Teil 74

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Ich musste einfach lächeln und auch Nellis Mundwinkel gingen nach oben:"Danke." Tobias nickte:"Es tut mir auch leid, dass ich so, so naja, dumm war." "Wie süß, ihr versöhnt euch!", jubelte Nelli und ich musste lachen. "Ich bin froh, dass ihr mir jetzt beide glaubt, auch wenn es ein eher unangenehmer Weg war." Sie nickte und sah mich dann direkt an:"Es ist echt krass, dass wir nie über königliche Familien gesprochen haben." Ich zuckte nur mit den Schultern:"Wie hätte ich auch davon reden können, ich wusste ja nicht mal, dass sie existieren." "Ja, das stimmt und ich war nie wirklich interessiert an ihnen. Klar wusste ich, dass es sie gibt und dass sie für Recht und Ordnung sorgten, aber ich hatte ja auch nie ernsthafte Probleme." "Probleme?", wiederholte ich. Tobias, der bis jetzt ziemlich ruhig gewesen war, meldete sich zu Wort:"Die Familie Morgen ist auch eine Art Gericht, wenn man das so sagen kann." Nelli nickte mit dem Kopf:"Eine Art Polizei für Nightmares."

Ich schüttelte den Kopf mehr für mich selbst:"Das ist alles so unglaublich." "Melrose?", fragte Nelli jetzt wesentlich zurückhaltender. Sofort war ich wieder in Alarmbereitschaft:"Was?" "Ich verstehe nicht, warum du für tot erklärt wurdest, du siehst nämlich ziemlich lebendig aus." "Zudem ist eine Einkerbung entstanden nach deinem angeblichen Tod.", fügte Tobias noch hinzu, sah mich aber nicht an. Ich schluckte und versuchte ruhig zu bleiben:"Das heißt, jemand ist an meiner Stelle gestorben." Nelli riss erschrocken eine Hand vor den Mund:"Sie haben doch niemanden umgebracht, oder?" Tobias versuchte sie mit einer Handberührung zu beruhigen:"Wir hätten das doch mitbekommen, wenn jemand gestorben wäre, irgendjemand hätte dann ja nicht mehr auftauchen können." Diese Worte trafen mich wie ein Ball in die Magengegend und mir wurde augenblicklich schlecht. "Oh Gott, Melrose! Was ist denn?", Nelli sprang auf und stützte mich, weil ich sonst wahrscheinlich zusammengebrochen wäre. Meine Augen suchten ihre und ich brauchte einen Moment, bis ich die Worte überhaupt aussprechen konnte:"Alisia ist die Einzige, die verschwunden ist." Meine beste Freundin schüttelte wild den Kopf:"Nein, Süße. Deine Mutter lebt, da bin ich mir ganz sicher." "Woher willst du das wissen?", fuhr ich sie an; ich hatte es satt immer wieder aufgebaut zu werden, wo es nur noch Trümmer gab.

Meine Eltern sind tot, zwar nicht durch einen Autounfall gestorben, so wie mir immer erzählt wurde, aber sie sind weg, für immer weg. "Ich weiß es einfach.", flüsterte sie und ich begann zu weinen. Tobias sah mich jetzt an:"Ich glaube auch nicht, dass Alisia tot ist." "Vermutungen bringen mir aber nichts!", schluchtzte ich. "Das ist keine Vermutung. Es war eine normale Einkerbung. Wenn Alisia, die damalige Königin gestorben wäre, hätte die Morgentanne mehr als nur einen einfachen Kratzer abbekommen." Die Worte klangen logisch, aber sie drangen nicht wirklich zu mir durch, der Gedanke, dass diese Frau aus meinen Träumen auch tot war, war unerträglich. "Entschuldigt mich bitte kurz.", ich sprang auf, ohne eine Antwort abzuwarten und rannte die Treppe zum Bad nach oben.

Dort angekommen ließ ich mir erst einmal eiskaltes Wasser ins Gesicht laufen. Ich wurde von dieser ganzen Situation überfordert. Es klopfte leise an die Tür:"Rose?" Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter und antwortete:"Ja." Dann trat Nelli ein und streichelte mir über den Rücken:"Wir werden das alles aufklären, keine Sorge." Ich nickte nur, weil ich mich unfähig fühlte zu sprechen. "Luna und Nadine werden froh sein, dich wiederzusehen.", murmelte sie und ich riss die Augen auf. "Luna und Nadine?" Nelli lachte:"Sie sind auch mitgefahren, aber ich dachte, es würde erst einmal reichen, wenn nur wir bei dir im Wohnzimmer sitzen. Sie warten draußen im Garten irgendwo." Ich glaube, mein Blick sprach Bände, denn sie sog scharf die Luft ein:"Willst du sie überhaupt sehen, fühlst du dich dazu in der Lage?" Ich zuckte mit den Schultern:"Sind sie nicht sauer?" Nelli schüttelte den Kopf:"Sie werden verstehen, warum du so gehandelt hast, wir haben es ihnen erklärt und außerdem haben wir doch jetzt bewiesen, wer du bist." Sie drückte meine Hand und lächelte mir aufmunternd zu, was ich erwiderte und dann gingen wir gemeinsam in den Garten, wo Tobias mit den anderen schon wartete.

Nadine sah mich freundlich an und ich bemerkte, dass sie ihre braunen Haare gekürzt hatte, was gut zu ihren Sommersprossen passte:"Hey, Melrose!" Luna stand daneben und blickte mich nicht wirklich an:"Hallo." Ihre Stimme ließ mir einen eiskalten Schauer über den Rücken laufen, trotzdem lächelte ich:"Es ist schön, euch wieder zu sehen." Nadine versuchte so aufgeschlossen wie immer zu sein, aber es gelang ihr nicht wirklich, denn in ihren Augen spiegelte sich immer noch ein wenig Angst und ich ignorierte die Tatsache, dass sie darauf achtete, dass genug Abstand zwischen uns war. "Du bist also wirklich eine Morgen, das ist krass.", murmelte sie und ich nickte. "Ich muss mich auch erst noch daran gewöhnen." Jetzt richtete Luna auch ihre volle Aufmerksamkeit auf mich:"Melrose Morgen." Bei meinem Namen zuckte ich zusammen, denn sie betonte ihn so abwertend, dass ich mich irgendwie schlecht fühlte. "Wollen wir reingehen, dann können wir uns hinsetzen und-", fing ich an, doch wurde unterbrochen. "Nicht nötig.", sagte Luna kalt.

Nelli warf ihr einen bösen Blick zu:"Wir würden gerne länger bleiben, aber wir müssen rechtzeitig zu einem Club, in dem sich heute einige Nightmares zum feiern treffen. Willst du mitkommen?" Ich schüttelte den Kopf, nicht weil ich nicht mit wollte, sondern mehr wegen Lunas Augen, die mich hasserfüllt ansahen und der Tatsache, dass meine Identität jetzt bekannt war:"Geht ihr ruhig." Tobias nickte verstehend, irgendwie war er, seitdem er wusste, wer ich wirklich war, anders:"Es wäre nicht von Vorteil, wenn sich jemand von uns im angetrunkenen Zustand verspricht und wir dann auf Rose zu sprechen kommen, das würde einen Tumult auslösen." Nadine sah zwischen allen hin und her:"Wir sollen also alle die Klappe halten?" "Ja", hörte ich mich sagen, "es ist vorerst besser, wenn niemand von mir Bescheid weiß, ich muss zuerst einiges klären." Luna lächelte leicht:"Du willst zu deiner Tante, habe ich recht?" Ich nickte und lächelte ebenfalls:"Ja, ich hoffe, dass sie Antworten hat und mir dabei helfen kann, Alisia zu finden." Jetzt schnaubte Luna verächtlich und lachte:"Alisia finden, dass ich nicht lache. Deine Mutter ist verschollen und daran wird niemand etwas ändern." "Luna!", schrie Nelli jetzt, doch ich hob die Hand.
"Ihr könnt mir erzählen, was ihr wollt, doch ich werde nicht aufgeben, bis ich meine Mutter gefunden habe, egal ob tot oder lebendig.", sagte ich, drehte mich um und lief geradewegs wieder ins Haus.

Nightmare-Ist Angst stärker als Liebe?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt