Kapitel 62

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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war ich immer noch erschöpft. Das war jedoch nichts Neues. Hitzen kosteten immer viel Energie und Kraft.

Was allerdings ungewöhnlich war, war der Umstand, dass ich bei Marco auf dem Sofa lag, ein Kissen unter meinem Kopf hatte und mit einer Bettdecke zugedeckt war.

"Guten Morgen Sunny", begrüßte mich Marcos Stimme von hinten und ehe ich antworten konnte, war er mit einem Glas Wasser in der Hand in mein Sichtfeld getreten.

Mühsam rappelt ich mich auf.

"Hier, du musst deine Suppressiva nehmen, sonst kommt die Hitze wieder zurück", meinte er und reichte mir Glas und eine Tablette.

"Hast du mir die Suppressiva gegeben?", fragte ich ihn, weil das nur Sinn machen würde.

Ohne die Suppressiva wäre die Hitze heute sonst nicht schon wieder weg. Auch wenn “weg” wohl das falsche Wort war. Die Suppressiva hatten viel mehr dafür gesorgt, dass ich die Hitze zurückgedrängt hatte.

"Ja, war gar nicht so einfach", meinte Marco.

"Danke", bedankte ich mich und spielte damit nicht nur auf die Suppressiva an.

Ohne Marco wäre das gestern wohl ziemlich in die Hose gegangen.

Schnell schluckte ich die Tablette und betrachtete Marco dann genauer.

"Du siehst müde aus", stellte ich fest und Marco seufzte.

„War ne lange und harte Nacht, wenn ein Omega auf deinem Sofa in Hitze ist", seufzte er.

"Das tut mir leid", murmelte ich, aber Marco winkte ab.

"Du bist der Letzte, der was dafür kann. Ich hätte auch einfach Kopfhörer oder so nehmen können, aber ich wollte hören können, wenn du meine Hilfe brauchst", antwortete er mir und ich senkte betreten den Kopf.

Das war... lieb von ihm. Sogar extrem lieb.

"Danke. Wirklich", bedankte ich mich noch einmal.

"Für dich doch immer Sunny", entgegnete er, "warte, ich hab uns Frühstück gemacht. Du musst deinen Energiehaushalt wieder auffüllen."

Sofort war Marco nach den Worten wieder los in Richtung Küche gelaufen und kam tatsächlich mit einem voll gefüllten Frühstückstablet zurück.

"Haben wir überhaupt so viel Zeit? Das Training-", setzte ich an, während Marco das Tablet vor mir auf dem Wohnzimmertisch abstellte.

"Ich hab uns für heute frei genommen. Nach dem Chaos gestern haben wir uns einen ruhigen Tag verdient", erklärte er.

"Aber das Training- Du- Das nächste Spiel-", stammelte ich.

"Das ist nicht so wichtig, das eine Training schadet auch nicht. Ich bin immerhin Kapitän. Wichtig ist, dass wir heute etwas Zeit für uns haben. Dass wir ganz entspannt etwas zusammen machen können und uns nicht stressen müssen", meinte Marco.

"Okay und was machen wir?", fragte ich, während ich nach dem Kaffee griff.

"Hm, was hälst du von einem Film?", schlug er vor, aber ich verzog das Gesicht.

Filme schauen war langweilig.

"Okay, dann Backen? Nein auch nicht? Okay, Zocken?", versuchte er es weiter.

"Nein", sagte ich verstimmt, "und jetzt würde ich auch lieber duschen."

Ich hatte keine Lust in der Wohnung eingesperrt zu sein, wie in einem Käfig. Denn das würde dieses Haus für mich schon noch früh genug sein, da die Öffentlichkeit nun bescheid wusste. Ein Käfig. Zwar einer aus Gold, aber immer noch ein Käfig.

"Ja klar, natürlich kannst du duschen gehen, nur bitte iss vorher noch das Müsli", bat Marco mich mit fehlendem Blick und ich seufzte.

Ich warf einen Blick auf die Schale und sah, dass Marco sich echt Mühe gegeben hatte und sogar noch Obst hinzu geschnitten hatte.

Irgendwie war das so süß, dass ich es nicht einfach stehen lassen konnte und deswegen griff ich nach der Schüssel und begann zu essen.

Marco hatte sich derweilen ebenfalls auf das Sofa gesetzt und betrachtete mich schweigend.

"Mach ein Foto, dann kannst du es dir länger anschauen", machte ich ihn irgendwann genervt an und tatsächlich zückte Marco sein Handy und schoss ein Foto.

Perplex schaute ich ihn an. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass er das wirklich machen würde.

"Du bist doch verrückt", murmelte ich, stellte die Schale ab und verschwand ins Badezimmer zum duschen.

Ich hielt Marco in meiner Nähe gerade einfach irgendwie nicht aus.

Das Wasser brachte mir Entspannung und ich genoss es alle Spuren des Geschehenen von mir abzuwaschen.

Auch nahm ich mir hier die Zeit, das Geschehene zu verarbeiten. Ich war in der Öffentlichkeit enttarnt. Noch schlimmer, ich war vor der Mannschaft in Hitze geraten und hatte Marco in der Mannschaftsdusche angefleht, mich zu ficken. Ich war so abstoßend. Ich würde diesen Raum jeden Tag mit Marco betreten, weil es unser Arbeitsplatz war. Wie sollte ich das machen, ohne jedes mal daran denken zu müssen, was mir dort peinliches passiert war?

Aber vielleicht erledigte sich das Problem ja auch von alleine. Bei dem Medienrummel, den ich ausgelöst hatte, wollte mich vermutlich weder Marco mitnehmen, noch der Verein dort haben. Das beschränkte mich wohl unweigerlich auf dieses Zuhause.

Vielleicht könnte ich ja ein online-Fernstudium beginnen. Dann würde ich meine Zeit wenigstens sinnvoll nutzen und nicht die ganze Zeit planlos herumsitzen.

"Mario, kommst du mal unter der Dusche raus? Du stehst da schon ne Dreiviertelstunde drunter!", erklang Marcos Stimme durch die geschlossene Badtür.

Mit einem Seufzen stellte ich das Wasser ab. Ich konnte mich eben wirklich nicht unter dem Wasserstrahl verstecken. Allerdings strahlte ich auch nicht vor Begeisterung als ich in frischen Klamotten zurück ins Wohnzimmer kam und mich dort auch wenig motiviert auf das Sofa warf.

"Wir müssen immer noch überlegen, was wir heute machen wollen", meinte Marco, der bereits auf dem Sofa gesessen hatte.

"Wenn's sein muss", brummte ich.

"Gut, da alles hier zuhause deinen Unmut geweckt hat, würde ich vorschlagen, dass wir raus gehen. Shoppen vielleicht?", schlug Marco vor und ich stieß ein abfälliges Schnauben aus.

“Sicher nicht", brummte ich.

"Aber warum denn nicht? Dein Schrank ist noch immer nicht sonderlich voll und nichts lenkt besser ab wie Shoppen", entgegnete Marco.

"Ja klar, vor der Linse der Presse Klamotten shoppen. In den extra Omega-Abteilungen, was überhaupt nicht sexistisch ist. Die Kleidung die es dort gibt schreit ja auch nicht sofort “fick mich". Da zeigt man mehr, als man verhüllt. Also nein danke. Ich stehe nicht unbedingt drauf so Kleidung vor den Augen der Presse zu kaufen", pampte ich ihn an.

"Ich hab nie behauptet, dass du in den Abteilungen einkaufen musst", rechtfertigte sich Marco.

"Glaubst du ernsthaft, dass es eine Wahl gibt in welcher Abteilung ich einkaufe, jetzt, wo alle Welt weiß, dass ich ein Omega bin und die Medien alles daran setzen werden mich in unangenehmen Situationen zu fotografieren?", fragte ich Marco und schüttelte den Kopf über so viel Naivität.

"Okay, dann lass uns doch etwas Laufen gehen", schlug Marco vor um wohl nicht weiter auf das Thema Shoppen eingehen zu müssen.

"Klar, du kannst die Reporter auch gleich zu Kaffee und Kuchen einladen", schlug ich im Gegenzug vor.

"Dann sag mir was wir machen sollen, an dem du nichts auszusetzen hast und mit dem du einverstanden bist", stieß Marco genervt aus.

"Gar nichts tun. Geh einfach doch zum Training und lass mich hier", sagte ich.

"Das werd ich nicht. Dein Problem sind die Medien und die Presse? Gut, dann lass uns was dagegen tun", fuhr Marco mich unwirsch an.

"Ach ja und was ist deine geniale Idee?", pampte ich ihn an.

"Wir veröffentlichen selbst einen Post", meinte Marco ganz ruhig und ernst.

Sleepless DreamerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt