Teil 36

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Sie begann zu lachen, als ein Kind aus der Familie, um die es in dem Film ging, die komplette Küche verunstaltete und ich mühte mich ab, um wenigstens zu schmunzeln. Ich mochte Komödien, aber heute war mir einfach nicht nach Lachen zumute. Der Film schaffte es auch nicht, mich abzulenken. Ich war so in Gedanken vertieft, dass ich erst von einem lauten Lacher meiner Adoptivmutter zurückgeholt wurde. "Hast du das gesehen?", sie sah nicht vom Fernseher auf. "Ja.", ich lachte künstlich und das hörte sich schrecklich an, aber sie bemerkte es anscheinend nicht, da sie zu sehr mit sich selbst beschäftigt war. So ging es auch die ganze Zeit weiter, sie lachte und ich schob mir Pizza und Popcorn rein, um nicht so tun zu müssen, als würde ich mich amüsieren.

Kurz vor Ende gähnte ich mit Absicht. Sie sah lächelnd zu mir herüber:"Es war ein anstrengender Tag, leg dich schlafen." "Mache ich und danke." Sie nickte und ich war ihr dankbar, dass sie nicht fragte, wofür ich mich bedankte, denn ich wusste es selbst nicht einmal genau.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war ich enttäuscht. Ich hatte nichts geträumt, oder hatte es schon wieder vergessen. Ich griff an meinen Hals, um sicherzustellen, dass die Kette noch da war. Sie fühlte sich wieder beruhigend kalt an und jetzt fiel mir alles wieder ein, wobei diese Tanne eine wichtige Rolle spielte. Meine Herkunft, die Adoption, die Umschläge, meine Eltern, und meine Fähigkeiten, das passte alles nicht zusammen. Ich drehte alles krumm und quer wie bei einem Puzzle, aber die Teile wollten sich nicht zusammenfügen und so blieb mir das Bild unbekannt. Ich betrachtete mich in meinem Spiegel im Zimmer. Wieder wirkte ich blasser als sonst, aber selbst das machte mir mitlerweile nichts mehr aus. Ich checkte mein Handy, Luke hatte geschrieben.

Sofort überkam mich ein schlechtes Gewissen, weil ich ihn gestern so hatte abblitzen lassen. Er hatte gefragt, was ich mir gekauft hatte und ich antwortete ihm und entschuldigte mich dafür, dass ich mich nur so kurz gemeldet hatte. Ich öffnete meine Tür einen Spalt breit, aber die Schlafzimmertür war noch verschlossen und auch sonst war alles still. Ich drehte den Schlüssel vorsichtig herum und vergewisserte mich, dass keiner hereinkommen konnte. Dann fuhr ich meinen Laptop hoch und gab zögernd Buchstabe für Buchstabe in die Tastatur ein. Ich hatte nie gedacht, dass mein Name so komisch in einer Suchleiste aussehen würde. Das Design von dem normalen Internet irritierte mich ein wenig, da das von den Nightmares ganz anders aufgebaut war.

Die Ergebnisse, die bei Melrose Morgen kamen, waren unspektakulär. Mir lachten lediglich ein paar nett aussehende Mädchen zu, die anscheinend so hießen. Ich entdeckte noch einen Artikel mit einem Schwimmwettbewerb, den auch eine Melrose gewonnen hatte. Selbst nach einer halben Stunde konnte ich nichts über mich herausfinden. Langsam kamen mir Zweifel, was würde passieren, wenn ich wirklich nicht so hieß? Ich schüttelte den Kopf, falls mein Name nicht mein Name wäre, würde ich das wahrscheinlich gar nicht herausfinden. Der Wasserhahn wurde angestellt und ich zuckte zusammen, als ob ich bei irgendetwas Verbotenem erwischt worden wäre. Ich klappte meinen Laptop wieder zu und lauschte, bevor ich die Tür aufschloss.

Meine Adotivmutter trat gerade aus dem Bad und ich tat so, als wäre ich erst aufgewacht:"Guten Morgen." "Schon wach?", gab sie lächelnd zurück. Ich sah an mir herab:"Sieht ganz danach aus." "Soll ich Eier mit Speck machen?" "Seit wann kannst du denn sowas?" Wenn Sie mal einen guten Tag hatte, dann waren die Nudeln nicht zu weich und die Tomatensoße nicht zu dünn, kurz gesagt, Kochen war nicht ihr Ding, Backen ebenso wenig. "Ich habe das letztens in einem Werbespot gesehen, das ist gar nicht so schwer." Ich lachte:"Soll ich dir helfen?" Für einen Bruchteil einer Sekunde blitzte Angst in ihren Augen auf, aber dann nickte sie:"Ich ziehe mir nur noch etwas Anderes an." Ich ging zurück in mein Zimmer und wechselte ebenfalls meine Klamotten.

In der Küche lagen Eier und Schinken bereit. "Haben wir keine Gewürze?", fragte ich. Sie schlug sich mit der Hand auf die Stirn:"Wie konnte ich das nur vergessen?" Es lief besser als ich gedacht hatte. Natürlich achteten wir beide immer sorgfältig auf einen gewissen Sicherheitsabstand, aber daran gewöhnte ich mich relativ schnell. "Jetzt müssen wir warten.", sie sah dem Essen beim Braten zu. "Das geht aber schnell, bleibst du dabei, dann komme ich gleich wieder." Sie nickte eifrig und ich verzog mich ins Bad. Als ich wieder nach unten kam, fuchtelte sie wie wild über der Pfanne:"Ich glaube, der Speck ist fertig." Ich kam etwas näher und erkannte den Haufen, der einmal Schinken gewesen sein musste und konnte mir das Lachen nicht verkneifen. Zum Glück hatten wir nicht viel gemacht. Ich rettete die Eier gerade noch rechtzeitig und so aßen wir Rührei ohne Speck. "Tut mir wirklich leid, ich habe nur Teller auf den Tisch gestellt und plötzlich war alles schwarz.", murmelte sie mit Blick zur Pfanne. "Halb so wild, zumindest hast du nichts abgefackelt." Kurz dachte ich, sie würde mich jetzt zurecht weisen, aber stattdessen lachte sie:"Mich sollte man nicht alleine kochen lassen."

Nightmare-Ist Angst stärker als Liebe?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt