Kapitel 35

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Schweigend standen wir also im Büro, aber ich hatte irgendwie das Bedürfnis etwas zu sagen.

"Marco-", setzte ich an und in diesem Moment ließ er mich los als hätte er sich verbrannt.

"Halt die Klappe Mario. Ich muss nachdenken", fauchte er mich an und begann durch den Raum zu tigern.

Niedergeschlagen setzte ich mich auf den Stuhl auf dem ich schon zuvor gesessen hatte und senkte den Blick auf meinen Schoß.

Ich konnte jetzt nichts mehr tun. War verdammt auf Marcos Reaktion zu warten, die wohl mein ganzes weiteres Leben bestimmen würde. Und die ließ leider wirklich auf sich warten.

Irgendwann blieb er dann zumindest mal stehen, aber sein Schweigen hielt noch eine Weile an, bis er fragte:

"Wolltest du es mir jemals sagen?"

"Nein", murmelte ich tonlos und Marco seufzte tief.

"Warum? Ich dachte wir sind Freunde. Ich dachte ich wäre dein bester Freund! Warum zur Hölle war es für dich nie eine Option mir die Wahrheit zu sagen?! Dachtest du wirklich ich würde dich verraten?! Vertraust du mir wirklich so wenig?!", schrie er mich fast an und ich zuckte zusammen.

Mir gefiel es nicht, dass er mich so anschrie, aber ich wusste auch, dass ich es nicht anders verdient hatte.

"Du bist mein bester Freund und genau deswegen konnte ich es dir nicht sagen. Ich wollte nicht, dass du Probleme bekommst. Ich wollte dich beschützen. Außerdem hast du deine Meinung über Omegas sehr deutlich gemacht. Und als dann Joshua aufgeflogen ist und du auch so negativ reagiert hast, war ich mir sicher, dass ich es dir niemals sagen könnte. Du hättest es nicht verstanden", verteidigte ich mich.

Es war sogar die Wahrheit. Mein Geheimnis war gefährlich gewesen und mir reichte es schon, dass ich das Leben meiner Familie in Gefahr brachte und sie damit belastete. Ich wollte nicht noch mehr Menschen mit rein ziehen. Marco allen voran nicht. Dafür war er mir zu wichtig und ich wollte ihn beschützen.

Außerdem was wäre gewesen, wenn er nicht damit hätte umgehen können? Und das hätte er sicherlich nicht, also hätte er mich verraten oder ich auf jeden Fall einen Freund verloren. Und vermutlich hätte er mich danach auch noch verraten.

"Du musst mich aber nicht beschützen Mario! Ich kann auf mich selbst aufpassen! Wenn dann wäre es mein Job gewesen auf dich aufzupassen! Ich hätte dir helfen können! Das heute hätte nie passieren müssen! Du hättest mir einfach nur vertrauen müssen und mir die Wahrheit sagen müssen!", schrie er wütend, "außerdem bist du verdammt nochmal nicht Joshua, sondern Mario! Mein bester Freund!"

"Es tut mir leid. Es tut mir leid Marco. Aber ich wollte wirklich nur-", versuchte ich mich zu verteidigen und war schon den Tränen nahe. Ich wollte nicht mit ihm streiten.

"Lass es gut sein Mario", herrschte er mich an und tatsächlich blieb ich still, während auch er kein weiteres Wort sagte.

Er musterte mich lange und ich wurde immer unruhiger. Ich hatte Angst, wie es ab jetzt weitergehen würde. Ich musste es jedoch einfach wissen und sammelte deswegen allen meinen Mut auf und fragte ihn danach.

"Du bist mein Omega", antwortete er mir als würde das alles erklären.

"Ich... Aber du... wir können doch nicht...", stammelte ich und brachte keinen vernünftigen Satz heraus.

"Mario ich hab das gesagt um dich zu beschützen und dabei bleibt es auch. Du bist mein bester Freund, mein Omega und ich passe auf dich auf", machte er mir mit einem Seufzen klar.

"Was bedeutet das für mich?", fragte ich tonlos.

"Wir müssen schauen… Ich weiß es selbst nicht so genau. Es... Es wäre wohl das beste, wenn du auf jeden Fall erstmal bei mir schläfst. Das uhm... Das sollte wohl das normalste sein, was wir in der Situation tun würden", überlegte Marco und er hatte wohl recht.

Wären wir wirklich ein Paar, wäre es für uns der erste Schritt endlich zusammenzuziehen jetzt, wo wir es könnten.

"Außerdem muss ich erst schauen, wie ich dir wieder vertrauen kann. Dass du mich über all die Zeit einfach so angelogen hast... Wer wusste eigentlich davon?", fügte er noch hinzu.

"Nur Ann Kathrin, Joshua und meine Familie. Seit Joshuas Vorfall auch Kehli der Trainer und die Vereinsführung", antwortete ich und fügte dann nach einer Pause noch hinzu:

"Ach und dein Freund Florian."

Das hätte ich wohl lieber nicht gesagt, denn sofort entfachte Marcos Wut wieder.

"Wieso zur Hölle weiß Florian, den du zweimal gesehen hast, bescheid und ich, als dein bester Freund nicht?!", schrie er mich an.

"Ich... Es tut mir leid Marco. Er hat es einfach gewusst und mir ins Gesicht gesagt. Ich glaube er konnte mich damals zuhause wahrnehmen als du in Brunft warst und ich in Panik", gestand ich und irgendwie liebte ich heute die Fettnäpfchen.

"Du hast doch gesagt, dass nichts passiert ist an dem Abend", fauchte er.

"Das war vielleicht nicht ganz die Wahrheit", murmelte ich betreten und Marco seufzte.

"Sollte ich noch irgendwas wissen?", fragte er mich.

"Nein, nein ich glaube erstmal nicht. Zumindest nicht so dringend, dass es hier sein müsste", antwortete ich nach kurzem Überlegen.

"Nun, dass wir zuhause um längere Gespräche nicht drum herum kommen werden, war ja eigentlich ziemlich klar", murmelte Marco und seufzte dann wieder, "okay, zuhause wird geredet. Davor holen wir noch ein paar Sachen bei dir zuhause und dann schauen wir mal, wie es weitergeht."

Das hier war wohl wirklich nicht der richtige Ort um weiter ins Detail zu gehen, auch wenn es mir unter den Fingernägeln brannte zu erfahren, wie es weitergehen würde. Was würde Marco jetzt mit meinem Leben anfangen?

Sleepless DreamerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt