Marco hatte sich in sein Schlafzimmer zurückgezogen und das Gästezimmer, in welchem ich hätte Zuflucht finden können, war ja jetzt von Scarlett besetzt.
Somit saß ich alleine im Wohnzimmer und schaute auf die zerbrochenen Gläser auf dem Boden, die kaputten Bilderrahmen und die zerstörte Vase auf dem Boden, die durch die vorherige Auseinandersetzung der beiden entstanden waren. Alles Zeugen von Marcos und Scarletts Streit und dem Ende ihrer Beziehung.
Seufzend stand ich vom Sofa auf. Ich konnte hier sitzen und grübeln, oder mich wenigstens etwas nützlich machen und hier aufräumen.
Schnell holte ich das Kehrblech, dass Marco unter seiner Spüle im Schrank in der Küche hatte und begann als erstes die Gläser und die Vase aufzukehren. Als nächstes machte ich mich dann an die Bilder. Die meisten zeigen Marco und Scarlett im Urlaub. Ich beschloss die Bilder aus den kaputten Rahmen zu lösen. Vielleicht würde Marco sie sich irgendwann noch einmal ansehen oder aufhängen wollen.
"Das hättest du nicht machen müssen", erklang Marcos Stimme gerade als ich fertig war.
Ich zuckte nur mit den Schultern. Ich hatte es weder für ihn, noch für Scarlett getan, sondern für mich. So wie ich in Zukunft wohl versuchen würde immer mehr für mich tun zu können.
"Bist du traurig?", fragte ich ihn, nachdem er sich auf’s Sofa hatte fallen lassen und auf den schwarzen Bildschirm starrte.
"Nicht wirklich. Das ist ja das Schlimme. Ich hab’s wohl die ganze Zeit gewusst. Heute hat’s sich einfach nur noch bestätigt. Es sollte mich wohl traurig machen, dass das mit uns jetzt aus ist, aber nach all dem Theater mit der Schwangerschaft bin ich irgendwie nur noch erleichtert", gestand er mir, "sie hat auch von sich aus gesagt, dass sie morgen nach dem Training weg sein wird und wieder bei ihrer Mutter einzieht."
"Das ist nicht selbstverständlich", murmelte ich und Marco schnaubte.
"Sie will das Ganze auch einfach nur noch hinter sich lassen. Sie hat wohl wirklich bis zum Schluss gedacht, dass es mein Kind wäre. Ich kann ihr nicht mal wirklich böse sein. Es fühlt sich einfach okay an, dass es ist wie es ist", kam es von Marco.
"Sie tut mir trotzdem leid. Sie wird in den Medien bestimmt nicht gut dastehen, wenn eure Trennung bekannt wird und jeder weiß, dass es nicht dein Kind ist", gab ich zu.
Ich wusste wie es war von den Medien fertig gemacht zu werden und das wünschte ich wirklich niemandem.
"Nein, sie wird gut wegkommen und sogar noch wie die selbstlose Retterin dastehen", widersprach mir Marco und ich schaute ihn irritiert an.
"Du vergisst, dass nächste Woche bekannt wird welche Omegas sie gefunden haben und es wird auch bekannt werden, dass du mir gehörst. Scarlett und Ann Kathrin werden als unsere Deckung dastehen und deswegen niemand Scarlett blöd kommen, dass es nicht mein Kind ist", erklärte Marco und ich schluckte.
Ich erinnerte mich. Maier hatte uns ja heute morgen erst mitgeteilt, dass wir um die Bekanntmachung nicht herumkommen würden.
Resigniert schloss ich die Augen, als würde die Realität dadurch weniger real sein, aber das wurde sie nicht. Meine Lüge sollte bekannt werden und ich hasste es jetzt schon. Verhindern konnte ich es jedoch auch nicht mehr und ich war froh, dass wenigstens Ann Kathrin und Scarlett gut wegkommen würden. Es reichte, dass ich Marco mit meinen Lügen schon das Leben nahm.
"Das hab ich wirklich vergessen", murmelte ich tonlos und hatte mit einem Mal auch wirklich kein Interesse mehr, mit Marco zu reden.
"Das wird schon werden Mario", versicherte er mir und legte eine Hand auf meine Schulter.
"Das sagst du so einfach. Dein Leben ist damit ja auch nicht vorbei", murmelte ich und zog die Knie an die Brust um meinen Kopf darauf abzulegen.
"Ach Mario. Dein Leben ist auch nicht vorbei. Es wird anders, aber es ist nicht vorbei. Du musst der Sache nur eine Chance geben", redete Marco auf mich ein, aber ich brummte nur, "für mich ist es doch auch nicht einfach. In den Sekunden, in denen ich beschlossen hab einzugreifen, hat sich auch mein Leben verändert. Ich hab uns beide in eine Beziehung gestürzt, was bedeutet, dass du in Zukunft meine Familie sein wirst. Ich bin deswegen eher erleichtert, dass das mit dem Baby für uns kein Problem sein wird, weil ich dich auch nicht ins Messer laufen lassen will. Ich will die Verantwortung, die ich für dich übernehmen muss, auch wirklich übernehmen. Egal, was das für mein weiteres Leben bedeutet. Aber im Gegensatz zu dir gebe ich dem ganzen eine Chance. Wir sind oder waren zumindest beste Freunde. Jetzt werden wir zusammen unter einem Dach leben. Gib dem eine Chance."
"Alles was ich wollte und wovon ich geträumt habe, ist aus und vorbei. Ich kann kein Fußball mehr spielen und nicht mehr selbst über mein Leben entscheiden", hauchte ich.
"Dann bastle dir neue Träume zusammen und wir werden versuchen, dass sie wahr werden. Außerdem kannst du immer noch mit zum Training. Ich möchte, dass es dir gut geht. Ich will dir dein Leben so angenehm wie möglich machen", appellierte Marco an mich.
"So wie heute etwa?", fragte ich bitter, "danke, aber wenn ich nicht mit anderen reden darf, weil ich dann nicht kooperativ genug bin, dann kann ich auf’s Training auch verzichten. So macht es keinen Spaß und ich will den Fußball für mich nicht negativ in Erinnerung behalten."
"Das heute war ziemlich scheiße von mir", gab er zu und ich nickte, "ich hab nur einfach Angst nicht Alpha-mäßig genug zu sein und dass die ganze Sache dann auffliegt."
"Wenn du dich einfach wie immer benimmst, wird das niemand denken. Immerhin hast du mich in ihren Augen ja schon lange spielen lassen und warst nicht so besitzergreifend und eifersüchtig", gab ich zu bedenken, konnte es ihm aber nicht ganz verübeln, denn seine Hintergedanken waren schon begründet.
"Ich werd es versuchen, okay? Aber im Gegenzug musst du auch was tun. Du musst versuchen dir neue Ziele zu setzen und nicht den alten hinterher trauern, ja?", bat mich Marco.
"Okay, ich werd’s versuchen", stimmte ich zu.
"Gut, dann lass uns gleich morgen wieder zusammen zum Training gehen und danach deine Sachen bei Ann Kathrin holen, damit du dich hier einrichten kannst", schloss Marco unser Gespräch, das unterm Strich jetzt eigentlich gar nicht so schlecht gelaufen war.
Er war inzwischen aufgestanden und zur Tür gegangen.
"Hast du Lust mir beim Kochen zu helfen?", fragte er und mit einem "ja", stand ich auf und ging ihm nach.
Wir machten schließlich einfach alles wieder so, wie wir es in unserer Freundschaft schon immer gemacht hatten. Das fiel mir sogar erstaunlich leicht und ich musste feststellen, dass es doch noch immer Spaß machte mit Marco zu kochen.
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Sleepless Dreamer
Fiksi PenggemarAuch in einer Gesellschaft in der es Alphas und Omegas gibt, Anführer und Unterwürfige hat dennoch jeder Mensch seine Träume. Manche sind erreichbarer als andere und manche Träume platzen wie eine Seifenblase. Diese Erfahrung musste auch Mario mache...