Kapitel 10

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In der Dusche beeilte ich mich dann. Felix würde bestimmt schon warten und das sollte er nicht unbedingt länger müssen als notwendig war. Schnell verabschiedete ich mich von den Jungs und eilte zu meinem Auto.

"Da bist du ja endlich", wurde ich tatsächlich ungeduldig von Felix empfangen.

"Ja und jetzt steig ein", forderte ich ihn auf und entriegelte das Auto.

Ich wollte nach Hause, mich aufs Sofa legen und Felix zuhören. Der hatte bestimmt einiges über Augsburg zu erzählen.

Das hatte er auch wirklich. Kaum saßen wir im Auto, fing er auch schon an zu plappern. Ich musste daraufhin einfach nur grinsen.

"Warum grinst du so blöd?", kam es sofort von ihm.

"Ich freue mich einfach nur, dass es dir in Augsburg gefällt und du glücklich bist", antwortete ich ihm.

"Augsburg war die richtige Entscheidung", versicherte er mir, "aber was ist mit dir? Bist du glücklich?"

Was sollte ich auf diese Frage antworten? Warum stellte mein kleiner Bruder mir überhaupt schon solche Fragen?

"Ach Felix, es ist kompliziert. Aber ja, ich bin den Umständen entsprechend glücklich. Ann Kathrin und ich machen das Beste aus der Situation", antwortete ich.

"Ann Kathrin und du", brummte er.

"Ja Felix, Ann Kathrin und ich. Ich weiß, du magst sie nicht sonderlich, aber ich vertraue ihr. Sie opfert ihr eigenes Glück um mir eine Deckung zu geben und ist mir eine Freundin und Vertraute. Das ist mehr als ich mir erhoffen durfte", belehrte ich ihn.

"Und was ist mit Marco? Könnte er als Alpha dir nicht besser helfen als eine Beta?", bohrte Felix nach.

"Marco würde meine Situation nicht verstehen und nicht gutheißen. Es ist besser, dass er nichts weiß", wiegelte ich ab.

"Aber er ist dein bester Freund", protestierte Felix.

"Misch dich einfach nicht in Dinge ein, die du nicht verstehst", fuhr ich meinen Bruder an und bereute meine Worte eigentlich sofort wieder.

Felix konnte ja nichts dafür, dass Marco ein wunder Punkt bei mir war. Mein schlechtes Gewissen wegen meinen Lügen war sowieso schon riesig, aber Marco hatte mir bei unserem Serienabend wieder verdeutlicht, dass ich ihn niemals einweihen durfte.

"Felix-", setzte ich zu einer Entschuldigung an.

"Lass gut sein Mario", blockte er ab und schaute aus dem Fenster.

Ich seufzte, versuchte aber wirklich nicht nochmal mit ihm zu sprechen. Es hätte wenig Sinn. Mein Bruder konnte genauso ein Sturkopf sein wie ich. Schweigend fuhr ich uns also den restlichen Weg heim, wo Felix auch gleich ins Gästezimmer abrauschte.

Ann Kathrin, die das Ganze beobachtet hatte, schaute mich mit hochgezogener Augenbraue an.

"Kleine Meinungsverschiedenheit über Marco", erklärte ich und seufzte.

"Er wird sich wieder beruhigen", versicherte sie mir und ich nickte.

"Das wird er wohl. Vielleicht hilft es ja auch, wenn ich ihm sein Lieblingsessen koche."

"Das ist eine gute Idee", entgegnete sie und lächelte mich aufmunternd an.

Mit diesem Entschluss begann ich auch bald in der Küche rumzuwerkeln. Ann Kathrin hatte es sich währenddessen am Küchentisch bequem gemacht und las irgendwas auf ihrem iPad.

"Das riecht lecker", erklang nach einer Weile Felix’ Stimme und mein kleiner Bruder betrat mit einem unsicheren Blick zu mir die Küche.

"Ich mache dein Lieblingsessen als Entschuldigung für vorhin. Ich hätte dich nicht so anfahren dürfen", erklärte ich schuldbewusst.

"Mir tut es auch leid. Es ist dein Leben, dass an dem Geheimnis hängt. Da sollte ich mich nicht einmischen", entschuldigte sich auch Felix.

"Ist schon okay. Vergessen wir es einfach", meinte ich und erntete ein erleichterte Lächeln von Felix. Leider wurde die Situation durch das Klingeln meines Handys durchbrochen.

Etwas überrascht nahm ich den Anruf an. Was wollte Marco denn von mir?

"Mario? Kannst du mich bitte abholen. Mir tut mein Knie weh", bat er mich.

"Ja klar, kann ich machen. Was ist denn passiert und wo bist du?", fragte ich sofort nach.

"Ich war laufen. Hab mich mit Scarlett wieder gestritten und wollte Dampf ablassen und- ach scheiße! Irgendwie bin ich eben gestolpert. Meinem Knie hat das nach dem Spiel nicht wirklich gefallen und jetzt komm ich hier nicht weg", erklärte mir Marco.

"Ich fahre gleich los und hole dich. Schick mir einfach deinen Standort", bestimmte ich.

"Danke Sunny", bedankte er sich und mit einem "für dich doch immer", legte ich auf.

"Ich muss Marco abholen. Der war noch laufen und hat sich am Knie verletzt", erklärte ich auf Ann Kathrins und Felix’ fragenden Blick.

"Dann fahr mal los. Wir hüten hier das Abendessen", meinte Felix und schaute mich unschuldig an.

Vermutlich würde ich also nicht mehr viel zu essen bekommen, wenn ich wieder hier wäre. Aber das war mir gerade auch egal.

Schnell schnappte ich mir Handy und Autoschlüssel und machte mich auf den Weg zu Marco. Hoffentlich war dem nichts schlimmeres passiert und das Knie war nicht ernsthaft verletzt. Er war gerade in so guter Form und wollte doch morgen zur Natio.

Zügig lenkte ich mein Auto durch die Straßen bis zu Marcos Standort. Dort stoppte ich den Wagen und blickte mich suchend um. Irgendwo hier müsste er sein. Dann entdeckte ich eine Gestalt, die auf dem Boden saß und sich ihr Knie hielt. Sofort stieg ich aus und eilte auf ihn zu.

"Hey Mario", begrüßte er mich mit einem schiefen Lächeln.

"Oh Marco, was machst du nur", erwiderte ich und schüttelte den Kopf.

"Keine Ahnung", antwortete er mir nur.

"Dann bring ich dich mal heim", seufzte ich und wollte ihm aufhelfen.

"Nein. Ich will nicht heim zu Scarlett. Kann ich nicht mit zu dir?", fragte er mich und schaute mich bittend an.

"Na schön, dann also zu mir", gab ich nach und hoffte, dass ich es nicht bereuen würde.

Sleepless DreamerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt