73. Tanzverbot

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Majorleins Sicht

Ich schaute Marius an, der junge Arzt war mir die letzten Tage eine große Stütze gewesen. Die OP war zwar planmäßig gelaufen, aber die Genesung würde lange dauern und selbst dann konnte man mir nicht versprechen, dass es je wieder auf dem Niveau wieder tanzen konnte. Alleine für die Reha prognostizierte mir der Arzt etwa zwölf bis achtzehn Monate. Es war ein niederschmetterndes Resultat, aber mir war auch klar, dass ich es versuchen wollte wieder so tanzen zu können. Ich liebte das Tanzen, es war alles für mich, es war pure Emotion die mir halfen, mein Leben in geregelte Bahnen zu halten. Auch wenn dieser Platz in meinem Herzen mittlerweile eine große Konkurrenz bekommen hatte. Ich konnte es kaum noch abwarten München endlich zu verlassen und zurück nach Dortmund zu fahren. Gott sei Dank lief das Little Link auch ohne mich, mittlerweile war der Laden immer noch angesagt und war ständig ausgebucht. Dennoch wollte ich so oder so nur noch eins: Ich vermisste Marco so unglaublich, dass ich es kaum noch abwarten konnte ihn wieder zu sehen. Gerade war er mit seiner Mannschaft in London. Es ging um die Champions League und ich wusste wie wichtig es Marco war, also hielt ich mich zurück damit er sich auf seinen Sport konzentrieren konnte. Natürlich hätte ich es gerne gehabt, wenn der junge Dortmunder jetzt hier bei mir war, aber so war es eben nicht und ich war alt genug um da alleine durch zu müssen. Der junge Arzt erklärte mir die letzten Schritte und vereinbarte mit mir die nächsten Termine. Am nächsten Morgen machte ich mich mit dem Zug, zurück auf den Weg nach Dortmund. Es waren etwa fünf Stunden und Zug fahren war eine gute Alternative, denn Auto fahren konnte ich mit dem Knie nicht und fliegen war bei der Schwellung durch die OP eher Kontraproduktiv für die Heilung. Also fuhr ich mal wieder ganz normal mit dem Zug. Die Klinik war aber so freundlich gewesen und hatte mir erste Klasse Tickets organisiert. Ich wollte arbeiten, ein paar E-Mails beantworten und ein paar Dinge erledigen. Wirklich dazu etwas zu tun kam ich aber nicht, ich saß am Fenster und schaute stundenlang nach draußen und sah zu wie die Welt an mir vorbei flog. Zudem wurde ich ständig angesprochen, die Leute wussten wer ich war und wollten wissen wie es mir ging. Manchmal wollten sie auch einfach nur ein Foto oder Autogramm. Eins hatten diese Menschen alle gemeinsam. Sie wünschten mir gute Besserung und schnelle Genesung und wünschten mir, dass ich bald wieder tanzen konnte. Ich wollte nicht weinen und ich wollte den Gedanken nicht zu lassen nie wieder tanzen zu können, aber ich wusste auch das ich lernen musste mit der Angst in den nächsten Monaten klar zu kommen. Ich wusste, dass es die größte Herausforderung für mich werden würde, meinen Geist fit und vor allen Dingen geduldig zu halten und die Hoffnung nicht zu verlieren. Morgen Abend würde ich Pepe bei Lets Dance besuchen. Es war das Halbfinale und man hatte mich gebeten zu kommen. Ich wollte nicht schon wieder in die Sendung, aber ich wusste auch, dass es eben dazu gehörte. Als die Durchsage der nächsten Station kam, schlug mein Herz ein wenig schneller. „Nächster Halt: Dortmund Hauptbahnhof, Sie haben Anschluß an den ICE nach Berlin..." Doch ich hörte schon gar nicht mehr weiter zu und sammelte meine Habseligkeiten zusammen und die freundlichen Zugbegleiter halfen mir in Ruhe auszusteigen. Mit Krücken, Handtasche und Koffer war das gar nicht so einfach. „Booooooo!" Kreischte eine kleine Mädchenstimme. Ich schaute mich um, und entdeckte Mia mit einem riesigen Blumenstrauß im Arm. Sie konnte kaum laufen mit dem rosa Blütentraum im Arm. Ich war überrascht sie zu sehen und schaute mich um und entdeckte Marcos Mutter. Manuela kam gut gelaunt auf mich zu und nahm mir sofort den Koffer ab. Mia redete mit ihrer kleinen Mädchenstimme niedlich auf mich ein und erkundete sich nach meinem Knie. Mia ging davon aus, dass ich in der nächsten Woche wieder tanzen würde. „Ihr hättet mich nicht abholen müssen!" Versicherte ich Marcos Mutter, doch Manuela lachte nur. „Das würde ich niemals wagen, mein Sohn würde ansonsten kein Wort mehr mit mir reden wenn ich dich nicht heile nachhause bringe!" Lachte sie herzlich. Zu meiner Überraschung verbrachte ich gerne Zeit mit Marcos Mutter. Manuela war ein sehr herzlicher Mensch und es war fast automatisch sich in ihrer Nähe wohl zu fühlen. „Dann bringen wir dich mal nachhause!" Schlug sie mir vor. Mia rannte mit dem Blumenstrauß das Gleis hinunter und ich humpelte mühsam hinterher. Mir war es fast peinlich wie langsam ich war. Doch Marcos Familie hatte reichlich Geduld mit mir. Mia unterhielt mich und lenkte mich ab und die paar Minuten mit dem Auto zu ihm nachhause vergingen mit Mias Geplapper über Einhörner, lila Glitzer und ihrem neuen Berufswunsch Krankenschwester wie im Flug. Bei Marco zuhause machte Manuela mir erst einmal einen Kaffee und Mia wirbelte durch den Garten. Sie enterte die Schaukel und wirbelte umher. Es war schön, dass kleine Mädchen so zu sehen. Ich setzte mich auf die Terrasse und genoß die Ruhe, während ich Mia beim spielen beobachtete. Manuela setzte sich zu mir und wir redeten ein wenig, als Marcos Nichts aus meinem Blickwinkel verschwand. Es fiel mir nicht sofort auf, aber schnell genug damit nichts passierte. „Mia!" Rief ich ihr hinterher, denn ich wollte nicht dass wir sie nicht sehen konnten. Wenn ihr etwas passierte, war ich zu langsam um ihr zu helfen. Mit den Krücken konnte ich ihr nicht hinterher eilen. Auch Marcos Mutter hatte es bemerkt und Manuela verschwand kurz um nach ihrer Enkeltochter zu schauen. Ich nippte an meinem Kaffee und begann mir gerade Sorgen zu machen, als Marco mit Mia im Arm auftauchte. Mein Herz schlug sofort bis zum Hals. Ich hatte ihn so unglaublich vermisst. Als er mich sah, fing Marco automatisch an zu lächeln. Es war dieses magische, niedliche und schelmische Grinsen, was ich so an ihm mochte. Er setzte Mia ab und kam zu mir hinüber. Ich versuchte aufzustehen, doch durch den ganzen Tag Bewegung und der Zugfahrt hatte ich Schmerzen und ich blieb einfach sitzen. Liebevoll beugte Marco sich zu mir und gab mir einen Kuss auf die Lippen, ehe ich meine Arme um seinen Hals schlang und ihn fest in den Arm nahm. Ungewollt kamen mir die Tränen, denn ich hatte ihn wirklich unglaublich vermisst. Mir war egal ob seine Mutter es mitbekam oder nicht. Ich war froh, dass ich wieder mit ihm vereint war, denn ich hatte ihn einfach nur unglaublich vermisst. „Hey!" Hauchte er mir ins Ohr und streichelte mir sanft über den Rücken. „Schön, dass du wieder hier bist!" Lächelte Marco mich an und küsste mir die Schläfe. „Ihr seit so süß zusammen!" Schwärmte Marcos Mutter und ich wischte mir die Tränen aus den Augenwinkeln. Marco setzte sich zu mir und legte mir seine Hand auf den Rücken, er suchte meine Nähe und ich die seine. Er nahm meine Hand und spielte mit meinen schlanken Fingern, die er dann sanft küsste. Mia lenkte ihren Onkel reichlich ab und forderte seine Aufmerksamkeit. Doch ich wusste, dass ich ihn in ein paar Stunden völlig für mich alleine hatte. Marcos Blick verriet mir, dass auch er andere Dinge im Kopf hatte, doch wir hatten so viel Geduld in den letzten Wochen gehabt das es auf eine Stunde mehr oder weniger ich ankommen würde. Marcos grünbraunen Augen ruhten auf mir und er schenkte mir erneut dieses verliebte Lächeln, dass ich so an ihm mochte. Er hatte mir gesagt, das er mich liebte und ich wollte alles tun um ihm zu glauben...

Dance // Marco ReusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt