Kapitel 93

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Ich hätte zugegebenermaßen jedoch nicht gedacht, dass sich der erhoffte Fortschritt noch am gleichen Abend erweitern ließe. Als wir mit Essen fertig waren, schickten wir meine Familie schon mal vor ins Wohnzimmer, während wir den Tisch abräumten.

"Ich helfe meinem Sohn beim Tisch abräumen", hielt mein Vater Marco allerdings auf, der mir helfen wollte.

Nachdenklich wanderte sein Blick zwischen meinem Vater und mir hin und her.

"Ist schon okay Marco. Ehrlich. Geh ruhig schon zu den anderen. Wir schaffen das hier", entgegnete ich letztendlich.

"Und du bist dir sicher?", fragte Marco noch einmal fürsorglich nach.

"Ja und sollte ich Hilfe brauchen, dann schreie ich laut", meinte ich und verdrehte etwas die Augen.

Diese übertriebene Sorge wäre jetzt bestimmt Wasser auf den Mühlen der Meinung meines Vaters über Omegas gewesen. Das schien jetzt wohl auch Marco aufgefallen zu sein, denn er kratzte sich peinlich berührt im Nacken.

"Ich... ja, ähm....", stammelte Marco, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand ins Wohnzimmer.

Zurück blieben also nur mein Vater und ich. Schweigend begannen wir den Tisch abzuräumen und alles in die Küche zu tragen.

"Bist du bei ihm wirklich glücklich?", fragte mein Vater irgendwann.

"Marco ist einer der besten Dinge, die mir jemals in meinem Leben passiert sind. Er war bereit für mich zu lügen. Ich dachte mein Leben wär vorbei, niemand könnte mir mehr helfen und dann stand er da", berichtete ich meinem Vater.

"Er behandelt dich auch gut?"

"Ich kann alles machen was ich will. Marco behandelt mich wirklich nicht wie ein Omega, sondern wie sein Partner. Es ist meine Entscheidung zum Training mitzugehen und es wäre auch meine Entscheidung, wenn ich stattdessen etwas studieren möchte. Ich darf über mein Leben bestimmen und da wo mir die Gesellschaft Steine in den Weg legt, versucht Marco sie für mich zu beseitigen. Das ist das Beste, was ich bekommen kann", erzählte ich weiter.

"Das ist gut. Er scheint ein guter Mann zu sein", murmelte mein Vater.

"Papa, wegen vorhin-", fing ich an.

"Nein Mario. Ich bin ein alter Mann und auch ich habe meine Fehler. Niemand ist ohne sie und ich ganz gewiss auch nicht. Deine Mutter hat recht. Ich bin stolz auf dich, auch wenn ich es nicht immer so zeige oder zeigen kann. Ich möchte dich immer motivieren das Beste aus dir heraus zu holen", meinte er.

"Ich hätte einfach jemanden gebraucht, der für mich da ist. Nach dieser Razzia war mein Leben plötzlich gefühlt zu Ende. Ich hätte einen Vater gebraucht und nicht meinen größten Gegner und Kritiker. Nicht noch jemanden, der mich für mein Dasein als Omega verachtet und in mir nur einen Fehler sieht", warf ich ihm traurig und enttäuscht vor.

"Aber genau das hab ich getan", gab mein Vater unumwunden zu.

"Ja, sogar heute, als du in meinem Zuhause zu Gast warst", meinte ich bitter.

"Ich erwarte nicht mal eine Entschuldigung. Ich weiß, dass ich sie eh nie bekommen würde oder zumindest keine ehrliche. Du meinst zumindest in Teilen genau das, was du sagst. Aber ich kann damit umgehen. Ich kann damit leben", fügte ich völlig ruhig noch an.

"Wir sollten die Unterhaltung vielleicht hier jetzt besser beenden", meinte mein Vater und ich stimmte zu.

Ich würde wohl nie ein normales Verhältnis zu ihm haben, aber momentan könnte ich daran nichts ändern.

"Du kannst schon mal ins Wohnzimmer gehen. Ich komm dann auch gleich nach. Ich mach das hier nur noch schnell fertig", meinte ich.

"Ich denke eher weniger. Die Zeit war schon herausfordernd genug. Ich werde eher nach Hause fahren. Hoffentlich werde ich dann informiert werden, wenn ihr gebunden seid und ich Enkelkinder erwarten muss", lehnte er ab.

Sleepless DreamerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt