46. Dann wollen wir mal zurück in die Realität!

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Majorleins Sicht

Mir stieg der Duft von Kaffee in die Nase und das noch bevor ich die Augen geöffnet hatte. Ich hatte keine Lust aufzustehen, aber für mich war dass ein unschlagbares Argument mich zumindest aufzurichten. Auf Marcos Nachttisch stand eine große Tasse heißer, frischaufgebrühter Kaffee. Sie stand nicht weit entfernt und verströmte einen herrlichen Duft. Ich fühlte mich gleich wohl und die Sonne schien bereits direkt aufs Bett. Noch ein paar Zentimeter und die Sonne hätte meine Nase gekitzelt. Ich war allein im Schlafzimmer und schaute mich vom Bett aus, etwas genauer um. Allerdings gab es nicht wirklich viel zu sehen. Das Zentrum in Marcos Schlafzimmer war das  große King Size Bett mit einem sehr hohem, ledergesteppten Kopfteil und zwei passenden Nachttischen. Auf der gegenüberliegenden Wand hing ein einziges großes Bild. Ein schwarz-weiß Foto eines großen alten Baumes. Mehr gab es nicht zu sehen. Es war ein wenig nüchtern, aber wenn Marco sich wohl fühlte, war das ausreichend genug. Ich fischte nach der Tasse neben mir und nippte genüsslich an dem noch heißen Kaffee. Schließlich raffte ich mich auf und schaute einen Moment aus dem bodentiefen Fenster. Die Sonnenstrahlen zogen mich nach draußen, hinaus in den Garten. Also verließ ich das Schlafzimmer, bog nach links und ging gleich nach draußen. Ein paar Vögel sangen ihre Lieder und die frische, feuchte Luft war äußerst angenehm. Barfuß lief ich über das kurzgeschnittene Gras und schwang mich in die neue Schaukel. Dabei hatte ich immer noch meinen Kaffee in der Hand. Doch einhändig war das gar nicht so einfach und die Schaukel pendelte heftig hin und her. Danach starrte ich gedankenverloren in die Baumkrone. Es war recht still -  nur ein paar Vögel zwitscherten und hüpften von Ast zu Ast. Einen Augenblick genoß ich diesen Moment für mich. „Du weißt schon, dass ich auch ein ziemlich hübsches Haus habe?" Rief Marco mir zu. Ich drehte mich gleich zu ihm in die Richtung. Er stand auf der Terrasse und hatte einen dicken Hoodie an, den er sich fast bis unter die Nase gezogen hatte. Er winkte mir zu, ehe er zu mir hinüber kam. Er sah so aus, als hätte er schon trainiert. Langsam kam er zu mir hinüber, seine Hände in der Bauchtasche versteckt und lächelte mich liebevoll an. „Hast du gut geschlafen?" Fragte er mich und schenkte mir dieses niedliche, schüchterne Lächeln. Er hob nicht einmal wirklich die Mundwinkel, dennoch lächelte sein ganzes Gesicht. Ich sah ihn gerne so, dann hatte ich das Gefühl das er mit seinen Gedanken nur bei mir war. „Hast du nicht kalt?" Fragte er mich. Ich schüttelte den Kopf. „Ich habe Kaffee!" Gab ich zu, zeigte ihm stolz meine Tasse, während er sich neben mich setzte. „Wann musst du los?" Fragte er mich und legte seine Hand einen kurzen Augenblick auf die meine „Ich weiß nicht einmal wie viel Uhr wir haben." Lächelte ich ihn an und fuhr fort. „Ich habe geschlafen wie ein Stein!" Gab ich zu und lehnte einen Augenblick meine Stirn gegen seinen Oberarm. Er war ganz warm, fast verschwitzt. „Hast du schon trainiert?" Fragte ich ihn überrascht. „Ja ich war schon laufen." Sagte er amüsiert. „Ich laufe oft morgens ein paar Kilometer!" Fuhr er fort und strich sich sanft durch sein blondes Haar. „Nimm mich mal mit!" Sagte ich zu ihm und legte kurz meine Hand auf seinen Rücken. Ich nippte an meinem Kaffee und himmelte ihn einen Augenblick gedankenverloren an. Seinen Drei-Tage-Bart, sein etwas schiefe Nase, seine niedlichen Wangengrübchen und seine hübschen Augen. Ich hätte mich im Moment stundenlang an ihm satt sehen können, auch wenn ich es niemals zugeben würde. Er roch angenehm und vertraut. Wir sagten nichts, aber nach dem Kuss gestern musste ich das vielleicht auch nicht. Der Kuss hatte mehr gesagt als tausend Worte es je tun würde. Ich mochte ihn und ich hoffte inständig das er das wusste. Ich hoffte, dass er das niemals gegen mich verwenden würde. Das Marco älter war wie ich, interessierte mich nicht einmal sonderlich. Er mochte mich dafür das ich ich war und das bedeutete mir viel mehr. Es war immer noch frisch an diesem Morgen und langsam wurde mir kalt. „Schweigen wir über die letzte Nacht?" Fragte er mich einen Hauch schüchtern. Dabei wusste ich wieviel Kraft es ihn gekostet hatte, mich das zu fragen. Ich lächelte ihn liebevoll an. „Nein warum sollten wir schweigen?" Fragte ich ihn. „Ich weiß nicht, ich bin einfach ein wenig durcheinander!" Lächelte er zuckersüß. „Durcheinander?" Fragte ich ihn und zog ihn dabei auf. Er schwieg. „Man egal was ich sage du verstehst es eh falsch." Lachte er schließlich. „Entspann dich, mir geht es gut!" Versicherte ich ihm und schmiegte mich noch ein wenig enger an ihn. Ich hatte immer noch meine Hand auf seinem Rücken liegen. „Ich muss gleich los!" Sagte er mir und streichelte mir einmal sanft über den Rücken. „Training?" Er nickte noch bevor ich richtig antworten konnte. „Dann wollen wir mal zurück in die Realität!" Sagte ich ihm. Er schmunzelte und stupste mich an. Ich verlor fast das Gleichgewicht und Marco fing an zu lachen. „Wenn du willst komm doch mit, danach fahr ich dich nach Köln!" Schlug er mir wie selbstverständlich vor. „Ich soll dich zum Training begleiten?" Fragte ich einen Hauch panisch. „Nun du hast mich noch nie spielen gesehen." Ich überlegte einen Moment, ob mir ein Argument einfiel es ausfallen zu lassen. Doch leider war ich an diesem Morgen ziemlich verwirrt und mir fiel kein Gegenargument ein, warum ich ihn nicht begleiten sollte. „Ich kann auch mit dem Zug fahren!" Trällerte ich. „Ich wäre dafür, dass wir endlich mal das mit dem Fahren angehen!" Lächelte er. "Ich kann fahren, halt nur auf der falschen Seite!" Lachte ich. "Naja auf der falschen Seite bedeutet ja; dass du dir sicher bist das wir hier auf der falschen Seite fahren!" Lachte Marco. "Du weißt schon wie ich das meine, wenn du fahren könntest, könnten wir uns noch häufiger sehen!" Lächelte er mich liebevoll an. Mein Herz schlug bis zum Hals, was sagte er da nur? Wollte er mich wirklich häufiger sehen, oder war das alles nur ein Spiel für ihn? Wie ich meine Unsicherheit nur hasste. „Willst du das denn überhaupt?" Lachte ich ihn freundlich an. Marco verdrehte niedlich die Augen. „Wenn du weiter so frech bist, muss ich dich glaube ich übers Knie legen!" Beschwerte er sich bei mir, beugte sich zu mir und drückte mir einen zärtlichen Kuss auf die vollen Lippen. Es war nur der Bruchteil einer Sekunde aber die Geste zählte. Bevor mir die Röte ins Gesicht steigen konnte, gähnte ich entspannt und wir gingen ins Haus, um uns fertig zu machen. Ich haderte einen Augenblick mit mir. Ich und Fußball, ich würde ich mich bestimmt schrecklich langweilen. Was sollte ich denn beim Training? Da waren bestimmt auch die anderen, Christian, Roman, Julian. Waren da überhaupt die Freundinnen erlaubt? Freundinnen? Was dachte ich da denn nur? Ich meine Begleitungen. Ich schüttelte unmerklich den Kopf und sah wie Marco sich sein Sweatshirt über den Kopf zog. Er trug ein tiefausgeschnittenes Shirt darunter und entblösste ein paar seiner Tattoos. Der Löwenkopf starrte mich kampfeslustig an, war das richtig was ich hier tat? Wollte Marco das überhaupt mit mir? Als könnte er Gedanken lesen, kam er zurück zu mir, lehnte sich in den Türrahmen und schaute mir in die Augen. "„Wenn du nicht willst, dann verstehe ich das." Sagte er ganz ruhig und verständnisvoll. Ich schüttelte den Kopf. „Ich will dich spielen sehen, also komm ich mit!" Sagte ich zu ihm. Er grinste einmal im Kreis und verschwand schließlich im Badezimmer. Worauf hatte ich mich denn da nur eingelassen?

Dance // Marco ReusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt