Wütend kramte ich im Bad durch meine "Mittelchen" wie Marco es genannt hatte. Was sollte ich ihm denn bitte geben? Auf jeden Fall würde ich dem Junge geruchdämpfendes Spray geben. Aber sollte ich ihm auch wirklich eine hohe Dosis Suppressiva geben?
Die würden bei ihm vermutlich heftig anschlagen und ich war mir nicht sicher, ob Marco das bezwecken wollte. Andererseits würde ich es so schaffen ihn zu ärgern. Wenn ich es ganz geschickt anstellte, würde man ihn in einer Viertelstunde nur noch für einen Beta vom Geruch her halten.
So würde ich Marco vor Maier bloßstellen können. Entschlossen schnappte ich mir alles, was ich zur Verfügung hatte und marschierte wieder ins Wohnzimmer.
Der Junge saß immer noch niedergeschlagen auf dem Sofa. Marco war nicht in Sichtweite.
"Hier, wenn du das nimmst können wir dich hier raus schaffen, bevor die aus dem Zentrum da sind. Keiner wird dir dein Omega Dasein nachsagen können, wenn sie keinen Bluttest von dir haben", bot ich dem Jungen an, der mich überrascht ansah.
"Er ist ihr Alpha, oder? Und sie sind sein Omega?", fragte er mich, ohne auf mich einzugehen.
"Ich- ja. Ja ich bin ein Omega und Marco ist mein Alpha", bestätigte ich ihm.
Der Junge nickte abwesend.
"Sie haben Glück. Er scheint ein gutes Alpha zu sein. Kein Traditionalist", meinte er.
"Glück liegt immer im Auge des Betrachters. Ich würde meine Situation nicht gerade als glücklich bezeichnen", murmelte ich, "du solltest das jetzt nehmen, damit wir dich hier wegschaffen können."
"Vielleicht bekomme ich ja auch so ein tolles Alpha, das sich um mich kümmert. Nicht mehr jede Hitze in absoluter Angst verbringen zu müssen", meinte der Junge und schaute mich jetzt voller Hoffnung an.
Ich verstand ihn nicht.
"Sie werden dein Leben für dich bestimmen und dich einsperren wie einen Schwerverbrecher", versuchte ich ihm mit Vernunft zu überzeugen.
"Bestimmt er über ihr Leben und sperrt sie ein?", fragte er mich und ich musste schlucken.
Tat Marco das? Nicht wirklich. Er versuchte es mir eher so angenehm wie möglich zu machen.
"Nein", presste ich mit zusammengebissenen Zähnen hervor.
"Vielleicht bekomme ich ja auch so ein Alpha. Sie haben großes Glück", murmelte er.
Ich fuhr mir verzweifelt durch die Haare. Wie konnte er nur seine Meinung so schnell ändern? Nur wegen Marco? Das konnte doch verflucht nochmal nicht wahr sein. Er rannte mitten in sein eigenes Verderben und ich wusste nicht, wie ich den Jungen noch beschützen sollte.
"Nimm wenigstens das Spray. Es dämpft den Geruch deiner Hitze und macht es für uns leichter", bat ich ihn, denn so langsam war ich wieder unruhig geworden.
Das schien okay zu sein, denn er reagierte und nahm tatsächlich das Spray. Als ich die jetzt geruchlose Luft einatmen konnte, war ich erleichtert. Dieser Hitzeduft hätte uns alle noch zum durchdrehen gebracht.
In diesem Moment kehrte auch Marco ins Wohnzimmer zurück.
"Das Zentrum weiß bescheid und du wirst in der nächsten halben Stunde abgeholt werden. Möchtest du so lange was trinken?", sprach er mit dem Jungen, der schüchtern nickte.
"Gut, ich hol dir ein Glas mit Wasser", sprach Marco und ging schon wieder in die Küche.
"Letzte Chance. Ich bring das Zeug wieder weg. Willst du sicher nicht abhauen?", fragte ich ihn erneut und wieder schüttelte er den Kopf.
"Deine Entscheidung", murmelte ich und ging zurück ins Bad.
Sollte er doch tun was er wollte. Seine Entscheidung in dieses Leben zu rutschen. Wenn er an ein Arschloch von Alpha geriet, würde er diesen Moment schon noch bereuen, aber dann war ihm auch nicht mehr zu helfen. Der Zug war jetzt abgefahren.
"Du wirkst unzufrieden", erklang Marcos Stimme hinter mir.
"Woran das wohl liegt", antwortete ich zynisch.
"Es ist seine Entscheidung Mario und nicht deine", belehrte er mich.
"Aber es ist die Falsche!", regte ich mich auf.
"Für ihn ist es das nicht. Mario er führt ein anderes Leben als du und deinen Wunsch nicht aufgeflogen zu sein und dich dein Leben lang zu verstecken, darfst du nicht auf andere projizieren. Für ihn ist es das Beste in Sicherheit zu sein und diese Sicherheit bietet nun mal ein Zentrum", redete er auf mich ein.
"Dann hättest du mich auch ausliefern sollen", fauchte ich.
"Mario, du übertreist. Ihr seid beide komplett andere Fälle. Ich war auch nicht begeistert vom Zentrum, das stimmt. Und ich würde dich dort auch nie hinschicken wollen, weil du es dort nie überleben würdest. Aber er hat dort eine Perspektive auf ein Leben. Etwas, das er auch schon gesehen hat im Gegensatz zu dir", redete Marco weiter, "Maier wird gleich mitkommen also tu mir bitte den Gefallen und beherrsch dich, ja?"
"Hab ich eine andere Wahl?", fragte ich bissig und Marco seufzte.
"Wenn du nicht willst, dass ich das volle Alpha vor Maier heraushängen lassen muss, dann nein", antwortete er mir.
"Ich hasse dich", fauchte ich.
"Wenn du das sagst Mario", seufzte er, "wenn du deinen Hass wieder überwunden hast, kannst du gerne zu uns ins Wohnzimmer kommen. Ich fände es schön."
Dann war Marco aus dem Bad verschwunden und ließ mich zurück. Niedergeschlagen blickte ich in den Spiegel.
Vielleicht projizierte ich doch etwas von mir auf den Jungen, aber ich wollte nicht, dass er in einer viel schlechteren Situation endete und das nur wegen mir. Wenn ich ihn nicht aufgehalten hätte und ihm nicht so viel Geld mitgeben wollte, wäre er nie auf Marco gestoßen und er würde jetzt nicht im Zentrum landen. Es wäre meine Schuld.
Vielleicht wollte ich aber auch einfach nicht damit leben, dass ich keine Schuld hatte. So stellte sich die Frage, wenn dieser Junge jetzt ins Zentrum wollte, sollte ich ihn dann weiter zu einer Flucht zu überreden versuchen? Würde er nicht wirklich eher vergewaltigt und gebunden werden, als dass er gut überleben würde?
Andererseits hatte er es bis jetzt ja auch geschafft. Verdammte Zwickmühle.
Ich wusste einfach nicht mehr weiter, aber das musste ich dank Marco ja auch nicht mehr. Das Alpha hatte alle Zügel in die Hand genommen und die Situation auf vertretbare Art und Weise geregelt. Vielleicht hasste ich ihn doch nicht, auch wenn ich das zu ihm gesagt hatte.

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Sleepless Dreamer
Hayran KurguAuch in einer Gesellschaft in der es Alphas und Omegas gibt, Anführer und Unterwürfige hat dennoch jeder Mensch seine Träume. Manche sind erreichbarer als andere und manche Träume platzen wie eine Seifenblase. Diese Erfahrung musste auch Mario mache...