns nicht alle gegenseitig?", aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, dass er mich vorwurfsvoll ansah und ich wusste genau warum. "Ich wollte Luke nicht verletzen." Er nickte stumm und betrachtete mich weiterhin durchgehend. Nach ein paar weiteren Sekunden wurde mir das zu blöd:"Was wissen Sie darüber?" "Du." "Ich?" "Ich meine, du sollst mich duzen." "Ach so." Er sah mich ernst an:"Ich weiß nur, dass etwas zwischen dir und ihm vorgefallen ist und er mich darum gebeten hat, ihn den Rest der Woche krank zu melden." Ich schluckte:"Es war ein blödes Missverständnis-" Er unterbrach mich, indem er die Hand hob:"Ich weiß, Zoe hat mir schon von einem anderen Jungen erzählt." Jetzt biss ich die Zähne zusammen:"Das stimmt nicht." "Lass es Rose, du musst dich nicht herausreden. Wenn ich die Gelegenheit an deiner Stelle hätte, würde ich auch jedem Nächstbesten in die Arme fallen." Ich versuchte ruhig zu bleiben, aber es gelang mir nicht.
Mit geballter Hand stand ich abrupt auf:"Ich glaube, wir machen morgen weiter." Lachend erhob er sich ebenfalls:"Diese Jugend." Ich hatte die Türklinke schon nach unten gedrückt, als bei diesen Worten alles in mir anfing zu toben. Er kam hinter mich, drückte mich von der Tür weg und schloss sie dann:"Wir sind noch nicht fertig." Ich wollte gerade ausholen, um mir meinen Weg freizumachen, als er meinen Arm ergriff und plötzlich wurde alles schwarz. Ich spürte noch, wie sich meine Hand an irgendetwas verfing, dann schien alles anders. Es fühlte sich an, als würde ich meinen eigenen Körper verlassen, irgendetwas zog mich weit weg, an einen Ort, der mir ganz und gar nicht gefiel. Es war dunkel und feucht, so düster, dass ich nicht einmal die Hand vor Augen sehen konnte. Dann wurde auf einmal die Klappe geöffnet:"Raus!" Eine etwas kräftigere Frau zog mich aus dem Versteck heraus und ich musste mit Verblüffung feststellen, wie klein ich war, höchstens zweite Klasse. "Es tut mir leid.", wimmerte ich mit der Stimme eines kleinen Jungen. "Du bist eine Schande für unsere Familie! Du wirst deine gerechte Strafe bekommen.", schrie die Frau wütend. Ich begann zu weinen und wurde das Gefühl nicht los, zu wissen was jetzt passieren wird. Sie hatte meinen dünnen Arm fest umklammert und führte mich eine steile Treppe hoch.
"Es war ein Versehen, ich, es tut mir leid.", schluchzte der Junge, in dessen Körper ich gerade steckte. "Das hättest du dir früher überlegen müssen.", sie riss eine Tür auf, stumpte mich hinein und schloss sie dann mit sich ab. Ich begann zu schreien und sie schaltete eine kleine Lampe in der Ecke des Raumes an, dann lief sie zu einem Wandschrank und holte einen Gürtel hervor. "Stell dich an die Wand!", knurrte sie. Mir liefen die Tränen herab, als könnte ich nie wieder mit dem Weinen aufhören:"Bitte, Mutter!" "Jetzt!", kreischte sie noch lauter als zuvor, was mich zusammenzucken ließ. Zögernd stellte ich mich mit dem Gesicht zur Wand und zog mein Oberteil hoch, sodass mein Rücken frei war. "Es wird nie wieder vorkommen, haben wir uns verstanden?", sie kam immer näher. Ich weinte so heftig, dass ich kein Wort hervorbrachte. "Haben wir uns verstanden?", schrie sie. "Ja.", es war ein einziges Schluchzen. "Nein!", schrie ich, doch die Lippen des Jungens bewegten sich kein bisschen. Die Frau holte aus und der Schmerz explodierte auf meinem Rücken, sodass ich mich krümmte und nach Luft schnappte. "Aufhören!", schrie ich, doch keiner hörte mich. Sie holte erneut aus und der Junge schrie. Ich will das nicht länger mit ansehen, und wie als wenn jemand meinen Gedanken gehört hätte, wurde alles um mich hell und ich spürte meinen eigenen Körper wieder.
Steve jedoch, lag zusammengesunken aus dem Boden und versuchte sich langsam aufzusetzen. "Doktor Wilson!", ich kniete mich neben ihn und wollte ihm helfen, doch er drückte mich beiseite. "Du hast genug gesehen!" Ich starrte ihn ungläubig an und dann verstand ich, ich war er gewesen und ich habe mit ihm zusammen die Schlimmste seiner Erinnerungen nochmal durchlebt:"Sie haben mich extra wütend gemacht." Er nickte:"Wir haben weniger Kontrolle über uns, wenn wir emotional aufgebracht sind." Wieder versuchte er aufzustehen, doch es gelang ihm nicht. "Lassen Sie mich Ihnen helfen." "Nein." "Es wird nicht nochmal passieren.", ich sah ihm tief in die Augen und er mir ebenso. Ich wusste nicht, was das alles auf sich hatte, aber ich war mir sicher, dass ich ihm jetzt nicht nochmal weh tun würde, ich musste ja selbst erst einmal das Gesehene verkraften. Er nahm meine Hand und ich zog ihn hoch, dann setzte er sich auf den Schreibtischstuhl. "Ich wollte das nicht." "Schon gut, Melrose.", er rieb sich die Stirn. "Ich wollte das wirklich nicht, wenn ich es hätte verhindern können-" "Weder ich noch du können die Vergangenheit ändern, also lassen wir sie einfach ruhen." Ich erkannte die Verzweiflung, die in seiner Stimme mitschwang und sah den Schmerz in seinen Augen. Das hatte ich ihm angetan.
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Nightmare-Ist Angst stärker als Liebe?
ParanormalDieses Buch ist mittlerweile mehrfach überarbeitet worden & diese Fassung ist jetzt überall online als Taschenbuch erhältlich! Link dazu in meiner Bio! :) Melrose ist eigentlich ein ganz normales Mädchen, wenn man davon absieht, dass sie Menschen mi...