1. Ich geh nicht mit dir aus!

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"Wo verdammt bist du mit deinen Gedanken?" Brüllte Pepe mich an und riss mich am Arm zurück in Position. "Reiße dich zusammen!" Fauchte er mich an und holte mich zurück aus meiner Traumwelt. "Noch mal von vorne!" Grunzte er und zog mich enger an sich. Es war schon vollkommen normal für mich Pepe körperlich so nah zu kommen, dass es mir schon nicht mehr auffiel. "Eins und zwei!" Fing er an zu zählen. Ganz automatisch nahm ich den Kopf nach oben, mein Körper spannte sich an und wir begannen zu tanzen. Seine Hände hielten die meinen und meine Füße setzten sich in Bewegung. Links, links, rechts, Drehung, Links hoch, weg ducken, immer wieder schauen was mein Gegenüber machte. Der hübsche Mann packte mich am Oberschenkel und hob mich hoch. "Spannung, Bo!" Fauchte Pepe mich an und wirbelte mich nach oben. Ich hatte das Gefühl das Gleichgewicht zu verlieren, meine Körperspannung fiel in sich zusammen und ich stürzte auf den Boden. "Oh Gott, Bo!" Pepe kam zu mir gestürzt. "Hast du dir weh getan?" "Meine Hüfte!" Heulte ich und kugelte mich auf die Seite. "Das ist nur, weil du so unkonzentriert bist!" Beschwerte er sich immer noch bei mir. Ich schob ein Stück meine Hose von meinem Schenkel. Auf meiner Hüfte zeichnete sich schon wieder eine rote Stelle ab. In ein paar Stunden würde sie blau werden. "Ich glaube für heute sollten wir Schluss machen!" Sagte er einen Hauch frustriert. "Es tut mir leid, Pepe!" Entschuldigte ich mich und der hübsche Spanier blickte mich mit seinen großen braunen Augen an. "Du bist ein hoffnungsloser Fall!" Lächelte er mich liebevoll an. Ich richtete mich auf. Pepe und ich trainierten zur Zeit sechs Mal die Woche und das alles für die Vorbereitung für seine komische Tanzshow. Für mich war es nur ein Job um mich weiter in Form zu bringen. Als Tänzer wollte ich nur eins, irgendwann in einem Musikvideo von Justin Timberlake oder sonst wem die Hauptrolle spielen. Bisher hatte das leider nicht geklappt. Doch Pepe war ein ausgezeichneter Lehrer und schaffte es mich auf die nächste Ebene zu heben. "Morgen selbe Zeit?" Fragte er mich. "Ja klar!" Brummte ich und rieb mir die Hüfte. Diese schmerzte immer noch und ich würde sie auch noch in drei Tagen merken. Ich strich mir die langen blonden Haare aus dem Gesicht und stand auf. Mir tat alles weh. Ich sammelte meine Sachen vom Boden. "Hey Majorlein?" Rief Pepe mir nach. Zur Erklärung sollte ich sagen, das ich eigentlich Majorlein hieß. Doch meinen holländischen Namen konnte so gut wie keiner richtig aussprechen. Also nannten mich alle Bo, denn es nervte einfach nur meinen Namen jedem ein duzend Mal zu erklären und mich hinterher Mayo nennen zu lassen, denn darauf hatte ich absolut keine Lust. Es war das erste Mal seit einer Ewigkeit, dass er mich bei meinem richtigen Vornamen nannte. "So schlimm wie du denkst, war es gar nicht!" Ich verdrehte die Augen und wir nahmen uns in den Arm. Pepe war deutlich älter wie ich. Er war zehn Jahre älter und hatte überall auf der Welt getanzt. Von Las Vegas, New York, London bis hin nach Hamburg. Das er hier bei mir in Köln war, war quasi ein Wunder und als das Angebot nach meinem Uniabschluss kam, hatte ich nicht abgelehnt. Bereits seit sechs Monaten trainierten wir zusammen und es war nicht mehr lange bis zum Start der Tanzshow. Warum ich mich für den Spanier entschieden hatte? Pepe schaffte es, das ich eine bessere Tänzerin wurde und trotzdem ging ich mehr als frustriert aus der Stunde mit ihm. Ich riss die Tür auf und stapfte den Flur hinunter und machte mich auf den Weg zur Arbeit. Neben meinem Tanzunterricht arbeitete ich in einer kleinen Bar mitten in Köln. Denn Geld war Mangelware und die Rheinische Metropole war unglaublich teuer. Zudem ich immer noch so oft ich konnte nach Amsterdam, also nach Hause, fuhr. Zwar verdiente ich ein paar Mark als Tanzpartnerin des neuen Jurors dieser komischen Fernsehserie, aber als Tänzer war man eigentlich immer chronisch unterbezahlt. Also hetzte ich ins Little Link zu meinem Job. Mit der Straßenbahn waren es nur fünf Stationen und ich brauchte keine viertel Stunde. In dem kleinen Szeneladen herrschte bereits reges Treiben. Erleichtert blickte mich Chris an, als ich den Laden betrat. Ihm gehörte der Laden und wir teilten uns oft eine Schicht. "Du bist spät!" Sagte er und lächelte herzlich. "Bin ja jetzt da!" Schnaubte ich, wohlwissend, dass ich viel zu spät war. "Oh wie schön, hat Pepe dich wieder gequält?" Grinste er und klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. "Hat er!" Brummte ich und brachte meine Tasche nach hinten in mein Schließfach, ehe ich mir die Schürze umband und hinter die Theke ging. Ich kannte zwei bekannte Gesichter, die mich gleich begrüßten. "Hey Bo!" "Schon wieder du?" Lächelte ich den hübschen jungen Mann gegenüber vom Tresen an. Ich wusste nicht viel über ihn, nur das er viel Geld verdiente. Er kam regelmäßig mit seinem Audi R8 vorgefahren und traf sich mit irgendwelchen Geschäftsmänner. Mich interessierte nicht wirklich was er machte, für mich war er einfach nur ein Kunde. Allerdings war er in letzter Zeit so häufig im Little Link, das ich mir schon denken konnte, das er nur wegen mir so oft kam. "Du bist spät!" Lächelte er mich mit seinen großen Augen an. Er wirkte unglaublich jung und ja ich gab es zu, ich mochte es wenn Männer, eben Männer waren. Ich schätzte mein Gegenüber etwa genauso alt  ein, wie mich selbst. "Ja das Training hat länger gedauert!" Klimperte ich mit den Augen. "Kann ich dir was bringen?" Fragte ich ihn "Wenn du willst, kannst du mir einen Espresso bringen!" Sagte er und beobachtete jeden meiner Schritte. "Natürlich!" Lächelte ich ihn an. Ich arbeitete nicht sonderlich gern in der Bar, aber es war einfach Arbeit und hielt mich fit. Ich brachte dem hübschen Kerl seinen Espresso und kam langsam in Fahrt. Dann räumte ich die leeren Getränke ab, nahm die nächsten Bestellungen auf und nach einer Zeit waren alle Gäste versorgt, so das ich mich um eine Bestandsaufnahme kümmern konnte. Ich war ziemlich geübt, so das Chris sich langsam nach hinten ins Büro verziehen konnten. Das war der Grund warum er mein Gehalt vor ein paar Wochen deutlich angehoben hatte. "Und meinst du ich kann dich mal zum Essen einladen?" Fragte der Fremde mich. Er war ziemlich groß, sehr schlank, eher sportlich. Sein dunkles Haar saß perfekt und seine Kleidung war ziemlich teuer. Ich versuchte mich an seinen Namen zu erinnern. "Julian nicht wahr?" Er nickte, doch er war schon gekränkt, dass ich mir nicht einmal seinen Namen merken konnte. "Ich bin nur ein paar Monate hier, ich bringe Männern nur Kummer und eigentlich magst du nur die Vorstellung von mir!" Sagte ich ihm eiskalt ins Gesicht. "Bo du bist charmant wie immer!" Sagte Julian kopfschüttelnd. "Ich geh nicht mit dir aus, Julian. Tut mir leid!" Brummte ich und verzog mich an die Kaffeemaschine. Doch natürlich bemerkte ich seinen Blick auf meiner Haut. Ich machte mir einen Kaffee und verzog mich um weiter zu arbeiten. Julian würde niemals aufgeben, denn es war sein mindestens vierter Versuch bei mir zu landen. Er würde die Woche wieder kommen und es ein fünftes Mal probieren...

Dance // Marco ReusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt