"Ich glaube, das reicht für heute.", Steve sah mich auffordernd an. Ich nickte eifrig:"Ich sollte gehen." Wie gelähmt erhob ich mich und ging auf die Tür zu. Unbegreiflich zu was ich imstande war. "Rose, eine Sache noch." Ich hielt auf dem Absatz inne:"Ja?" "Ich weiß, dass du Luke niemals absichtlich verletzen würdest, ich wollte, dass du das weißt." Ich schenkte ihm ein müdes Lächeln:"Danke." "Zoe ist ein liebenswürdiges Kind, aber ihr Bruder bedeutet ihr alles, musst du wissen." "Das habe ich gemerkt." Doktor Wilson lächelte schief:"Tut mir leid, dass du mit ihrem Temperament Bekanntschaft gemacht hast." "Halb so wild." "Wir treffen uns morgen, aber nicht in der Praxis. Kannst du um sieben abends kommen?" Einen Augenblick dachte ich nach, aber dann war ich mir sicher:"Ich werde da sein."
Luke stand neben der Eingangstür, er hatte sich mittlerweile zurecht gemacht und trug Jeans. "Ist alles in Ordnung?", fragte er, ohne den Blick von mir abzuwenden. "Nein.", antwortete ich. Er versteifte sich augenblicklich:"Ist etwas passiert?" Ich nickte und starrte zu Boden. Was sollte ich ihm erzählen? Er kam einen Schritt näher und ich wich dieses Mal nicht zurück:"Fass mich nicht an." Ich unterdrückte das Bedürfnis, ihm um den Hals zu fallen, so wie das Mädchen in der Praxis damals. "Rose, was ist denn los?", er hielt in der Bewegung inne und sah mich traurig an. Lange konnte ich das nicht mehr durchhalten, ich wollte weinen, es war einfach alles zu viel. Ich schluckte schwer und das auch noch zu laut. Er stand unschlüssig vor mir, unsicher, ob er sich mir nähern sollte und in diesem Moment erklang eine Stimme hinter mir:"Luke, willst du vielleicht etwas mit Rose unternehmen?" Ich drehte mich um und sah Steve fassungslos an, wollte er nicht, dass ich mich von ihm fernhalte? Er sah seinen Vater genauso verständnislos an und sagte dann:"Natürlich, wenn sie das will." Jetzt waren beide Augenpaare auf mich gerichtet und ich fühlte mich wirklich unwohl dabei.
Ich sah zwischen beiden hin und her, aber Doktor Wilson nickte mir zu und ich räusperte mich:"Ja, gerne." Ich konnte Luke ansehen, dass er mit dieser Situation genauso wenig umgehen konnte wie ich, er wirkte weder glücklich, noch traurig über meine Zusage. "Dann hole ich noch schnell Geld von oben, falls wir welches brauchen.", stotterte er und hastete die Treppen hoch. Mein Kopf schoss automatisch zu seinem Vater:"Warum?" "Er verdient die Wahrheit.", er sah zu der Stelle, wo Luke noch vor ein paar Sekunden gestanden hatte. "Ich soll ihm von Nightmares erzählen?", meine Stimme versagte. "Zoe weiß von unserer Existenz, Luke wird es aufnehmen können." "Warum ich? Warum machen Sie das nicht?", ich hatte schon wieder vergessen, dass ich ihn duzen sollte. "Er wird dir glauben, eher als mir." Ich sah ihn fassungslos an:"Er wird mich für verrückt erklären." In diesem Moment erklangen Schritte und ich versuchte meinen verwirrten Gesichtsausdruck unter Kontrolle zu bringen. "Bist du soweit?", fragte Luke. Nein, war ich nicht:"Ja." Er öffnete eine Tür rechts vom Eingang und eine helle Treppe führte nach unten:"Komm!" Er lief schon los, ich warf einen letzten Blick auf Steve, er nickte mir nur lächelnd zu, dann schloss ich die Tür hinter mir.
Unser Schweigen wirkte falsch, aber ich hatte nicht das Bedürfnis den Mund aufzumachen, also blieb es dabei. Wir kamen in eine unterirdische Garage, wo einige Audis standen, ich lächelte leicht, diese Familie hatte ihr eigenes Autohaus. Luke lief zu seinem Wagen und ich ging hinter ihm her. Wortlos stiegen wir ein und er rückte seinen Spiegel zurecht, ich starrte währenddessen die Betonwand an. Er startete den Motor und fuhr dann einen langen Weg entlang, nur um dann nach oben zu fahren, wie eine Art Parkhaus. An den Wänden blinkten kleine blaue Lichter auf und das Tor öffnete sich automatisch. Wir kamen an einer Seite der Villa heraus, wie ich feststellen musste, und Luke fuhr dann durch den Vordergarten und öffnete das Eingangstor per Knopfdruck:"Wo willst du hin?" Dass ich eigentlich in der Schule hätte sein müssen, fiel ihm gar nicht auf und auch ich hatte diesen Gedanken komplett beiseite geschoben, aber Luke schwänzte ja ebenso, allerdings war er krank gemeldet, ich nicht:"Ich weiß nicht, wenige Leute wären gut." "In Ordnung.", sagte er und trat auf das Gaspedal.
Wir fuhren aus dem Ort heraus, aber nicht in Richtung Innenstadt, sondern in die gegengesetzte Richtung. Die Landstraße war um diese Uhrzeit wie leer gefegt. Wie viel Uhr war es eigentlich? Ich erhaschte einen Blick auf Lukes Armbanduhr, sie zeigte viertel nach elf. Machten sich meine Adoptiveltern schon Sorgen? Hatten sie einen Anruf von der Schule bekommen? Ich wollte mir gar nicht ausmalen, was passieren würde, wenn ich nach Hause käme. Wir fuhren eine ganze Weile geradeaus, bis er schließlich nach links abbiegte und der Wagen über einen Schotterweg rollte. Er parkte auf einer riesigen Wiese und ich stieg zögernd aus. "Gefällt es dir hier?", fragte Luke. Ich sah mich um, die Sonne schien und es roch nach Wald, um uns herum standen Bäume und ich konnte mich endlich entspannen. "Es ist wunderschön.", flüsterte ich.
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Nightmare-Ist Angst stärker als Liebe?
ParanormalDieses Buch ist mittlerweile mehrfach überarbeitet worden & diese Fassung ist jetzt überall online als Taschenbuch erhältlich! Link dazu in meiner Bio! :) Melrose ist eigentlich ein ganz normales Mädchen, wenn man davon absieht, dass sie Menschen mi...