Teil 52

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"Nein, Rose. Du bist doch kein Monster.", er sah mich an, aber ich wandte den Blick ab. "Das sagst du, um mich nicht zu verletzen. In Wirklichkeit widert es dich an." "Hey, das stimmt doch gar nicht. Hälst du dich etwa für eines?" Ich schnaubte nur, worauf er wieder zu sprechen begann:"Du bist kein Monster, Rose. Und ich könnte auch niemals von dir angewidert sein. Überleg doch mal, selbst wenn du das Verlangen hast andere zu töten, du tust es nicht, weil du stark bist, du hast einen starken Willen." Dieses Mal traten mir wieder Tränen in die Augen, aber nicht vor Trauer oder Wut, sondern weil ich berührt war. Er hatte mich mit seinen Worten berührt, ohne mich angefasst zu haben. "Das hast du schön gesagt.", ich lächelte ihn an. "Nicht wahr, man könnte gerade meinen, dieser Ort macht mich zu einem anderen Menschen." "Tut er nicht, du bist immer noch der Luke, dem ich vertraue." Ein Lächeln huschte über seine Lippen:"Irgendwie komisch." "Was?" "Normalerweise umarmt man sich jetzt und fährt dann in die nächstbeste Pizzeria." "Ich kann dich umarmen, solange wir uns nur an den Klamotten berühren." "Willst du das denn überhaupt?", fragte er und ich lehnte mich zu ihm vor. "Ja." Und dann umarmten wir uns nochmal. Es war ein wenig seltsam und fremd, aber wie seine Arme mich hielten, fühlte sich gut an.

"Und es gibt wirklich keinen anderen Weg für dich andere zu berühren, ohne-", er verstummte. "Ohne andere umzubringen, nein, Luke. Aber ich versuche es unter Kontrolle zu bringen." "Wie?", er runzelte die Stirn. "Vertraust du mir?" Er sah mich fragend an, aber antwortete dennoch:"Ja, das tue ich." "Dann vertraue mir, wenn ich sage, dass du das alles früh genug erfahren wirst." Er lächelte leicht:"In Ordnung." "Danke, wirklich. Du hast das echt gut aufgenommen." "Um ehrlich zu sein, kann ich es noch nicht so richtig nachvollziehen, aber gib mir da einfach noch ein wenig Zeit." Ich nickte eifrig:"Natürlich, und Luke?" "Ja?" "Du darfst mit niemandem darüber reden, immerhin hängt unsere Existenz davon ab." "Ich würde dich nie gefährden, Rose. Mein Mund bleibt versiegelt." "Danke." "Wollen wir etwas essen gehen, es wird langsam unangenehm auf dem kalten Boden." "Ich habe aber kein Geld dabei.", platzte es aus mir heraus, ohne dass ich es wollte. Er lachte:"Brauchst du auch nicht." Ich spürte, wie ich rot anlief und sah schnell zur Seite. Er stand auf:"Komm!" "Na schön, aber nur weil du es bist.", ich hievte mich hoch und zusammen liefen wir zurück in Richtung Parkplatz. "Darf ich noch eine Frage stellen zu der ich wahrscheinlich gar nicht berechtigt bin?" Ich zuckte nur mit den Schultern:"Schieß los." "Warum ist Tobias an unsere Schule gekommen?"

Ich überlegte kurz, aber es hatte keinen Zweck ihn anzulügen:"Also dazu musst du wissen, dass ich Freunde habe, die Nightmares sind und in einem Geheimversteck leben." Er nickte zögernd und ich fuhr fort:"Wir haben Streit im Moment, weil sie nicht verstehen, dass ich unter Menschen leben will." "Deswegen der dringende Anruf vor Kurzem.", fügte Luke hinzu. "Ja, darum ging es. Nelli, so heißt eine sehr gute Freundin von mir, sie ist mit Tobias zusammen, und der wollte mich zu ihnen holen, weil-", ich verstummte augenblicklich und sah zu meinem Gips hinunter. "Weil?" "Sie denken, ich wäre hier nicht sicher.", ich wollte vom Thema abschweifen, aber Luke hatte meinen Seitenblick bemerkt. "Das ist doch Quatsch, wenn müssten die Menschen eher vor dir Angst haben." "Ja.", presste ich hervor. "Tut mir leid, das habe ich nicht so gemeint." "Schon gut.", ich winkte ab. "Es hat mit dem Gips zu tun, oder?" Mein Kopf schoss in seine Richtung:"Was?" "Es war gar kein Unfall." Ich sah sofort nach unten:"Nein, war es nicht." "Hat dir dein Adoptivvater das angetan?" "Luke, ich finde-" "Antworte auf meine Frage, Melrose!" "Ja, hat er." "Mit Absicht?" "Ja.", flüsterte ich. Sein Blick wurde wütend:"Warum tut er sowas?" Ich machte mich automatisch kleiner:"Weil ich seine Familie zerstöre." "Was?" "Wir müssen so oft umziehen, wegen, na ja, gewissen Vorfällen. Er streitet mit seiner Frau und das nur wegen mir.", ich schluckte. "Das ist doch nicht deine Schuld, du kannst doch nichts dazu und selbst wenn, gibt ihm das noch lange nicht das Recht dich zu verletzen."

"Es wird auch nicht mehr vorkommen.", meine Stimme klang sehr bestimmt und ich war mir wirklich sicher, dass etwas Derartiges nicht nochmal passieren würde. Luke sah mich besorgt an:"Wie kannst du dir da so sicher sein?" Ich lächelte:"Sagen wir es mal so, ich habe meine Finger im Spiel, falls er es wieder versucht." Jetzt blieb er stehen:"Du willst ihn doch nicht umbringen, oder?" Ich sah ihn entgeistert an:"Natürlich nicht. Verdammt, Luke, hörst du mir überhaupt zu? Ich will nicht töten." "Du hast doch gerade erst gesagt, dass du darüber keine Kontrolle hast!", schrie er aufgebracht. "Habe ich auch nicht!", zischte ich zurück. Er sah mir tief in die Augen und ich hielt seinem Blick stand, dann sprach er wesentlich ruhiger:"Tut mir leid, aber ich verstehe das nicht, alles widerspricht sich." Damit lief er weiter und ließ mich stumm zurück.

Nightmare-Ist Angst stärker als Liebe?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt