Teil 55

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Das beruhigte mich augenblicklich, auch wenn ich wusste, dass man nicht alles nach seinem ersten Eindruck beurteilen sollte. Es war einfach ein komisches Gefühl an einem Ort behandelt zu werden, der das Haus einer Uroma hätte sein können. "Das ist nicht schlimm.", hörte ich mich sagen, aber war immer noch ein wenig weggetreten. "Ich würde mir gerne ihren rechten Arm ansehen, Frau Morgen." Ich sah zu meiner Adoptivmutter, die mir nur leicht zulächelte und dann hörte ich wie der Doktor eine Schublade öffnete und Handschuhe herausholte. Ich streckte ihm zögernd meinen nicht eingegipsten Arm entgegen und er drückte leicht darauf. Die blauen Flecken waren zwar so gut wie verschwunden, aber es tat immer noch weh. "Haben Sie regelmäßig die Salbe verwendet?" Ich schüttelte stumm den Kopf, ich hatte noch nie viel von so etwas gehalten. "Das würde ich Ihnen aber ausdrücklich empfehlen, ich werde Ihnen jetzt eine kleine Spritze verabreichen.", er öffnete erneut eine Schublade. "Was?", platzte es aus mir heraus und das Letzte, was ich sah, war der schuldige Blick meiner Adoptivmutter, dann spürte ich einen unglaublichen Druck an meinem Arm und alles wurde schwarz.

Als ich die Augen wieder öffnete, lag ich. Aber egal wie sehr ich mich bemühte, ich konnte nur verschwommen sehen. Wo war ich? Was war passiert? Es wurde hell um mich, aber ich konnte keine richtigen Umrisse ausmachen. Stimmen drangen an mein Ohr, doch ich verstand kein Wort. Mein Gedächtnis war wie benebelt und mein Körper fühlte sich taub an. Beim Versuch mich zu bewegen, musste ich feststellen, wie schwer meine Beine waren. "Sie wacht langsam auf.", ertönte eine Frauenstimme, die ich nicht zuordnen konnte. Eine Tür wurde geöffnet und wieder geschlossen. Ich wollte den Kopf drehen, aber als ich das versuchte, begann ein dumpfes Pochen in meinem Kopf und ich gab sofort nach. "Bleib ruhig liegen, hörst du mich überhaupt?", fragte die Stimme wieder. Ich öffnete den Mund, um zu sprechen, doch es kam nur ein stöhnender Ton heraus. "Das wird alles wieder, bleib einfach ruhig liegen, dann lassen die Nebenwirkungen von selbst nach." Da ich sowieso nichts tun konnte, hörte ich auf die Frau und langsam verzog sich der Nebel in meinem Kopf. Ich erinnerte mich an die Spritze, die mir verpasst wurde. Was hatten sie mir nur angetan? "Melrose, wie fühlst du dich?", diese Tonlage konnte ich definitiv meiner Adoptivmutter zuordnen. Dann hörte ich wieder die Unbekannte sprechen:"Sie kann Ihnen noch nicht antworten." "Ich verstehe.", sagte sie und ich konnte die Gestalten langsam erkennen. Sie standen vor dem Bett, oder war es ein Tisch, auf dem ich lag? Der harten Oberfläche nach zu urteilen, war es ein Tisch.

"Ich werde Doktor Strangerson verständigen.", sagte die Unbekannte und eine Tür wurde wieder geöffnet und geschlossen. Bei diesem Namen läuteten die Alarmglocken, er hatte mir das angetan. "Es tut mir so unglaublich leid, Rose, aber wir mussten das tun.", ich verstand nicht, was meine Adoptivmutter mir damit sagen wollte und ich hatte auch nicht die Kraft nachzufragen. "Frau Morgen, Sie sind aufgewacht. Geben Sie mir bitte ein Zeichen, wenn Sie mich hören.", meinte der Doktor. Ich knirschte mit den Zähnen und meine Sicht verbesserte sich auch allmählich. Er sprach unbeirrt weiter:"Ich kann mir vorstellen wie Sie sich gerade fühlen müssen und deswegen habe ich hier ein paar Antworten auf Ihre Fragen. Wir haben Sie mit der Zustimmung Ihrer Vorgesetzen betäubt und eine Reihe von Tests durchgeführt, um eine medizinische Erklärung für ihre Fehlbildung zu finden." Fehlbildung? Meinten sie etwa, dass ich ein Monster war? "Wir haben festgestellt, dass Sie im betäubten Zustand keine Gefahr für andere darstellen und auch nur bei vollem Bewusstsein handeln können." Ich wäre am liebsten aufgesprungen und hätte ihm die Luftröhre zusammengedrückt. Sollte er mich doch jetzt einmal berühren, ich würde ihm schon zeigen, dass ich bei vollem Bewusstsein bin. "Seltsamerweise reagiert Ihr Körper auf nichts, das wir Ihnen gespritzt haben, negativ. Wir konnten also keine Ursache ausfindig machen. Haben Sie bis hierhin alles verstanden?" Ich knurrte und er redete einfach weiter:"Sie solltest sich Zuhause gleich ins Bett begeben und sich nur langsam bewegen. Ich würde Sie außerdem noch bitten, gute zehn Minuten ruhig liegen zu bleiben, damit Ihr Körper sich regenerieren kann. Ich werde Sie benachrichtigen, wenn der Rest der Testergebnisse angekommen ist und bei Fragen oder Beschwerden können Sie mich jeder Zeit erreichen."

Meine Adoptivmutter bedankte sich bei diesem Typen mit Doktortitel und dann verließ er den Raum. "Warum?", es krächzte, als ich sprach. "Ich wollte das doch anfangs auch nicht, Melrose. Dein Vater und ich haben uns darauf geeinigt, dass wir wissen müssen, was mit dir nicht stimmt und nach dem Vorfall heute morgen war es klar, wir mussten Gewissheit haben." "Das ist nicht fair, ihr könnt mir das nicht antun.", meine Stimme war so leise, dass ich schon dachte, sie hätte mich nicht verstanden, aber dem war nicht so. "Das mit deinem Arm war nur ein Vorwand, damit du keinen Verdacht schöpfst. Ich war mir sicher, dass du dich weigern würdest, wenn ich dir von unserem Vorhaben erzählt hätte." Damit lag sie sogar richtig, ich meine, wer lässt sich schon freiwillig auf eine solche Prozedur ein?

Nightmare-Ist Angst stärker als Liebe?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt