Kapitel 66

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"Hey Mario, nein, nimm dir das nicht zu Herzen", murmelte Marco, rutschte neben mich und schlang einen Arm um meine Schultern.

"Es war einfach alles ein Fehler", murmelte ich tonlos.

"Nein, war es nicht. Du bist ein begnadeter und erfolgreicher Fußballer. Du hast Talent und Können. Und außerdem bist du eine furchtbar liebenswerte Person. Du bist einfühlsam, hast ein offenes Ohr und ohne dich wäre so mach ein Streit bei uns in der Kabine schon eskaliert. Du gehörst zum Team und jeder von uns ist froh, dass wir dich haben", redete Marco mir zu.

Nur vergaß er einen ganz wichtigen Punkt.

"Ich bin nicht mehr Teil des Teams. Ich darf nie wieder Fußball spielen", schniefte ich und konnte nicht verhindern, dass die Tränen flossen.

Marco schloss mich daraufhin noch fester in seine Arme.

"Wir werden schon zusammen eine Lösung finden. Das verspreche ich dir. Du und ich werden wieder zusammen auf dem Feld stehen und spielen. Versprochen", redete Marco mir zu, löste bei mir aber eher noch mehr Verzweiflung aus.

Ich wollte nicht, dass er mir so etwas versprach, wenn er es dann doch nicht halten konnte. Das lag nicht in seiner Macht.

"Versprich mir sowas bitte nicht", schluchzte ich leise.

"Ach Mario, ich würde alles für dich tun um dich glücklich zu machen. Ich werde genauso mit dir für deine Träume kämpfen, wie du es tust. Du bist nicht mehr allein", versicherte mir Marco.

"Du hast mal gesagt, du könntest Harvey und die anderen nicht verstehen, dass sie Mike, einem Betrüger, helfen. Ich bin genau wie Mike. Mein Leben basiert auf einer Lüge", murmelte ich und dachte mit einem Stich im Herzen daran, wie Marco und ich zusammen Suite geschaut hatten und eine rege Diskussion begonnen hatte.

"Vielleicht hab ich mich ja auch einfach geirrt damals. Ich kann Harvey und die anderen inzwischen glaube ganz gut verstehen. Es gibt Menschen, die sind es einfach wert alles für sie zu riskieren und die Regeln zu brechen. Und du gehörst für mich eindeutig dazu", murmelt er und hauchte mir einen Kuss auf den Kopf.

"Aber bei Joshua hast du doch auch noch gesagt-", setzte ich traurig an, aber Marco unterbrach mich sofort.

"Ich hab mich geirrt Mario und ich habe meine Meinung geändert", sagte er, "ich bin froh, dass du bist, was du bist und ich bin so erleichtert, dass du damals im Flur zu mir gekommen bist und nicht mit Meyer in dieses Zentrum."

"Ich hatte  solche Angst an dem Tag", gab ich leise zu.

"Das glaub ich dir. Nach der ganzen Sache mit Joshua war es bestimmt auch nicht leicht mit der Situation fertig zu werden", kam es von Marco.

"War es nicht. Es hätte ja genauso gut mich treffen können. Wir haben die gleichen Suppressiva benutzt. Und jetzt ist er in diesem abscheulichen Zentrum und ich bin hier", schluchzte ich wieder auf und die Schuldgefühle dem Jüngeren gegenüber keimten wieder in mir auf.

Vor allem da oben auf dem Nachtisch eine Nummer lag, unter der ich ihn erreichen konnte, ich es aber bis heute noch nicht getan hatte.

"Diese Suppressiva, das sind immer noch die gleichen als ich sie dir gegeben habe, oder?", fragte Marco vorsichtig und ich nickte.

"Ne Umstellung auf andere geht erst nach einer vollständigen Hitze. Der Doc und ich haben das eigentlich für die Winterpause geplant gehabt, aber das wird jetzt ja wohl nicht mehr notwendig sein", murmelte ich und sofort lastete eine bedrückende Stimmung auf uns.

Die Bindung traute sich keiner von uns beiden so offen anzusprechen und wir schoben diese Thematik auch weiter vor uns her. Nur irgendwann würden wir uns ihr stellen müssen.

"Und die Medikamente werden noch helfen bis zur Pause?", fragte mich Marco weiter und wieder nickte ich.

„Hast du keine Angst, dass sie Versagen?", fragte er mich und ich schüttelte den Kopf.

„Nein", sagte ich und schaute Marco direkt fest in die Augen.

Falls das darauf hinauslaufen sollte, dass er die Bindung früher vollziehen wollte nur wegen den Suppressiva, dann hätte er sich geschnitten.

"Gut. Ich will dich nicht doch noch an ein Zentrum oder einen anderen Alpha verlieren", antwortete er mir und ich war erstaunt.

Mit so einer direkten Aussage hatte ich nicht gerechnet. Mit geröteten Wangen senkte ich meinen Blick wieder auf meine Knie.

Es war wirklich schön, dass sich Marco so um mich sorgte und nach dem Vorfall in der Kabine war ich mir inzwischen auch sicher, dass er mich immer beschützen würde. Auch vor sich selbst. Nur Joshua trübte diese Gedanken.

"Ich wünschte nur, Joshua hätte nur halb so viel Glück gehabt", murmelte ich und Marco seufzte.

„Ich kann Joshua vielleicht nicht so helfen, wie ich es bei dir konnte und kann, aber ich kann dich wenigstens zu ihm bringen. Ein vertrautes Gesicht und eine Umarmung würden vielleicht euch beiden gut tun", schlug Marco vor und mit leuchtenden Augen blickte ich ihn an.

Meinte er das wirklich ernst? Würde er das wirklich für mich tun? Würde er mich zu Joshua nach München bringen?

"Wenn du möchtest, können wir heute noch los", ergänzte Marco seinen Vorschlag und ich brachte keinen Ton raus.

Ich war so glücklich und dankbar in diesem Moment, dass ich Marco hatte, dass ich ihm einfach nur um den Hals fallen konnte, sodass er durch meinen Schwung mit dem Rücken auf dem Sofa landete und ich auf ihm.

Sleepless DreamerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt