Teil 75

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"Wie kannst du nur sowas sagen? Du bist so rücksichtslos!", hörte ich Nelli Luna anschreien und sie erwiderte irgendetwas, das ich nicht verstehen konnte. Die Stimme meiner besten Freundin war wesentlich lauter:"Verdammt mir ist egal was du auch immer für ein Problem hast, aber lass es nicht immer an Melrose aus. Sie hat im Moment genug um die Ohren!" Irgendwie musste ich lächeln, ich war verdammt froh so eine Freundin wie Nelli zu haben, auch wenn sie ihre Macken hat. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass die Terassentür geöffnet wurde, bis Nadine vor mir stand und mich schief anlächelte:"Tut mir leid wegen Luna." Ich versuchte zurück zu lächeln:"Halb so wild, ich wüsste nur gerne, warum sie mich nicht mag. Habe ich irgendwann einmal etwas falsch gemacht?"

Nadine machte große Augen und schüttelte dann wild den Kopf:"Gott, nein. Das liegt nicht an dir Rose, wirklich. Sie ist generell schlecht auf die Familie Morgen zu sprechen, aber wenn wir sie danach fragen, macht sie komplett dicht. Als Nelli davon erzählt hat, dass du vielleicht die Melrose Morgen bist, hat sie den Raum verlassen und die Tür hinter sich so heftig zugeschmissen, dass ein paar Bilder heruntergefallen sind." Ich sah von Nadine auf den Boden und dann wieder zurück zu ihr:"Nur weil mein Name gefallen ist?" Sie zuckte mit den Schultern:"Wenn du mich fragst, hat sie ein Rad ab." Luna hatte mich zwar früher schon nicht gemocht, aber da wusste sie doch auch nicht, wer ich wirklich bin. Nadine lächelte:"Mach dir nichts daraus, die regt sich auch wieder ab. Aber ich glaube, ich sollte jetzt besser mal los."

"Warte", rief ich und sie drehte sich schnell um, "hat Luna erst angefangen mich richtig zu verachten, als sie von meiner Identität erfahren hat?" Nadine legte die Stirn in Falten und zuckte mit den Schultern:"Keine Ahnung, ich schätze, sie hat dich schon immer gehasst." Genau in diesem Moment kam Nelli herein und sah mich an:"Alles in Ordnung?" Langsam sah ich zu ihr und nickte dann zögernd:"Alles okay." "Wenn du willst, komme ich dich bald wieder besuchen.", schlug sie vor und ich war erleichtert. "Wir können ja telefonieren.", meinte ich und Nelli nickte. "Man sieht sich, Süße." "Viel Spaß!", rief ich allen noch nach, nachdem sie den Garten hinter sich gelassen hatten, durch den sie auch gekommen waren. Es verabschiedeten sich auch alle, bis auf Luna, was mir Magenschmerzen bereitete.

Und jetzt schwirrte mir der Gedanke durch den Kopf, den ich mich nicht traute auszusprechen.
Wusste Luna schon früher, wer ich war?
Ich kann mir doch nicht noch darüber den Kopf zerbrechen. Bevor ich mir weiter Gedanken über mein verkorkstes Leben machte, sollte ich erst einmal etwas essen und so stand ich wieder in der Küche und suchte nach etwas Leckerem. Am Ende wurde es ein Obstsalat, weil ich nicht schon wieder Lust auf Aufbackpizza hatte. Als ich fertig war, klingelte mein Handy, aber es war nur meine Adoptivmutter:"Hallo." "Hallo Melrose, ich wollte nur kurz fragen, ob du heute Abend mit essen gehen willst." "Nein, lieber nicht. Ich habe noch viel zu tun.", log ich, weil ich einfach keine Lust hatte.

"Schade, aber nächstes Mal kommst du mit, versprochen?" "Versprochen.", sagte ich. "Gut, ich muss Schluss machen, bis später!" Ich lächelte:"Bis später!" Dann ertönte der Ton, der verkündete, dass das Gespräch beendet ist und ich verzog mich in mein Zimmer und machte mich auf ein Neues daran, die Morgentanne zu zeichnen und dieses Mal mit den Einkerbungen, doch weit kam ich nicht, weil es mir dann zu antrengend wurde, zu versuchen jeden Strich perfekt zu setzen. Dann schaute ich ein paar Folgen von irgendeiner langweiligen Serie und musste immer wieder an Lunas Reaktion auf mich denken. Warum hasste sie die Morgen Familie nur so sehr? Hatte das einen bestimmten Grund oder war es einfach nur, weil jedes einzelne Mitglied mächtiger war, als sie selbst?  Ich beschloss, sie zu fragen, doch so wie ich die Nightmares kannte, waren sie noch eine ganze Weile feiern, also machte ich mir es schon mal bequem und richtete mich darauf ein, dass ich noch eine ganze Weile allein sein würde, da meine Adoptiveltern ja essen waren.

Ich hatte es mir gerade auf dem Sofa mit Chips gemütlich gemacht und wartete, dass der Film, der in zehn Minuten anfangen sollte, begann, als es an der Tür klingelte. Stirnrunzelnd sah ich auf sie Uhr, es war kurz nach acht, wer sollte das denn sein? Ich stand auf und versuchte durch das Fenster zu sehen, aber konnte keine Person ausmachen. Stand derjenige in einem Winkel, in dem ich ihn nicht sehen konnte? Ich blickte um mich, als könnte ich irgendwo eine Antwort darauf finden, wer da vor der Tür stand, doch natürlich war das nicht der Fall. Ich schüttelte den Kopf, warum hatte ich Angst, es gab doch gar keinen Grund, ich war Melrose Morgen und hatte doch nichts zu befürchten, oder?

Meine Hand drückte die Türklinke langsam nach unten und das Erste, was ich sah war ein schwarzer Anzug. "Guten Abend, entschuldigen Sie die Störung, aber mein Auto- Merlose?", er verstummte und ich sah mit aufgerissenen Augen direkt in das Gesicht meines neuen Literaturlehrers. "Herr Schwarz?", ich konnte mir nur zu gut vorstellen, wie verwirrt und peinlich berührt ich aussah. "Ich wusste gar nicht, dass du hier wohnst, tut mir leid für die Störung, aber mein Auto ist liegengeblieben und euer Haus steht ziemlich einzeln in dieser Straße. Ich habe einfach gehofft, es ist jemand Zuhause.", er deutete hinter sich, wo ein riesiges, schwarzes Auto stand, das wahrscheinlich einiges unter der Haube hatte. Ich starrte seine eiskalten blauen Augen an und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. Er war liegengeblieben mit dem Auto, Gott, was war nur mit mir los? "Ich, ähm, möchten Sie hereinkommen? Ich könnte Ihnen ein Telefon geben und Sie könnten einen Abschleppdienst anrufen." Er nickte, sodass ihm ein paar silberne Strähnen ins Gesicht fielen:"Abschleppdienst klingt gut." "Was?", entfuhr es mir und er lachte. "Ich habe nur gesagt, dass es gut wäre den Abschleppdienst anzurufen." "Ach so.", ich drehte mich schnell um. Himmel, war das peinlich.

"Möchten Sie etwas trinken?", fragte ich höflich. "Ein Glas Wasser wäre toll.", er sah sich im Flur um und ich huschte schnell in die Küche. Was zur Hölle hatte ich nur gerade getan? Ich hatte einen Fremden ins Haus gelassen? Wie naiv war ich denn? Er war mein Lehrer, ja, aber das war kein Argument. "Schön habt ihr es hier.", sagte er und ich zuckte zusammen, als ich bemerkte, dass er ebenfalls im Raum stand. Wie konnte er sich nur so schnell und lautlos bewegen? "Danke." "Gern und ich muss dir danken.", er lächelte mich an und ich grinste gequält zurück.

Nightmare-Ist Angst stärker als Liebe?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt