Im Büro herrschte erstmal entsetztes Schweigen, bis Jule dann nicht mehr an sich halten konnte.
"Sagen Sie, sind Sie komplett bescheuert? Wie können sie nur so kalt auf seine Bitte reagieren und ihn dann auch noch so gehen lassen", regte er sich auf.
"Mäßigen Sie ihren Ton, oder ich veranlasse noch ganz andere Dinge", meinte sie kalt.
"Ich muss Julian zustimmen. Joshua hat in der letzten Zeit viel durchgemacht und er kam mit einer einfachen Bitte zu Ihnen. Einer Bitte, die eigentlich sogar genau mit dem zusammenhängt, zu was sie ihn hier behalten, einem guten Omega. Wie können sie ihm da eine derartige Abfuhr erteilen?", mischte sich Marco ein.
"Besonders weil er so viel durchgemacht hat, braucht er anderen Schutz. Man kann ihn nicht einfach so in die Welt stoßen", antwortete Julia Drechsler.
"Was denken Sie eigentlich, wie Joshua und ich all die Jahre durchs Leben gekommen sind? Ganz sicher nicht, weil wir geweint haben, sobald uns ein Fingernagel abgebrochen ist. Joshua ist unglaublich stark. Sie wollen, dass er ein gutes Omega wird? Gut. Fangen wir an. Jule würde es glücklich machen Joshua vor der Bindung mal in Dortmund zu haben. Mit Joshuas Bitte ist er also ein gutes Omega. Jule wünscht sich, dass Joshua mal das Stadion besucht hat und sich auch den Anforderungen als Partner eines Fußballers gewachsen fühlt. Mit seiner Bitte will Joshua also ein gutes Omega sein. Dadurch, dass Joshua Sie wegen den Wünschen seines Alphas um etwas bittet, um diesem zu gefallen, macht es ihn doch zu dem guten Omega, das wollen Sie doch letztendlich auch so, oder?", mischte ich mich ein.
Darauf folgte zunächst einmal Schweigen von Seiten der Betreuerin.
"Und wenn Sie ihm nicht gewähren den Wünschen nachzukommen, sind Sie dann nicht schuld, wenn er ein schlechtes Omega ist? Und sich auch nicht mehr bemühen wird deswegen", fügte ich noch hinzu.
Hoffentlich klappte das.
"Sagen wir mal, rein hypothetisch, ich würde einem Stadionbesuch zustimmen. Das Stadion befindet sich in Dortmund. Mehrere hunderte Kilometer von hier entfernt. Eine Übernachtung bei ihm ist derweil nicht mal hypothetisch eine Möglichkeit", antwortete sie langsam.
"Natürlich nur rein Hypothetisch gesprochen, wäre mein Betreuer, Herr Maier, bestimmt erfreut für zwei oder drei Nächte ein Auge auf Joshua im Dortmunder Zentrum werfen zu können. Wenn er sich dort brav an- und abmelden würde, sollten die größten Probleme doch rein hypothetisch gelöst sein, oder", ging ich auf sie ein.
Überlegend musterte sie mich. Dann ging ihr Blick auf die beiden anwesenden Alphas und sie musterte auch diese.
"Wenn ich also rein hypothetisch Herr Maier benachrichtigen würde und er zustimmen würde, dann meinen Sie, dass ich, rein hypothetisch, keinen Grund mehr hätte, nein zu sagen?", fragte sie und wir alle drei nickten.
"Nun, dann sollte ich wohl mal bei Herrn Maier in Dortmund anrufen", überraschte sie uns alle und griff zum Telefon.
So ganz glauben konnte ich es zwar noch nicht, aber ich hoffte, dass es ihr ernst war. Auch Marco und Jule schienen es noch nicht ganz glauben zu können, denn sie schauten sich und auch mich verblüfft an. Sollten wir es wirklich doch geschafft haben?
Mit einem "Vielen Dank Herr Maier, dann machen wir es so", legte sie nach einigen Minuten schließlich wieder auf und wandte sich uns zu.
"Sie haben mich überzeugt. Ihr hypothetischer Plan ist angenommen und wurde von uns abgesegnet. Joshua wird begleitet von zwei Pflegern am Freitag nach Dortmund reisen. Dort wird er sich zunächst bei Herrn Maier melden. Danach hat er den restlichen Tag zur Verfügung. Pünktlich zur Nachtruhe um 22 Uhr muss er jedoch in seinem zugewiesen Zimmer sein. Am Sonntag wird er zurück nach München begleitet. Sie werden aber auf jeden Fall die Presse meiden. Keine Interviews, nichts. Wir wollen das möglichst unbemerkt über die Bühne bringen", klärte sie uns auf.
"Versprochen. Wir werden unser bestes geben und Joshua wird immer pünktlich sein", versicherte Jule sofort und strahlte übers ganze Gesicht.
"Gut, dann sollten wir wohl jetzt Joshua informieren. Ich werde ihn von einem Pfleger wieder herbringen lassen", meinte sie und es trat erneutes Schweigen ein.
Joshuas Abgang hatte Eindruck hinterlassen und es tat mir leid, dass wir unser Ziel nicht schon vorher erreicht hatten. Aber er würde sich bestimmt dennoch freuen, wenn er hörte, dass wir es doch noch geschafft hatten. Während Joshua zu uns gebracht werden sollte, verharrten wir im Büro. Keiner sprach währenddessen ein Wort.
"Entschuldigen Sie, aber wir konnten Herrn Kimmich nicht finden", kam irgendwann ein Pfleger herein.
"Wie bitte? Er muss doch hier sein", fragte Julia Drechsler nach.
"Wir haben alles abgesucht, aber wir konnten ihn nicht finden", entschuldigte sich der Pfleger sich.
"Verarschen Sie mich? Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass Joshua, mein Omega hier verschwunden ist. Hier an einem Ort, wo er am sichersten sein sollte!", entgegnete Jule aufgebracht.
"Ich- Es tut mir leid. Vermutlich hat er eine Pause an der Tür genutzt und ist aus dem Komplex verschwunden", entschuldigte sich der Pfleger betreten stammelnd.
"Das ist das letzte! Ich werde ihn jetzt suchen gehen und Sie halten mich nicht wieder auf", herrschte Julian die Betreuerin an.
"Wir helfen dir. Wir finden Joshua", bestätigte Marco und wir standen ebenfalls auf.
"Hoffen Sie, dass ihm nichts passiert ist. Denn das ist alles ihre Schuld", konnte sich Jule nicht verkneifen bevor wir das Büro und dann das Zentrum verließen.
Hoffentlich würden wir Jo finden, bevor er irgendetwas dummes angestellt hatte.

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Sleepless Dreamer
FanfictionAuch in einer Gesellschaft in der es Alphas und Omegas gibt, Anführer und Unterwürfige hat dennoch jeder Mensch seine Träume. Manche sind erreichbarer als andere und manche Träume platzen wie eine Seifenblase. Diese Erfahrung musste auch Mario mache...