Kapitel 46

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Als wir nach dem Training endlich nach Hause kamen, wartete Scarlett bereits im Eingangsbereich auf uns und begrüßte uns: "Na, wie war der heutige Tag?"

"Alles lief ausgesprochen gut", äußerte sich Marco dazu und ich traute mich nicht, ihm zu widersprechen.

Vielleicht war dem aus seiner Sicht so, aber ich hatte lange keinen so niederschmetternden Tag mehr gehabt. Marco hatte mich trotz meiner "Kooperation" weitestgehend ignoriert und da auch keiner der anderen Jungs sich traute mit mir zu reden, weil sie vermutlich alle von dem Vorfall mit Schmelle gehört hatten, war es ein sehr einsames Training geworden. Nicht mal einen Ball an meinem Fuß zu spüren hatte es da geschafft, mich irgendwie glücklich zu machen und eigentlich war ich einfach nur erleichtert, endlich hier bei Marco zuhause zu sein. Es würde wohl noch einige Zeit dauern, bis ich es auch als mein Zuhause ansehen konnte.

"Das freut mich", lächelte Scarlett, aber es wirkte irgendwie gezwungen.

Auch Marco schien das zu merken, denn er fragte:

"Alles okay bei dir und der Kleinen?"

"Ich weiß es nicht. Die Ergebnisse des Vaterschaftstest sind da, aber ich wollte sie nicht ohne dich öffnen", eröffnete Scarlett uns und ihr Lächeln war sofort verschwunden.

Sie wirkte eher betrübt. Auch Marcos gute Laune verpuffte mit einem Schlag.

"Dann sollten wir den Brief doch mal öffnen", meinte er entschlossen und Scarlett nickte.

Ich fühlte mich irgendwie fehl am Platz. Das war eine Sache zwischen Marco und Scarlett, ich wäre nur ein Eindringling. Wobei, eigentlich war ich das seit dem Moment, als Marco mich als sein Omega behauptet hatte und dieses Kind würde wohl mehr über meine Zukunft bestimmen, als ich es konnte.

Wenn es wirklich Marcos Tochter sein sollte, wäre ich eindeutig ein Geschwür für die Familie des Alpha. Dann wäre es nicht nur berechtigt wenn Marco und Scarlett mich wieder loswerden wollen würden, ich sollte vielleicht sogar freiwillig das Feld räumen, damit Marco keine Probleme wegen der Geschichte bekam.

Eigentlich wunderte es mich sowieso, dass der Maier nicht nach Scarlett und dem Baby gefragt hatte und wie das mit Marcos und meiner Beziehung vereinbart war. Das ganze konnte ja nicht einfach so an ihm vorbeigezogen sein.

Auf jeden Fall war für mich klar, dass, sollte Marco der Vater sein, meine Zukunft wohl im Zentrum in Dortmund lag und nicht hier in diesem Haus.

Sollte Marco allerdings nicht der Vater sein, wären die Karten ganz neu gemischt. Vielleicht würde ich dann sogar hier bleiben können. Aber gleichzeitig blieb die Frage, was denn nun das Bessere für mich wäre. Wenn ich zwar weiter zum Training durfte, aber dank Marco völlig isoliert war und mir vorgeführt vorkam, wäre dass dann wirklich besser als im Zentrum zu versauern und nie wieder jemanden aus dem Team wiedersehen zu dürfen? Vielleicht könnte man dann ja sogar eine Verlegung erwirken, damit ich mit Joshua im gleichen Zentrum wäre.

"Ich lass euch dann mal alleine und gehe ins Gästezimmer", murmelte ich und nach einem zustimmenden Nicken von Marco und Scarletts dankbarem Blick, drückte ich mich an ihnen vorbei und verzog mich in das Zimmer.

Die Tür schloss ich dabei hinter mir. Ich würde schon noch früh genug informiert werden, was Sache für mich war. Etwas planlos, was ich nun tun sollte, stand ich im Zimmer und schaute mich um.

Wenn der Maier in einer Woche kam, sollte es entweder noch genauso aussehen und ich mich zumindest für den Besuch in Marcos Zimmer bereit machen, oder aber es sollte so aussehen, als hätte ich hier meinen vollsten Rückzugsort, falls ich es mit Marco gerade nicht aushielt.

So oder so, meine Sachen aus meinem Haus müssten alle noch hier her gebracht werden. Vielleicht würde Marco ja erlauben, dass uns ein paar von den Jungs aus der Mannschaft halfen, denn sonst würden wir mehrere Tage brauchen.

Aus meinen Gedanken wurde ich gerissen, als ich ein lautes Poltern hörte und wie irgendetwas zu Bruch ging. Scheinbar lief es bei Marco und Scarlett gerade nicht so gut.

Durch meine Aufmerksamkeit aufgrund des Polterns hörte ich jetzt auch, dass sie sich wohl ziemlich laut stritten. Allerdings nicht laut genug, als dass ich genaueres verstanden hätte. Ich sollte nicht so neugierig sein, aber ich konnte nicht anders, weswegen ich leise meine Tür öffnete und um den Stimmen zu lauschen.

Leider gab es nicht mehr viel zu hören. Viel eher hörte ich schnelle Schritte und wich gerade noch von der Tür weg, als Scarlett ins Gästezimmer gestürmt kam.

"Raus hier!", fuhr sie mich an und irgendwie hatte ich keine Lust mich mit einer aufgebrachten und dazu noch schwangeren Beta anzulegen.

Sie nicht aus den Augen lassend, beeilte ich mich aus dem Raum zu straucheln. Mit einem lauten Knall war die Tür hinter mir dann zu und der Schlüssel wurde im Schloss gedreht.

Perplex stand ich da und starrte auf die Tür.

Was zur Hölle war da los? Von Scarlett würde ich wohl keine Antwort erfahren, also beschloss ich mal Marco zu suchen, der im Wohnzimmer auf dem Sofa saß.

"Hey", murmelte ich und setzte mich neben ihn.

Er reagierte erstmal gar nicht.

"Es ist nicht von mir", sagte er schließlich ohne jede Emotion in die Stille.

"Das tut mir leid", murmelte ich.

"Muss es nicht. Scarlett verlässt uns morgen und zieht zu ihrer Mutter. Jetzt wird alles einfacher. Sie ist weg und du mein Omega", brach er ab, stand auf, klopfte mir auf die Schulter und verließ dann das Wohnzimmer, wo ich mit den Nachrichten sitzen blieb.

Eigentlich sollte ich nicht so empfinden und auch jede Vernunft sprach dagegen, aber irgendwie war ich erleichtert, dass es nicht Marcos Baby war. Den Rest mit Marco würde ich schon noch auf die Reihe bekommen. Immerhin bestand jetzt nicht mehr die Gefahr, wegen dem Baby in einem Zentrum zu landen. Ich war abgesichert und das würde mir Chancen eröffnen. Ich würde eventuell gegen Marcos Entscheidungen protestieren und somit versuchen können, meine Meinung durchzusetzen

Sleepless DreamerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt