Auf der Heimfahrt klingelte mein Handy ein paar mal, aber ich ignorierte es. Es war bestimmt nur Ann, die wissen wollte, wo ich blieb. Immerhin hatte ich ihr versprochen heute mit ihre und ihrem Bruder essen zu gehen. Würde ich anhalten und den Anruf annehmen würde ich nur Zeit verlieren. Eigentlich hatte ich gar keine Lust auf dieses Essen. Mein Kopf war viel zu voll mit Gedanken. Was hatte dieser Florian bitte für eine Geschichte mit einem Alpha hinter sich? Würde er es sich vielleicht doch noch anders überlegen und mehr von Marco wollen? Oder wenn Marco mehr von ihm wollte, würde er dann nachgeben? Nahm es Marco wegen Florian vielleicht auch nicht so genau mit Scarletts Schwangerschaft, weil er sich selber schon neu orientiert hatte? Würde er sich bald von ihr trennen, wenn es nicht sein Kind war und Florian zu seinem Omega machen? Warum sonst würde er Florian sonst so in sein Leben integrieren, dass er sich sogar zum Training fahren ließ und ihn mir unbedingt vorstellen musste. Dann schweiften meine Gedanken unausweichlich zu Florian an sich. Dieser Kerl war das genaue Gegenteil zu mir. Er schein auch noch stolz auf sein Dasein als Omega zu sein und wie er sich den Alphas wie Marco zu Füßen lag. Er wollte doch bestimmt auch nur Marcos Geld und Namen und der fiel auch noch voll auf den Kerl rein. Ich wollte meinen besten Freund vor ihm warnen, aber ich kannte Marco. Der Starrkopf würde nicht auf mich hören. Ein Seufzen entfuhr mir. Verdammte Welt und Gesellschaft.
Schon oft hatte ich mir überlegt ins Ausland zu gehen, aber das war während meiner aktiven Karriere leider nicht möglich. Die einzig wirklich liberaleren Länder waren Australien oder Kanada und in keine der Ligen wollte ich auswandern. Dort waren Omegas gleichgestellt mit Alphas, im Gegensatz zu hier. Natürlich gab es auch noch konservativere Länder, aber mir reichte es hier schon. Klar, Omegas durften wählen, wenn ihre Alphas es zuließen und sie durften auch Arbeiten, aber auch wieder nur, wenn ihre Alphas es zuließen. Für Sport gab es generell von der Regierung eigentlich kein Verbot für Omegas, aber die Verbände des Leistungssports waren nicht unbedingt begeistert. In ihren Augen würde ein Omega einem Alpha nicht Wiederstehen können, wenn dieser seinen Alpha Ton anwenden würde. Leider irrten sie sich da, mir gelang das schon seit Jahren. Aber sie hatten auch recht mit ihrer Angst. Omegas mussten trainieren zu Wiederstehen und wenn sie es nicht könnten, könnte ihnen ein Gegner einfach etwas befehlen und sie könnten nicht im Wettkampf gegen das Alpha bestehen. So war es in den Augen der Verbände die sicherste Lösung die Omegas vom Leistungssport auszuschließen. Außerdem würden sie beim Training ja nur zu viel Zeit verschwenden, die sie lieber mit ihrem Alpha oder zuhause mit den Kindern verbringen sollten. Veraltete Ansichten, aber niemand begehrte dagegen auf, weswegen es sie immer noch gab.
Ein Klopfen gegen das Fenster der Fahrertür riss mich aus meinen Gedanken und ich schaute zu Anns Bruder.
"Hey Mario, willst du nicht mal aussteigen?", fragte er mich.
"Oh ja, doch natürlich", murmelte ich und stieg schnell aus dem Auto. Irgendwie war es mir peinlich, dass ich mich schon wieder so in meinen Gedanken verloren hatte. Langsam folgte ich Anns Bruder zur Tür, die uns von Ann auch gleich geöffnet wurde.
"Hey ihr beiden", begrüßte sie uns. Dann ließ sich ihren Blick argwöhnisch über mich wandern. "Mario geht es dir gut?", fragte sie.
"Ja, ja. Nur viele Gedanken. Marco hatte diesen Flo dabei und ach, der hat gemeint er wüsste mein Geheimnis und ist ja auch egal", reimte ich irgendwie einen Satz zusammen.
"Bist du sicher, dass du mit essen gehen möchtest?", fragte Ann vorsichtig.
"Ja klar, habs versprochen", murmelte ich. Ich würde das Essen schon irgendwie hinter mich bringen und ein paar neue Pärchen Fotos mit Ann schießen, damit die ganzen Fans wieder neue Bilder haben würden und unser Cover gedeckt bleiben würde. Ich hatte zwar die Blicke gesehen, die die Geschwister austauschten, aber da mir keine widersprach, war alles geklärt und wir konnten zum Essen aufbrechen. Wie ich dieses überlebte konnte ich zwar im Nachhinein nicht sagen, aber als ich dann den Weg in mein Bett fand am Abend, war ich sehr erleichtert. Diese erhöhte Dosis Suppressiva zeigten jetzt eine gute Palette ihrer Nebenwirkungen, indem sie mich müder und launischer machten und meine Kopfschmerzen förderten. Aber ich musste sie zur Sicherheit noch ein paar Tage nehmen.
Am nächsten morgen beim Training ging es mir leider nur bedingt besser. Der Umstand, dass ich heute morgen auch noch gesehen hatte, dass Marco gestern Scarletts Schwangerschaft verkündet hatte, stimmte mich nicht besser. Warum hatte er mich nicht vorgewarnt und mir was davon erzählt? Warum musste ich auch aus den Medien erfahren, dass die Medien es wussten wo er doch am Samstag erst einen Streit mit ihr hatte, weil er es der Öffentlichkeit nicht preisgeben wollte. Ich sollte wohl das Glück haben, dass ich so zeitig dran war, dass ich Marco noch vor dem Training alleine in der Kabine antraf und ihn natürlich gleich danach fragen konnte.
"Scarlett hat mich erpresst. Entweder wir machen das mit der Schwangerschaft öffentlich oder sie geht mit Flo an die Presse", presste Marco mies gelaunt hervor und ich starrte ihn entsetzt an. Ich hätte Scarlett nicht zugetraut, dass sie so skrupellos ist und so weit geht.
"Das ist heftig", murmelte ich und Marco nickte zustimmend.
"Ja. Dabei hatten wir erst darüber gesprochen, dass wir in den Niederlanden oder in Österreich einen pränatalen Schwangerschaftstest machen lassen wollen um Gewissheit zu haben", seufzte Marco.
"Aber den könnt ihr ja immer noch machen lassen oder?", fragte ich nach.
"Natürlich, aber für die Presse ist es schon zu spät. Die werden denken, dass es mein Kind ist und fertig. Ich kann jetzt schon die ganzen nervigen Fragen der Reporter hören", seufzte er und ich legte ihm tröstend eine Hand auf den Arm.
"Das wird schon alles und wenn du irgendwelche Hilfe brauchst, dann sag einfach beschied, ich bin immer für dich da", versicherte ich ihm und er lächelte mich an.
"Danke Mario. Flo hat mir auch schon Hilfe angeboten", bedankte sich Marco und innerlich war mir schon wieder übel. Schon wieder dieser Florian. Das war doch einfach zum kotzen.
"Gerne", murmelte ich und wurde kurz abgelenkt, als mein Handy einen eingehenden Anruf ankündigte. "Sorry Marco, aber da muss ich schnell rangehen", entschuldigte ich mich als ich Joshua Kimmich als den Anrufer identifiziert hatte. Schnell entfernte ich mich ein paar Meter von Marco und nahm den Anruf an.
"Joshua? Alles in Ordnung bei dir?", fragte ich, denn normalerweise rief er mich nie an außerhalb unseres wöchentlichem FaceTime.
"Mario. Hilfe. Pass auf", könnte ich ihn nur panisch murmeln hören, ehe es ein Scheppern gab und die Leitung auf einmal tot war. Was zur Hölle war das gewesen? Was war bei Joshua gerade los?
DU LIEST GERADE
Sleepless Dreamer
FanficAuch in einer Gesellschaft in der es Alphas und Omegas gibt, Anführer und Unterwürfige hat dennoch jeder Mensch seine Träume. Manche sind erreichbarer als andere und manche Träume platzen wie eine Seifenblase. Diese Erfahrung musste auch Mario mache...