81. Glitzer-Shopping

512 48 1
                                    

Bos Sicht

Ich war spät dran und gingen schnellen Schrittes die Schillergasse hinunter. Hier waren Evgeny und ich zum Shoppen verabredet. Wir suchten uns heute unser erstes gemeinsames Tanzoutfit aus. Ich war froh, das Evgeny Zeit für mich hatte, denn er tanzte gerade mitten in der neuen Lets Dance Staffel und hatte viel zu tun. Wir schafften es dennoch und trainierten drei Mal die Woche zusammen und so langsam machte sich das Training bezahlt. Mein Knie tat kaum noch weh, ab und zu nach sehr hoher Belastung hatte ich Probleme, aber das war auch seltener geworden. Marco war immer noch nicht sonderlich begeistert davon, dass ich mit dem jungen Russen tanzte, doch auch er hatte sich langsam nun ja sagen wir ein wenig mehr dran gewöhnt. Zu meiner Überraschung war Evgeny nicht allein. Chantal, meine Maskenbildnerin war bei ihm. „Oh Nein!" Quickte ich freudig. „Oh da ist sie ja!" Lachte Chantal und sprang mir in die Arme. „Kommst du Freitag?" Überfiel sie mich. „Warum?" Fragte ich irritiert. „Evgeny anfeuern!" Somit war auch klar, dass sie Lets Dance meinte. „Jetzt lass sie erst Mal ankommen!" Lachte mein Tanzpartner und küsste mich kurz auf die Wange. „Wie geht es dir?" Fragte er mich und legte seine Hand auf meine Schulter. „Mir geht es gut!" Versicherte ich ihm. „Hast du Marco nicht mitgebracht?" Zog er mich auf. „Er ist unterwegs!" Gab ich zu, denn Marco war mitten in den Trainingsvorbereitungen für die Weltmeisterschaft und hatte noch mehr um die Ohren wie ich. „Dann erst Recht ein Grund am Freitag vorbei zu kommen!" Lachte Chantal. „Am Ende muss ich noch mit Evgeny tanzen!" Lachte ich und stupste meinen Tanzpartner frech gegen die Brust. „Ich weiß, wie wenig Zeit du hast! Danke das du mitgekommen bist." Lächelte ich ihn an. „Halt einfach die Klappe, ich bin hier!" Lachte er und nahm mich freundschaftlich in den Arm. Wir betraten den Laden und befanden uns in einer glitzernden Höhle voller Strass-Steine und Glitzer. „Oh Gott es ist ein Einhornwohnheim!" Kreischte Chantal und verschwand zwischen den Stoffen, Kleidern, Accessorices und Schuhen. „Also worauf hast du Lust?" Fragte Evgeny mich und lehnte sich gegen einen Türrahmen. „Was meinst du?" Fragte ich ihn etwas unsicher. Mein letzter Turniertanz war schon ein paar Jahre her und die letzten Male hatte Personal meine Sachen ausgesucht. „Nun du wirst doch wissen, was für Kleider du haben willst!" Sagte er. „Was möchtest du denn?" „Du bist die Frau, such dir aus, ich passe mich an..." „Ja ich brauche drei oder vier für Latein und das gleiche für Standard!" „Du brauchst das hier!" Kreischte Chantal aufgedreht und zog ein Traum aus blauen Stofffetzen hervor. „Geh dich nackt machen!" Lachte Evgeny und stöberte nun selbst durch die Regale. „Kann ich nicht zuerst selbst gucken?" Brummte ich. „Ich hätte gern, wenn du was Rotes anhättest!" Sagte Evgeny zu mir und zeigte mir eins. „Rot?" Fragte ich irritiert. „Ja beim Tango unbedingt Rot!" Baute Evgeny mein Selbstbewusstsein auf. „Ich dachte an einen schwarzen Einteiler!" Gab ich murmelnd zu. „Du - Kleid.... in Rot!" Lachte er, wie ein Neandertaler. Ich schaute ihn an. „Rot also?" Fragte ich verunsichert, mit meinem blonden Haaren hatte ich um Rot gerne einen Bogen gemacht. „Hallo!" Begrüßte uns eine hübsche junge Frau. „Hi!" Sagte Evgeny. „Du bist Bo van Dijk!" Strahlte sie mich an, während ich einfach nur nickte. Als sie Evgeny entdeckte küsste sie ihn auf die Wange. „Schön das ihr zu mir gekommen seit. Kommt mit nach hinten!" Lachte sie und wir folgten ihr in ein deutlich aufgeräumtes Atelier. Auf drei Ständern hingen die aufregendsten Tanzroben, die ich je gesehen hatte. Erst goldene, silberne, blaue, rote, schwarze, bunte. Mein Augenmerk fiel auf ein Kleid, das auf einer Puppe drapiert war. Es war über und über mit langen Fransen bestickt. Die kleinen Perlen glitzerten egal, von welcher Richtung man schaute bei jeder Bewegung. „Oh..." Rutschte es mir fasziniert hinaus. Evgeny beäugte mich aufmerksam. „Was war das denn für ein niedliches Grunzen?" Fragte er mich amüsiert. „Oh man, so etwas habe ich noch nie auf einen Haufen so gesehen!" Sagte ich zu ihm. Während des Studiums hatte mich der Kostümfundus immer am meisten fasziniert und ich hatte Stunden dort verbracht. „Dann fang endlich an etwas anzuprobieren!" Ermutigte er mich. Es war mir fast peinlich, als ich die Verkäuferin verunsichert ansah. „Ich brauche drei, vier Latein, zwei, drei Standard Kleider. Vielleicht mehr." Sagte ich zu ihr. „Oh toll. Ich habe genau die richtigen Kleider für dich. Wollen wir mit Standard anfangen?" „Ja sicher!" Lächelte ich etwas verlegen. „Nenne mich ruhig Bianca! Möchtet ihr was trinken? Champagner?" „Ich nehm ein Wasser!" Lächelte ich sie an. Chantal zog einen Traum aus schwarzen Stickereien hervor. „Uhhh!" Sagte sie und ihre Augen waren weit aufgerissen. Wir Frauen waren merkwürdig wenn es um solche Dinge ging. Pailletten, Strass-Steine, Glitzer machten uns zu kleinen Mädchen, die in ihrer Wahrnehmungen Feen- und Glitzerstaub verströmten und von denen wir magisch angezogen wurden. „Es hat nicht genug Klasse." Mischte sich Evgeny ein. Ich amüsierte mich darüber wie er wild gestikulierte. Wenn Evgeny sprach, sprach immer sein ganzer Körper voller Leidenschaft, während Bianca zurück zu uns kam. „Eine schöne Wahl, aber Bo benötigt etwas Klassischeres!" Erklärte sie mir. „Sage ich doch!" Mischte sich Evgeny ein, das konnte ja was geben, ich war jetzt schon total überfordert. „Komm dann such du mir eins aus!" Sagte ich zu ihm. Evgeny schaute sich um, während ich an meinem Glas Wasser nippte und versuchte mich nicht weiter ablenken zu lassen.  „Standard?" Fragte Evgeny mich. „Ja fangen wir an mit Walzer!" Lachte Bianca. Evgeny zückte eine gelbes Kleid hinaus. Neben der durchsichtigen Rückenpartie, hatte es einen traumhaften Tellerrock, dessen Saum über mit passenden Federn bestickt war. „Dann will ich mich mal umziehen!" „Eine tolle Wahl, aber ich hatte das hier im Sinn!" Bianca zog eine Traumrobe aus hautfarbenen Stoff hervor, das über und über mit Mohnblumen und anderen Blüten bestickt war. Die halbdurchsichtige Transparenz war genau nach meinem Geschmack. Es hatte die Klasse die ich wollte. Ich war sofort verliebt. Mir fiel ein goldenes Lateindress auf, es war genau nach meinem Geschmack, heiß, heißer, unfassbare Qualität. Dieses Kleid wollte ich unbedingt anziehen. „Ich würde sagen ich probiere einfach mal eins an!" Lächelte ich und ging in die Kabine. Ich zog zuerst das gelbe Kleid an, doch ich würde ordentlich gebräunt sein müssen um es zu tragen. Wahrscheinlich sollte ich öfters ins Solarium gehen. Ich blickte noch einmal in den Spiegel, Selbstkritik war schwierig, doch je länger ich es mir anschaute, stand es mir ausgezeichnet und ich zeigte es den dreien. Evgeny saß in einem der Cognacfarbenden Ledersessel und beobachtete mich. Ich fühlte mich ausgesprochen wohl. „Oh da können wir gar nicht viel verkehrt machen!" Lachte Bianca zuversichtlich. „Und?" Fragte ich Chantal und meinen Tanzpartner. „Du wirst eine Menge Geld ausgeben!" Lachte er, als Bianca mit dem nächsten Kleid ankam. Es dauerte fast drei Stunden bis ich meine Auswahl zusammen hatte. Doch jedes Kleid war absolut umwerfend. Als ich endlich das goldene Latein-Dress überzog war ich automatisch schockverliebt. Es war ein Traumkleid. Es war einfach nur umwerfend. „Das musst du kaufen!" Sagte Chantal, als ich die Garderobe verließ. „Evgeny kannst du dich dazu stellen?" Fragte Bianca. „Natürlich!" Sagte er und wir nahmen die Tanzposition ein. „Wir müssen ein paar Änderungen machen, aber das kriegen wir hin!" Trällerte sie euphorisch. Chantal machte schon wieder ein paar Fotos von uns. Dieses goldene Kleid hatte es mir echt angetan. Ich war verrückt danach. Also gab ich an diesem Nachmittag viel zu viel Geld für Tanzkleider aus. Doch neben dem Mohnkleid, dem goldenen hatten sich auch andere Juwelen in meinen Eigentum verirrt. Ich grübelte schon darüber nach, wo ich die Klamotten unterbringen sollte, denn in Marcos Kleiderschrank wurde es langsam eng. Vielleicht sollte ich einen Teil nach Amsterdam mitnehmen. Bei dem Gedanken an den bunten Fransenrock waren die Gedanken an solche Dinge allerdings schon wieder ganz weit entfernt. Evgeny klopfte mir auf die Schulter. „Bist du zufrieden?" Fragte er mich. Ich nickte. „Ein toller Laden!" Gab ich zu. „Du musst Freitag nicht kommen..." „Marco ist dann wieder da. Mir wäre ein anders Mal lieber!" „Wir machen uns keinen Stress!" Versicherte er mir und klopfte mir zuversichtlich auf die Schulter. Er war ein guter Tanzpartner, verständnisvoll und zielstrebig. Genau so jemand, den man als seinen Tanzpartner brauchte. Die Selbstzweifel, dass ich vielleicht nicht gut genug für ihn war, ließ ich außer acht...

Dance // Marco ReusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt