Kapitel 83

1.7K 69 6
                                        

Ich zögerte. Sollte ich in die Kabine gehen oder sollte ich hier warten? Irgendwann würde Marco sich sicher Gedanken und Sorgen machen und nachschauen kommen. Andererseits, wollte ich mir wirklich diese Schmach wie ein kleines Kind abgeholt werden zu müssen wirklich geben? Wäre das im Endeffekt nicht noch schlimmer und peinlicher, als wenn ich einfach selbstständig in die Kabine ging?

Ich verfluchte Marco innerlich, dass er einfach ohne mich reingegangen war. Ich würde versuchen ihm das irgendwie noch heimzuzahlen, aber jetzt für den Augenblick beschloss ich, dass ich auf jeden Fall nicht auf ihn warten würde. Ich würde alleine rein gehen. Die Sache musste für mich nicht noch größer werden als es von der Hitze eh schon war. Ich nahm so all meinen Mut zusammen und griff schließlich nach der Türklinke.

Vorsichtig betrat ich die Kabine und schaute mich unsicher um. Allerdings gab es kaum eine Reaktion. Alles war normal und wie immer. Keiner nahm eine besondere Notiz von mir, kein Getuschel hinter meinem Rücken, nichts. Ab und an schenkte mir jemand ein freundliches Nicken, aber das war es auch.

Vorsichtig und noch immer etwas unsicher schlich ich mehr oder weniger zu meinem Platz. Dort angekommen, stellte ich meine Tasche ab und Marco wandte sich mir zu.

"Siehst du, ich hab dir doch gesagt, dass niemand blöd reagieren wird", meinte er und lächelte mich aufmunternd an.

"Du hattest recht", gab ich zu und es fiel mir um ehrlich zu sein gar nicht mehr so schwer es zuzugeben. Im Gegenteil, ich tat es mit einem kleinen Lächeln.

"Na also. Und jetzt kannst du dich in aller Ruhe umziehen", meinte Marco, der selbst schon oberkörperfrei dastand und sich nun seiner Kleidung zuwandte.

Ich, allerdings, zögerte. Es war eine Sache, dass sie nichts gesagt hatten, aber mich in ihrer Mitte umziehen? Vielleicht sollte ich lieber auf die Toilette gehen und mich dort umziehen. Sicher war sicher und ich müsste mich auch nicht schämen. Ich wollte nicht, dass sie meinen Körper anschauen konnten, einen Körper, der vor ihnen in Hitze gegangen war und mich bloßgestellt hatte. Schnell schnappte ich mir also mein Trainingszeug, presste es an meine Brust und verschwand auf die Toilette. Marco hatte gegen diesen Plan allerdings etwas einzuwenden und hielt mich auf.

"Wo willst du denn hin?", fragte er verwirrt, aber zu meiner Erleichterung wenigstens so leise, dass niemand es mitbekam.

"Auf die Toilette, mich umziehen", gab ich murmelnd zu.

"Aber warum denn?", fragte er irritiert weiter.

"Ich kann mich hier nicht umziehen Marco", stammelte ich fast flehentlich.

"Natürlich kannst du das. Keiner hier wird blöd schauen oder irgendetwas sagen. Es wird sich keiner darüber lustig machen oder Dergleichen. Es ist alles so wie immer Mario. Es hat sich nichts verändert und du musst dich für deinen Körper auch nicht schämen", redete Marco mir zu.

"ich-", setzte ich an und drückte mir die Klamotten noch fester an die Brust.

"Zieh dich doch einfach hier um und wenn irgendjemand etwas sagt, dann werde ich dich nicht mehr aufhalten", bat Marco mich und ich gab mich geschlagen.

Dann würde ich mich jetzt halt doch hier umziehen.

"Na gut", seufzte ich und legte die ganzen Sachen wieder auf meinen Platz.

Trotzalledem blieb das Unwohlsein bestehen und ich begann mich daraufhin in sehr schnellen Bewegungen umzuziehen. Ich war letztendlich sogar schneller als Marco, der eigentlich vor mir angefangen hatte. So setzte ich mich noch einen Augenblick auf meinen Platz und wartete auf ihn.

"Es ist schön, dass du wieder da bist", erklang auf einmal Schmelles Stimme und kurz darauf ließ er sich auch neben mich auf die Bank fallen.

"Danke Schmelle", antwortete ich nur und versuchte zu lächeln.

Ich wusste nicht, wie ich mit der Situation umgehen sollte. Würde da jetzt noch was anderes kommen oder würde er es bei diesen Worten belassen?

"Wie gehts dir denn so? Ich hab gehört ihr wart in München bei Joshua. Wie wars bei ihm und wie geht's ihm?", stellte Marcel nach kurzer Zeit mehrere Fragen und versuchte so das Gespräch am Laufen zu halten.

"Ich bin eigentlich ganz glücklich. Das mit Marco und mir passt und ich bin froh, dass ich ihn habe. Ich bin wirklich dankbar, dass ich nicht wie Joshua in einem Zentrum fest sitze. Er kommt aber am Wochenende zum Spiel. Es hat etwas Überzeugungskraft gebraucht, aber sie haben ihm letztendlich erlaubt, dass er mal raus aus diesem Gefängnis darf", erzählte ich Marcel die Kurzfassung.

"Geht ihr dann zusammen ins Stadion?", fragte er ehrlich interessiert weiter.

"Ja. Wir schauen euch von der Tribüne zu, wie ihr hoffentlich gewinnt", meinte ich und grinste leicht.

"Na davon geh ich doch mal stark aus. Aber mit eurer Unterstützung kann ja nichts schief gehen", lächelte Schmelle und ich lächelte zurück.

"Aber jetzt sag mal, ich hab da von Mats was von einem süßen Paar in seinem Gästezimmer gehört...", deutete Schmelle an und beobachtete meine Reaktion genau.

Ich biss mir auf die Unterlippe. Natürlich, ich hatte Schmelle die Wahrheit gesagt gehabt über meine und Marcos Beziehung, als diese nicht existierte. Da kamen die Infos von Mats natürlich überraschend.

"München kann manche Erkenntnisse bringen und manche Lügen können Wahrheit werden", gab ich durch die Blume zu und Marcel verstand.

"Dann gratuliere ich mal und wünsche alles Gute", lächelte Schmelle.

"Danke", bedankte ich mich und schaute glücklich zu Marco rüber.

Ich bedauerte mit keiner einzigen Zelle meines Körpers was in München geschehen war.

Marco hatte sich bis jetzt still zurückgehalten, aber nun wo unsere Unterhaltung vorbei schien, wandte er sich uns zu.

"Ich wär dann soweit fertig. Wollen wir raus zum Training?", fragte er und Marcel und ich stimmten zu.

Gemeinsam verließen wir so also noch mit Jule im Gepäck die Umkleide und machten uns auf den Platz um das heutige Training zu absolvieren.

Sleepless DreamerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt