Teil 21

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Als sie mich endlich nicht mehr anstarrte und wir im Klassenzimmer saßen, fragte ich Wendy: "Wer ist das?"
"Sie heißt Anna, wieso?"
"Sie sieht mich so komisch an", ich kam mir irgendwie dumm vor, als ich das sagte.
Sie zog den Mundwinkel nach oben und flüsterte: "Ich glaube, sie steht auf Luke, aber keine Sorge, sie ist zwar ruhig, doch eigentlich recht nett." Dieses Eigentlich störte mich, aber ich sagte nichts.
Luke war dieses Mal sogar pünktlich und lächelte mir kurz zu, ich lächelte zurück. Daraufhin sah Anna mich mit zusammengezogen Augenbrauen an, na super, als hätte ich nicht schon genug Probleme, kam jetzt auch noch Eifersucht einer anderen dazu, wobei es nun wirklich keinen Grund gab, auf so jemanden wie mich eifersüchtig zu sein.
Ich schlief die ganze Stunde lang und passte nicht auf. Geschichte war nun wirklich nicht mein Fach. Danach hatten wir Musik, wobei ich auch nicht richtig anwesend war, dann begann auch schon wieder die Pause. Dieses mal waren alle Bänke besetzt, also standen wir.
Anna war weiterhin still und musterte mich immer noch von Kopf bis Fuß, bis schließlich ein Mädchen mit kurzen, braunen Haaren zu ihr kam: "Hey, Anna!"
Und da hörte ich sie zum ersten Mal sprechen: "Hey, Zoe!" Die beiden entfernten sich ein wenig von uns. Ich stellte mir vor, wie es wäre, wenn Nelli mit mir auf dieser Schule wäre, das wäre tausend mal besser, doch ich hatte sie enttäuscht und ich konnte nur zu gut verstehen, dass sie sauer auf mich war.
Der Rest des Tages verlief ziemlich unspektakulär. Ich fuhr mit dem Bus nach Hause und verbrachte meinen Nachmittag mit Zocken und damit, auf eine Antwort von Nelli zu warten, aber es kam nichts, also beschloss ich sie anzurufen, doch auch so konnte ich meine beste Freundin nicht erreichen. Als Nächstes rief ich Nadine an, es ging nur die Mailbox ran. Sollte ich es bei Luna versuchen?
Ich probierte es und bekam wirklich eine Antwort: "Was willst du?"
"Luna?"
"Nein, der Osterhase."
"Ist mit Nelli alles in Ordnung?"
"Woher soll ich das wissen?"
"Ist sie nicht bei dir?"
"Keine Ahnung, ich stehe jetzt auch nicht auf, um nachzusehen, ruf sie doch an!"
"Sie geht nicht ran", ich biss die Zähne zusammen.
Luna lachte: "Kein Wunder bei deiner Aktion."
"Kannst du einfach kurz nachsehen, ob sie da ist?"
"Wenn du mich dann nie wieder anrufst", sie stöhnte genervt auf.
"Glaub mir, das würde ich nie freiwillig tun."
Ich hörte, wie sich Luna bewegte und an einer Tür klopfte: "Keiner da."
"Dann schau im Wohnzimmer." Ich wurde langsam unruhig.
"Gott, Melrose, sie ist wahrscheinlich noch feiern oder verbringt den Tag bei irgendwelchen Typen."
"Kannst du mir Bescheid geben, wenn sie wieder da ist?"
"Könnte ich, mache ich aber nicht."
"Bitte!" Dann hatte sie aufgelegt und ich schmiss mein Handy mit voller Wucht ins Bett. Warum verstand mich niemand? Ich war so in Gedanken, dass ich gar nicht bemerkte, dass jemand nach Hause gekommen war. Doch plötzlich stand er vor mir, mein Adoptivvater. Er trug seinen dämlichen Schutzanzug und ich spannte mich automatisch an.
"Du bist immer noch hier", sagte er seelenruhig. Ich folgte jeder einzelnen Bewegung von ihm. Er kam auf mich zu und ich sprang ruckartig auf, ich würde ihm meine Angst nicht zeigen. Und als hätte sie es gespürt, hörte ich in diesem Moment den Schlüssel rascheln, was meine Mutter ankündigte. Er biss die Zähne zusammen und zog dann seinen Ärmel hoch: "Los, mach das, was du auch immer machst."
Ich starrte auf seinen Arm: "Was?"
"Zeig ihr, welches Monster du bist." Ich schluckte, ich hätte nichts lieber getan, als ihn zu verletzen, doch ich musste mich beherrschen, sonst würde ich in ein Heim kommen, und dann wäre alles umsonst gewesen. "Mach schon!", drängelte er und funkelte mich böse an, aber in seinem Blick lag auch ein wenig Angst.
"Nein", flüsterte ich. Er begann schneller zu atmen. "Ich würde übrigens diesen komischen Anzug ausziehen, ich weiß ja nicht, wie du das deiner Frau erklären wolltest." Augenblicklich machte er auf dem Absatz kehrt und verschwand im Schlafzimmer. Ich atmete tief durch, es war nichts passiert, noch nichts.
Das Abendessen verlief ziemlich ruhig und auch mein Adoptivvater hielt sich ausnahmsweise mal zurück.
"Ich gehe dann mal wieder hoch", sagte ich und zeigte zur Treppe. Meine Adoptivmutter nickte nur. Ich kontrollierte mein Handy, Luna hatte mir eine SMS geschickt: Nelli ist wieder da, es geht ihr den Umständen entsprechend gut.
Ich wollte sie schon anrufen, um wirklich sicher zu gehen, entschied mich dann aber doch dagegen. Im Moment hätte ich wirklich eine Freundin gebrauchen können, mit der ich offen über alles hätte reden können.

Nightmare-Ist Angst stärker als Liebe?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt