Ich achtete nicht mehr auf die Strecke, die wir fuhren und überließ auch Nelli das Reden. Allerdings erzählte sie nur, wie toll Tobias war und daran hatte ich nun wirklich kein Interesse, was sie dann auch relativ schnell bemerkte und somit ihre Klappe hielt. Im Radio lief ein schlechter Song nach dem Anderen und ich zweifelte langsam wirklich an dem Geschmack der Menschen. Als auf einmal die Lautstärke erhöht wurde, zuckte ich zusammen.
Nelli sang irgendeinen Songtext laut grölend mit:"I will love you monday and you will hurt me tuesday if you don't stop me wednesday. Forgive you on a friday, reunion on a saturday, forgotten all on sunday!" Ich drehte die Musik wieder leiser:"Muss das sein?" "Ja, du Miesepeter, jetzt erst recht.", es wurde wieder lauter und Nelli sang den Refrain noch begeisteter mit. Ich lehnte mich mit einem Arm ans Fenster und beobachtete wie meine beste Feundin im Takt mit wippte, was während dem Autofahren einfach urkomisch aussah. "365 days of the year running around, running around!" Jetzt brach ich in Gelächter aus, obwohl mir eigentlich nicht danach zumute war, Nelli sang schlechter als ein heiseres Baby. Sie warf mir einen kurzen Seitenblick zu:"Lach nicht so blöd und sing einfach mit, du Langweiler!"Und so kam es, dass wir zusammen weiterbrüllten:"365 days and nights, 365 tries to make it right!" Wir lachten noch eine ganze Weile, nachdem das Lied schon zu Ende war und dann musste ich mir den Bauch halten, da er schon weh tat:"Wenn das jemand gehört hätte!" "Dann wären wir schon morgen ausgebucht!", Nelli bog auf eine Landstraße ab und ich schüttelte lächelnd den Kopf. "Bestimmt!" Für einen Moment war es wieder still zwischen uns und ich lauschte der Wetterdurchsage zu, die noch mehr Regen und Unwetter ankündigte. "Wir sind bald da.", sagte Nelli jetzt in normalem Tonfall. Diese paar Worte brachten mich wieder in die Realität zurück und mein Herz schlug sofort schneller. Ich versuchte ruhig zu atmen und wandte meinen Blick dann auf die Straße. "Nelli!", schrie ich, "Halt sofort an!" "Was?", kreischte sie zurück. "Sofort!" Sie drückte auf die Bremse und wir kamen mit einem unsanften Ruck zum stehen, dann fuhr Nelli auf die Seite, um die Durchfahrt nicht zu blockieren. "Sag mal spinnst du?", keuchte Nelli und umklammerte noch immer mit beiden Händen fest das Lenkrad und ich starrte aus der Scheibe vor mir. Trotz der vielen Regentropfen erkannte ich die Straße, es war die, von der ich vergangene Nacht geträumt hatte. Neben uns erstreckten sich die etlichen Felder und ich atmete, als wäre ich einen Marathon gelaufen:"Ich war hier schon mal." Nelli drehte ihren Kopf zu mir und versuchte ebenfalls ihren Atem unter Kontrolle zu bringen:"Natürlich warst du hier schon mal, das war früher dein Zuhause!" Ich schüttelte wild den Kopf, ohne meine Augen von der Fahrbahn abzuwenden. Die Autos machten langsamer, als sie an uns vorbeifuhren und gaben dann wieder Gas.
"Nein, ich war gestern hier. Also in der Nacht, ich war in meinem Traum auf dieser Strecke, Nelli!" Sie betrachtete mich einen weiteren Augenblick:"Vielleicht kommen deine Erinnerungen wieder hoch, vielleicht merkst du unbewusst, wo du dich befindest." Ich schluckte und griff an meinen Hals, der Anhänger glühte. Dann sah ich meine beste Freundin an:"Jemand hat mich vor diesem Ort gewarnt, Nelli!" Sie zog die Augenbrauen hoch:"In deinem Traum?" "Ja.", ich war mir sehr bewusst wie unglaubwürdig das klang, aber es war nun mal die Wahrheit. "Wer soll dich denn vor was gewarnt haben?" "Ich weiß es nicht, es war eine Stimme, die ich nicht zuordnen konnte und sie hat nur gesagt, ich solle vorsichtig sein, aber dann war sie schon wieder verschwunden." Nelli rümpfte die Nase und sah dann wieder geradeaus:"Dann werden wir eben herausfinden, was hier so gefährlich sein soll." Sie lenkte das Auto wieder auf die Straße und ein ganz schlechtes Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit. Unruhig trommelte ich mit den Fingern auf der Armlehne herum. "Gott, Melrose!", rief Nelli jetzt aus, "Das war nur ein Traum! Bitte mache mich jetzt nicht auch noch nervös, ich kann ja verstehen, dass du aufgeregt bist und Angst hast, aber bitte, lass das!" "Tut mir leid.", murmelte ich und hörte auf. Ich versuchte, mich auf die Scheibenwischer zu konzentrieren, anstatt auf die Umgebung zu achten, doch natürlich schweifte mein Blick immer wieder ab. Während Nelli den Blinker links setzte, um auf einen Waldweg zu gelangen, packte mich nun endgültig die Panik.
"Dreh bitte um!", ich schloss die Augen. Nelli schnaubte und sprach dann viel ruhiger, als ich erwartet hatte:"Rose, sieh mich an!" Stumm schüttelte ich den Kopf. "Jetzt sieh mich an, verdammt!", sie drehte meinen Kopf zu sich und ich erschreckte, weil ich mit keiner Berührung gerechnet hatte. Jetzt trennten unsere Augen nur noch wenige Zentimeter:"Du hörst mir jetzt mal zu." Nellis Gesichtsausdruck wurde ernster und ich hatte keine Ahnung, wie ich aussah:"Weißt du, wer du bist?" Sie ließ mein Gesicht nicht los und ich öffnete zögernd den Mund:"Merlose." "Aber nicht irgendeine Melrose! Du bist verdammt nochmal Melrose Morgen, du bist die Tochter von Alisia und die Nichte von der jetzigen Königin der Nightmares! Du bist viel mehr als ein normales Mädchen und das heißt auch, dass du viel mehr durchstehen musst, aber dafür gibt es Freunde und Familie. Ich bleibe hier, Rose, und ich werde nicht ohne dich gehen, hast du verstanden?" Ich nickte und blinzelte die Tränen weg, die aufkamen, dann fuhr sie auch schon wieder fort:"Egal was passiert, egal was du erfährst, du bist etwas ganz Besonderes, du bist meine beste Freundin, hörst du? Und in dir steckt so viel mehr als nur deine königliche Abstammung, also geh jetzt dahin und zeig ihnen, wer Melrose Morgen ist, und dass sie verdammt nochmal lebt!" Mir liefen die Tränen herab, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte und dann fiel ich Nelli um den Hals:"Danke, danke, danke!" Als ich mich von ihr löste, lächelte sie gequält:"Ich werde hier warten. Du musst jetzt lediglich ein Stück in den Wald laufen und irgendwann siehst du dann die Grenze. Sie ist ein Kraftfeld, das nur von Nightmares gesehen und nur von Morgens passiert werden kann." "Also werde ich durchgehen.", sagte ich entschlossen und griff nach der Tür. "Melrose?" Ich drehte mich nochmal um:"Ja?" "Pass auf dich auf!", sie zog einen Mundwinkel nach oben und ich nickte. "Das werde ich, versprochen."
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Nightmare-Ist Angst stärker als Liebe?
ParanormalDieses Buch ist mittlerweile mehrfach überarbeitet worden & diese Fassung ist jetzt überall online als Taschenbuch erhältlich! Link dazu in meiner Bio! :) Melrose ist eigentlich ein ganz normales Mädchen, wenn man davon absieht, dass sie Menschen mi...