Kapitel 25

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Allerdings wusste ich jetzt doch nicht so recht, wie ich richtig anfangen sollte. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen hierher zu kommen. Andererseits war ein Rückzug jetzt auch keine Option mehr.

"Keine Sorge Mario. Ich werde dir schon nicht den Kopf abreißen", versuchte Sebastian wohl mich zu beruhigen und mich zum Reden zu bewegen.

"Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll", murmelte ich verlegen.

"Vielleicht erstmal etwas zu trinken?", schlug er vor, aber ich lehnte ab.

"Okay, dann fang doch einfach ganz langsam an. Vielleicht reden wir erstmal über Joshua", schlug er vor und als ich zustimmend genickt hatte, fügte er an: "Wusstest du von ihm?"

"Ich- ja... ich wusste schon seit ein paar Jahren von seinem Geheimnis. Er... er hat mich auch angerufen kurz... kurz bevor er aufgeflogen ist", gab ich zu.

"Das-", Sebastian schien nach den richtigen Worten zu suchen.

"Die Untersuchungen werden wohl auch mich dadurch betreffen", sprach ich das Offensichtliche aus.

"Wohl kaum etwas, womit die Anwälte nicht fertig werden, wenn man dir aus deinem Wissen einen Strich drehen möchte", meinte Sebastian und wirkte sehr entspannt.

"So einfach wird es wohl leider nicht", murmelte ich und hatte jetzt wieder Sebastians volle Aufmerksamkeit.

"Was genau meinst du damit?", wurde ich gefragt.

"Wenn sie mich unter die Lupe nehmen, werden sie über kurz oder lang auf einen Fehler in meiner Akte stoßen. Und wenn nicht sie, dann die der Untersuchungen um Omegas in den Vereinen", wagte ich mich vorsichtig voran.

"Fehler in der Akte? Mario bitte sag mir nicht-", fing Sebastian an, sprach seinen Satz aber nicht fertig.

Ich konnte genau nachvollziehen vor was er zögerte. Eine Sache auszusprechen machte es mit einem Mal nochmal deutlich realer.

"Doch Sebastian. Nicht nur Joshua hat dieses Geheimnis. Ich auch", bestätigte ich und senkte dann meinen Blick auf meinen Schoß.

Ich wollte ihm nicht ins Gesicht sehen müssen wenn er sein Urteil über mich fällte.

Lange Zeit herrschte erst einmal Stille. Ich konnte mir denken, dass diese Neuigkeiten nicht so einfach zu verkraften waren.

"Warum?", war die einzige Frage, die er mir an den Kopf warf. Unsicher blickte ich auf.

"Warum ich es getan habe? Um Fußball zu spielen. Warum jetzt? Weil mein Geheimnis nicht mehr sonderlich sicher ist. Ich erwarte keine Hilfe oder sonstiges. Aber ihr solltet es zumindest wissen, damit ihr euch darauf vorbereiten könnt", erklärte ich.

Erneut herrschte Schweigen zwischen uns und für mich war die Sache jetzt ziemlich eindeutig.

"Ich werde meinen Platz bis morgen Abend geräumt haben. Dann seid ihr mich los", murmelte ich in die Stille und stand auf um sein Büro zu verlassen.

"Setz dich wieder hin Mario", erklang Sebastians Stimme mit hartem Tonfall.

Zögerlich und ängstlich setzte ich mich wieder auf den Stuhl.

Was würde er jetzt sagen? Seine Körpersprache gab mir darauf keinen Anhaltspunkt. Er hatte lediglich die Ellenbogen auf den Schreibtisch gestützt, die Hände gefaltet und sich nach vorne gelehnt.

"Du wirst deinen Platz auf jeden Fall nicht räumen. Zumindest vorerst nicht", erklärte er mir, aber wirkliche Erleichterung durchströmte mich nicht.

Ich wusste nicht, ob das jetzt wirklich gut für mich war oder nicht. Bevor ich jedoch zu einer Reaktion kommen konnte, sprach Sebastian auch schon weiter:

"Ich erwarte, dass du beim nächsten Bundesliga-Spiel mit vollem Einsatz dabei bist."

"Aber ich-", setzte ich an, "keine Konsequenzen?"

"Ach Mario, was hast du jetzt erwartet? Du bist aktuell in einer Situation, wo wir dich so lange wie möglich im Kader brauchen. Wir werden dir keinen Strick um den Hals legen, aber du musst jetzt ganz offen mit mir sein und mir alle Fragen beantworten damit ich das vor dem Rest vertreten kann. Lediglich mit dem Trainer wirst du dich wohl selber auseinandersetzen, wenn er nicht schon bescheid weiß?"

"Nein, nein er weiß es noch nicht. Eigentlich weiß es fast niemand", gestand ich.

"Und wer weiß es?", fragte er nach.

"Meine Eltern und Brüder, Joshua, Ann-Kathrin und der Teamarzt", zählte ich die wirklich kurze Liste auf.

"Nun, die Liste ist wahrlich kurz. Aber das ist gut. Je weniger bescheid wissen, umso einfacher, dass es nicht weitergetragen wird", murmelte er, schnappte sich ein Blatt Papier und notierte es darauf.

"Nächste Hitze?"

"Winterpause. Auch um die Suppressiva zu wechseln", antwortete ich brav.

"Wechseln?", fragte Sebastian nach.

"Ich nehme aktuell die gleichen mit denen Joshua aufgeflogen ist. Allerdings in erhöhter Dosierung", erklärte ich und Sebastian nickte.

"Irgendein Alpha auf das wir achten müssen?", fragte er weiter.

"Nein, niemand. Ann ist wirklich eine Beta und hilft mir als gute Freundin so gut sie kann", gab ich jetzt alles Preis.

"Interessant", murmelte Sebastian, "nun gut Mario. Es war auch jeden Fall richtig, dass du mich informiert hast. Wir machen erstmal weiter wie bisher und falls sich etwas ändern sollte, werde ich dir bescheid geben. Erstmal wird weiterhin geschwiegen und beobachtet", fügte er noch hinzu.

"Okay. Und danke. Danke, dass du so positiv reagiert hast", bedankte ich mich.

"Lass mich ehrlich sein. Wäre Joshua Kimmich nicht aufgeflogen, ich weiß nicht wie ich auf dein Geständnis reagiert hätte. Auch jetzt bin ich mir nicht sicher, ob ich die richtige Entscheidung getroffen habe, aber wir werden einfach sehen, was die Zeit bringen wird", erklärte Sebastian und stand auf.

Ich konnte ihn verstehen. Meine Situation und der Umgang damit war alles andere als leicht, aber ich war dankbar. Es hätte auch anders laufen können. Er hätte mich auch sofort melden können.

"Pass auf dich auf Mario", verabschiedete er sich schließlich von mir und ich verließ sein Büro.

Das wäre geklärt und jetzt konnte ich etwas entspannter nach Hause fahren.

Sleepless DreamerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt