Teil 62

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"In Ordnung, sollen wir dich irgendwohin fahren?", mein Adoptivvater lächelte und dieses Mal sah es sogar echt aus. "Nicht nötig.", antwortete ich, nachdem ich zu Ende gekaut hatte. Nach dem Essen war ich wieder in meinem Zimmer und vertrieb mir die Zeit mit lesen und versuchte noch etwas über meine leibliche Mutter herauszufinden, aber vergebens. Es war kurz nach sechs, als ich mich langsam fertig machte und um halb verließ ich das Haus, nachdem ich nochmal beteuert hatte, dass mich keiner fahren muss. Selbst mein Adoptivvater bestand darauf, dass ich nicht den Bus nahm, aber der war ja sowieso komplett verrückt geworden. Ich meine, welcher Mensch durchlebt eine solche Veränderung in so kurzer Zeit? Ich hatte meinen Adoptiveltern versprochen, mit dem Bus zu fahren, aber in Wirklichkeit hatte ich das nie vorgehabt. Meine Füße überschlugen sich fast, so schnell lief ich. Ich hatte Angst und war zugleich neugierig, eine echt blöde Mischung. Ich versuchte das Brot, das ich kurz zuvor noch gegessen hatte in mir zu behalten, aber vor lauter Sorgen krampfte mein Magen. Endlich erreichte ich die Straße mit den Villen und war sogar genau pünktlich. Wie bei meinem ersten Besuch hörte ich das Summen der Überwachungskamera, dann öffnete sich das Tor ohne jeden Ton und ich lief durch den Vorgarten, eigentlich war er viel zu groß für einen normalen Vorgarten.

Die Tür wurde von Steve geöffnet, der nicht mich, sondern hinter mich sah, als würde er irgendjemanden suchen. Ein kleines Fünkchen in mir hatte gehofft, dass Luke die Tür öffnen würde, aber natürlich war dem nicht so. "Suchen Sie etwas?", fragte ich und drehte mich um, um seinem Blick zu folgen, doch hinter mir war niemand. "Nein, nein, ich dachte nur, ich hätte etwas gesehen, war aber wahrscheinlich nur ein Vogel und duze mich doch bitte, Rose." Ich spürte, wie ich ein wenig rot wurde:"Das wird mir schwer fallen." "Wie auch immer, ist ja nur ein Personalpronomen, wir haben Wichtigeres zu besprechen, komm rein." Wie gestern führte er mich in den Raum und wir nahmen beide an unseren Plätzen Platz. "Du hast bestimmt Fragen.", begann er. Und wie ich die hatte, aber natürlich fiel mir erst mal keine richtige ein:"Wie war ihr Arbeitstag?" Er begann zu schmunzeln:"Was?" Ich sah an ihm vorbei an die Wand:"Wie ihr Tag war." "Ganz gut und deiner." "Ganz okay.", antwortete ich. Er musterte mich seltsam und sagte schließlich:"Wegen Luke." Jetzt hatte er meine volle Aufmerksamkeit. "Ich bin der Meinung, es ist doch zu gefährlich ihn einzuweihen, vor allem, wenn wir deine Fähigkeiten noch nicht richtig kennen." "Und das ist Ihnen, äh, dir erst eigenfallen, nachdem wir weg waren?" "Es tut mir leid, Melrose. Ich habe nochmal genau nachgedacht und mich dazu entschlossen, dass es zu riskant wäre und das hat wirklich rein gar nichts damit zu tun, dass ich dich und Luke trennen möchte. Im Gegenteil, ich weiß, dass du ihm viel bedeutest und er gerne Zeit mit dir verbringt." Ich schluckte:"Bedeutete und Zeit verbracht hatte, jetzt hält er mich für komplett gestört."

"Das wird sich mit der Zeit ändern, er wird sich sicher wieder beruhigen.", viel Überzeugung lag allerdings nicht in seiner Stimme. Ich nickte stumm. "Du wirst mir diesen Fehler hoffentlich nicht ewig nachtragen.", sagte er kalt. "Ich kann Sie, dich ja verstehen, aber es fühlt sic einfach komisch an Ihnen, ich meine, dir wieder zu vertrauen." Er lächelt:"Dann gehen wir es langsam an, welche Fragen hast du an mich, Melrose?" "Wie heißt mein Vater?" Er nickte, als hätte er mit dieser Frage gerechnet:"Sein Name war Paul Silber, ein außergewöhnlicher Mann." Ob er außergewöhnlich als gut oder schlecht interpretierte, konnte ich nicht entscheiden. Silber? Melrose Silber klang seltsam fremd für mich und Paul, der Name sagte mir etwas, aber wahrscheinlich nur, weil ich früher mal einen in der Klasse hatte. "Paul Silber.", wiederholte ich, um sicher zu gehen, dass ich richtig verstanden hatte. Steve nickte:"In der Familie Morgen ist es ganz normal, den königlichen Nachnamen anzunehmen. Das ist in allen adligen Familien der Nightmares so." "Sie haben gesagt, dass nie nachgeprüft wurde, ob eine Einkerbung an der Morgentanne erschienen ist, dabei habe ich herausgefunden, dass Einkerbungen sehr ernst genommen werden und es eine gab nach meinem angeblichen Tod." Er sah mich erstaunt an:"Das hast du rausgefunden?" Ich musterte ihn kritisch:"Ja, das habe ich." Für einen Moment schwieg er:"Davon wusste ich nichts, wirklich." Ich zog die Augenbrauen zusammen:"Sie wussten also nichts davon, wie wichtig Einkerbungen sind?" "Nein, das wusste ich schon, aber ich wusste nicht, dass eine Einkerbung erschienen ist." Ich versuchte abzuwägen, ob er log oder die Wahrheit sprach, aber ich konnte nichts aus seinem Gesicht ablesen. "Sie wissen also auch nicht, wer in dieser Nacht wirklich gestorben ist?", ich verengte die Augen zu Schlitzen. Er hob die Hände in die Luft:"Gott, Melrose, nein. Ich weiß nicht, was sich in dieser Nacht alles zugetragen hat, wenn ich Details kennen würde, hätte ich dir jedes Einzelne davon erzählt." Wieder versuchte ich ihn bei einer Lüge zu ertappen, aber sein Gesicht war wie ein Pokerface, oder hatte er einfach nicht gelogen?

Nightmare-Ist Angst stärker als Liebe?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt