Er lächelte beruhigt und entspannte sich ebenfalls. "Ich bin hier früher oft mit dem Fahrrad hergefahren, als ich noch kleiner war.", erzählte er mir. Ich nickte:"Wäre ich an deiner Stelle auch." Ich fühlte mich losgelöst und für eine Zeit lang brauchte ich nicht an meine komplizierte Familienkonstellation denken, oder an die Tatsache, dass sich meine einzigen Freunde von mir abgewandt hatten und dass ich, abgesehen davon, eine Art Monster war, mehr als dass ich gedacht hatte. "Wenn wir ein Stück weiterlaufen, kommt eine Bank, also ähm, falls du-", ich unterbrach ihn, indem ich die Hand hob. "Ja, ich setze mich neben dich.", ich lächelte und versuchte mich auf ein Gespräch einzustellen, das bei den falschen Worten ganz schnell ausarten konnte. Wie sollte ich ihm erklären, was ich war? Vielleicht würde er mich dann hassen, vielleicht würde er mich auch für ein Monster halten.
"Kommst du?", Luke war schon ein paar Meter weiter entfernt und ich bemerkte jetzt erst, dass ich wie angewurzelt stehen geblieben war. "Oh, ja.", murmelte ich kleinlaut und schloss zu ihm auf. Einen kurzen Augenblick liefen wir schweigend nebeneinander her, doch dann durchbrach er die Stille:"Du bist völlig neben der Spur." Ich blickte zu ihm, aber er kickte nur einen Stein vor sich hin:"Du auch." Jetzt sah er auf und lächelte matt:"Danke sehr." Ich verzog mein Gesicht ebenfalls:"Ich danke dir." Wieder schwiegen wir eine Weile, als er sie erneut unterbrach:"Ich kann nicht aufhören an dich zu denken, Rose." Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte, doch alles in mir schrie, dass ich dasselbe für ihn fühlte, aber ich hatte Angst, Angst ihn wieder zu verletzen und mit der Wahrheit würde ich ihm doch weh tun, oder? Ich dachte kurz nach, aber Lügen waren genauso unerträglich wie die Wahrheit in diesem Fall.
"Melrose?" Ich zuckte zusammen und sah in den schuldbewussten Gesichtsausdruck von Luke. "Ich weiß, ich habe keinen Grund und es ist auch unglaublich dumm", er fuhr sich durch die Haare, "aber ich war eifersüchtig auf diesen Typ und es tut mir leid. Du kannst natürlich machen was du willst. Ich wünschte nur, es würde mich nicht so sehr interessieren, aber das tut es eben." Ich machte mich automatisch kleiner, obwohl er mich trotzdem schon überragte:"Wir sind nicht zusammen, er ist nur ein guter Freund von früher." Mir war klar, dass das nicht die Tatsache rechtfertigen konnte, dass Tobias mich berührt hatte, während Luke sich mir kaum nähern durfte, aber ich wollte versuchen, es langsam angehen zu lassen. Er schluckte:"Verstehe." Ich biss mir auf die Lippe und dachte nach, was ich darauf antworten könnte, doch er kam mir wieder zuvor:"Bist du angepisst? Also, nerve ich dich?" "Was?", entfuhr es mir. Er sah mich durchdringend an:"Ob ich dich nerve." "Nein." Wir erreichten die Bank und setzten uns. Ich sah zu Boden:"Ich wünschte doch selbst, dass es einfacher wäre."
"Dass was einfacher wäre?", fragte er. "Das mit uns." Sein Blick erhellte sich ein wenig:"Wo liegt denn das Problem, außer deiner Berührungsangst?" Ich unterdrückte das Zittern und holte tief Luft:"Ich habe keine Berührungsängste, also nicht so wie du denkst." Er runzelte die Stirn:"Kommt jetzt wieder der Teil, wo du mir sagst, dass du es mir irgendwann erklären wirst? Weil wenn ja, dann können wir uns das hier sparen." Ich schluckte und sah zu Boden:"Ich will es dir doch erklären." "Aber du kannst nicht.", fügte er hinzu. "Ich weiß nicht wie.", ich war ein wenig abgeschreckt von seiner Reaktion, aber verstehen konnte ich ihn trotzdem. "Versuch es.", er war sichtlich angespannt, aber probierte, sich nichts anmerken zu lassen. Ich sah zu Boden und bemerkte, dass meine Finger angefangen hatten zu zittern. Sollte ich damit beginnen, dass ich anders war? Sollte ich zuerst meine Kräfte erwähnen? Ich schwieg und er ließ mir Zeit, um nachzudenken, ich wünschte bloß, es wäre nicht so kompliziert. "Glaubst du an Kräfte, an eine Macht, die Menschen nicht begreifen können?", sagte ich schließlich. "Worauf willst du hinaus?", fragte er mich und ließ mich keine Sekunde aus den Augen. Immer noch beachtete ich den Boden vor mir, als würde ich mit mir selbst sprechen:"Ich bin anders." "Das weiß ich, du bist nicht so aufgesetzt wie viele andere Mädchen in deinem Alter." "Nicht das, Luke. Ich bin kein Mensch."
Das hatte ich vorher noch nie ausgesprochen, oder gar in Erwägung gezogen, aber es stimmte doch, nicht wahr? Ich war kein Mensch, zumindest nicht vollkommen. Man konnte ihm hoch anrechnen, dass er nicht sofort aufgesprungen war und mich für geistig krank erklärt hatte. "Was redest du da?" Jetzt sah ich ihm tief in die Augen:"Ich kann Dinge tun, wozu ein Mensch niemals in der Lage wäre, Luke. Ich bin anders." Sein Gesicht sprach Bände, er war total verwirrt:"Dinge?" Meine Augen schloss ich, bevor ich weitersprach:"Du kennst doch diese Märchen über Hexen, Vampire und was es sonst noch alles gibt, oder?" "Willst du mir gerade erzählen, dass alle diese Fabelwesen wirklich existieren?", er schüttelte den Kopf und machte Anstalten aufzustehen, doch ich zog in an dem Ärmel seiner Jacke zurück. Darüber war er genauso geschockt wie ich, ich hatte ihn berührt, zumindest seine Jacke, aber solange seine Haut nicht meine streifte, konnte nichts passieren. "Nein, die gibt es nicht." Er atmete tief durch:"Gut, was meinst du dann?" Ich sah um mich, um auch wirklich sicher zu gehen, das hier weit und breit niemand war, dann drehte ich mich so, dass ich Luke gegenüber saß:"Bitte erkläre mich nicht für verrückt und höre mir bis zum Ende zu, bitte. Ich will nicht, dass du das falsch verstehst." Er rutschte unsicher auf der Bank hin und her, dann nickte er:"Versprochen."
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Nightmare-Ist Angst stärker als Liebe?
ParanormalDieses Buch ist mittlerweile mehrfach überarbeitet worden & diese Fassung ist jetzt überall online als Taschenbuch erhältlich! Link dazu in meiner Bio! :) Melrose ist eigentlich ein ganz normales Mädchen, wenn man davon absieht, dass sie Menschen mi...