Teil 77

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Vielleicht hatte ich mir das Auto auch nur eingebildet. Ich schob den unheimlichen Gedanken von Darius Schwarz als Geheimagent beiseite. Mit jeder Sekunde hatte ich das Gefühl unruhiger zu werden, überall traten noch mehr Rätsel auf und ich hatte bis jetzt noch nicht ein einziges gelöst. Als mein Handy anfing zu klingeln, zuckte ich erst einmal zusammen und hob dann einfach ab:"Ja?" "Hallo Melrose, hier ist Steve." Doktor Wilsons Stimme zu hören erinnerte mich wieder an mein weiteres Problem, nämlich Luke. "Was wollen Sie?", ich duzte ihn mit Absicht nicht. "Ich wollte nur mal fragen, wie es dir geht. Ist irgendetwas vorgefallen?" "Was wollen Sie wirklich von mir?", ich musste mich beherrschen, um mein Handy nicht auf der Stelle zu erdrücken, obwohl das nicht helfen würde. "Ich wollte wirklich nur wissen, wie es mit deinen Kräften vorangeht. Hattest du irgendwelche Erlebnisse oder Kontakt zu anderen Menschen oder Nightmares?" "Nein.", log ich, weil ich immer noch sauer war und trotz seiner Begründung nicht verstand, warum er mich genau jetzt anrief. "Hervorragend, Rose. Wir sehen uns dann Samstag und falls etwas sein sollte, kannst du mich jederzeit erreichen." Ich hielt dieses Warten nicht mehr aus:"Steve?" "Ja?", er klang auf einmal sehr ruhig.

"Ich muss zu meiner Tante und ich bin mir sicher, dass ich bereit dafür bin.", sagte ich mit fester Stimme und dachte daran, wie ich Herr Schwarz nichts angetan hatte. "Melrose, ich halte das für keine gute Idee, weil-", er verstummte und ich hörte leise Geräusche aus dem Hintergrund, aber konnte nicht identifizieren, von was sie stammten. "Warum?", hakte ich nach. "Ach weißt du was? Du hast recht, es ist umso besser, je früher wir Kontakt zu Mayra aufnehmen.", er betonte den Namen meiner Tante, doch ich verstand nicht, was er damit bezwecken wollte. "Ich werde allein gehen.", ich stellte mich schon darauf ein, dass ich mir jetzt wieder eine Predigt anhören konnte, von wegen, dass er mich begleiten müsste, aber die kam nicht. "Okay.", murmelte er schlichtweg und ich dachte, ich hätte nicht richtig zugehört. "Wie bitte?", ich versuchte nicht allzu verwirrt zu klingen, aber es gelang mir einfach nicht. "Melrose, ich finde es nur sinnvoll, dass du allein gehst, weil ich dich sowieso nur bis zum Rand des Herrschaftsgelände bringen könnte. Ab dort wärst du auf dich gestellt." Es war irgendwie seltsam, aber auf einmal wollte ich wirklich, dass er mir den Weg zeigte:"Können Sie mich nicht doch hinfahren? Ich weiß ja nicht mal, wo ich hin muss." "Deine Nightmare Freunde werden dir den Weg schon zeigen können." "Aber-" Er unterbrach mich:"Wann willst du denn genau zu Mayra fahren?" Wieder betonte er ihren Namen deutlich und ich fragte mich, ob er mir damit irgendetwas sagen wollte. "So schnell wie möglich, ich brauche einfach Antworten, das verstehen Sie doch sicherlich."

"Natürlich, rufe mich am besten nochmal an, bevor du dich auf den Weg machst. Fändest du es nicht vielleicht besser freitags zu deiner Tante zu fahren, immerhin hättest du dann keine Schule mehr am nächsten Tag." Erneut hörte ich seltsame Hintergrundgeräusche, ließ mich aber nicht davon beirren:"Nein, ich fahre morgen, wenn es möglich ist. Ich kann nicht mehr mit dieser Ungewissheit leben." Es war still in der Leitung und ich hörte nur Steves Atem, der unregeläßiger und schneller als normal ging. "Stelle sicher, dass du allein kommst, Rose." "Doktor Wilson?", fragte ich, weil seine Stimme sehr bedrückt klang. "Ich muss auflegen, wir bleiben in Kontakt." Ich öffnete gerade den Mund, um etwas zu erwidern, da ertönte schon der Ton, der unser Gespräch beendete. Was zur Hölle war nur mit Lukes Vater los? Ich rief ihn nochmal an, aber eine mechanische Stimme verkündete mir, dass der Teilnehmer im Moment nicht erreichbar sei und ich es später nochmal versuchen sollte. Seufzend ließ ich mich auf die Couch fallen und dachte nach. Vielleicht war auch einfach nur sein Akku leer, aber warum hatte er dann so schwer geatmet? Ein ungutes Gefühl durchzuckte mich und mir juckte es in den Fingern, Luke anzurufen, nicht weil ich mit ihm sprechen wollte, obwohl ich das ja eigentlich schon wollte, sondern weil ich mir Sorgen um seinen Vater machte. Ich wählte seine Nummer, auch wenn ich bezweifelte, dass er bei mir abheben würde.

"Na endlich Noel, ich dachte schon, du meldest dich gar nicht mehr.", erklang Lukes Stimme und dem Moment war mir klar, dass er nicht nachgeschaut hatte, wer anrief. "Hier ist nicht Noel.", murmelte ich. Seine Stimme nahm sofort einen härteren Ton an:"Melrose? Warum rufst du mich an, ich habe doch gesagt, dass du dich von mir-" "Ich weiß, was du gesagt hast!", sagte ich schnell. "Gut, dann verstehe ich nicht, warum-" "Es geht um deinen Vater, Luke!", schrie ich schon fast. "Melrose, wenn du wieder irgendeine Scheiße über meinen Vater erzählst, wird das Konsequenzen für dich haben." "Luke", brüllte ich jetzt, "verdammte scheiße, hör auf dich wie ein Arschloch zu benehmen, ich weiß, dass du dich verstellst und es geht verdammt nochmal nicht um mich und um dich. Ich glaube, deinem Vater geht es gerade nicht gut." "Was?", er klang jetzt wesentlich leiser. "Bist du Zuhause?", fragte ich. "Ja, mein Vater ist in seinem Büro." "Dann geh zu ihm!", die Panik machte sich in mir immer mehr breit, aber mein Instinkt sagte mir, dass ich nicht überreagierte. "Wenn das wieder so eine blöde Masche von dir ist, dann-" "Luke!", brüllte ich und er verstummte. "Es kann sein, dass ich mich irre, aber wenn dir etwas an deinem Vater liegt und du mir wenigstens noch ein kleines Bisschen vertraust, dann gehst du jetzt auf der Stelle runter."

Der Ton erklang und er hatte aufgelegt, er hatte einfach aufgelegt. Was fiel ihm ein? Ich wollte mich selbst zu dem Haus der Wilsons begeben, doch genau in diesem Moment wurde die Haustüre aufgeschlossen. "Melrose! Wir sind wieder da!", rief meine Adoptivmutter. "Hallo!", sagte ich mit einem künstlichen Lächeln und ließ mein Handy in meiner Hosentasche verschwinden. "Du hast wirklich etwas verpasst, das Essen war hervorragend.", mein Adoptivvater rieb sich den Bauch, um seine Aussage zu bekräftigen. "Ja, kann ich mir vorstellen, nächstes Mal komme ich mit. Ich muss nochmal kurz weg.", stammelte ich so schnell wie möglich. "Was, wohin willst du denn um diese Uhrzeit noch, wir haben schon nach neun und hast du überhaupt etwas Vernünftiges gegessen?" "Chips und Obstsalat." Sie schüttelte den Kopf:"Das habe ich mir schon gedacht, deswegen habe ich dir auch etwas mitgebracht." "Ich muss wirklich erst weg, dann esse ich so viel, bis ich platze." Sie musterte mich kritisch:"Nein, Rose. Ich lasse dich erst aus dem Haus, wenn du gegessen hast. Was auch immer dort draußen auf dich wartet, kann auch noch ein paar Minuten länger warten." Ich schluckte:"Aber ich muss wirklich-" "Es reicht, du isst jetzt, dann können wir darüber reden, wohin du gehst." Ich hatte keine andere Wahl, also setzte ich mich an den Tisch und packte die Portion Nudeln so schnell aus wie möglich, doch dann ließ mich ein Geräusch innehalten. Mein Handy klingelte und ich sah auf das Display, es war Luke.

Nightmare-Ist Angst stärker als Liebe?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt