65. Und Sie können nichts machen?

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Majorleins Sicht

Liebevoll weckte Marco mich. „Hey du musst wach werden!" Sagte er leise zu mir. Draußen war es noch nicht ganz hell. Ich hatte das Gefühl gar nicht geschlafen zu haben. Mein Knie pochte und bei der kleinsten Bewegung hatte ich Schmerzen. Ich verzog schmollend das Gesicht. Also war das gestern Abend kein Traum gewesen und ich hatte mich wirklich schwer verletzt. „In einer Stunde bringe ich Pepe und dich zum Flughafen." Erklärte Marco mir behutsam. „Okay!" Brummte ich und versuchte aufzustehen. Ich kam nicht an die Krücken ran, er reichte sie mir half mir liebevoll auf. Es änderte nichts daran, aber ich hatte unglaubliche Schmerzen. „Kannst du mir einen Kaffee machen?" Fragte ich ihn und schickte ihn aus dem Zimmer. Ich zog mich so gut es ging selbstständig an, nur einen Socken kriegte ich nicht an den Fuß. Danach ging ich ins Bad und machte mich frisch, putzte mir schnell die Zähne und humpelte danach auf Krücken in die Küche. Pepe saß bereits am Küchentisch. Seine braunen Locken hingen in alle Richtungen. Auf der Nase trug er eine große Brille, die seine kleinen Augen kaschierten. Marco und er waren gestern noch lange aufgeblieben. Marco versorgte ihn mit Kaffee und auch wenn es ein merkwürdiger Umstand war, war es schön, beide Männer um sich zu haben. Ich setzte mich neben Pepe und Marco reichte mir einen Kaffee - Schwarz so wie ich ihn gerne trank. „Willst du auch was Essen?" Fragte er mich. „Nein, Danke!" Brummte ich wortkarg. „Du solltest etwas Essen!" Mischte sich Pepe ein. "Die Medikamente und ..." „Oh Gott zwei von der Sorte, ertrage ich nicht!" Lächelte ich tapfer. Ich wollte nicht das sich alle Sorgen und Gedanken um mich machten. „Wie geht es dir?" Fragte Pepe mich. „Ich habe Schmerzen!" Brummte ich und tatsächlich hatte ich schon lange nicht mehr so Schmerzen in meinem Leben gehabt. Das letzte Mal hatte ich die Weisheitszähne rausbekommen und mein Gesicht war blau und grün gewesen, nach vier Wochen ging es mir aber sehr gut. Ich blickte Marco in seine grünbraunen Augen. Er saß mir gegenüber und sein blondes Haar rutschte ihm in die Stirn. „Ich bringe euch gleich zum Flughafen. Von da aus nach München: Nehmt euch ein Taxi, die Adresse habe ich Pepe schon gegeben. Dann schauen wir mal was der Arzt sagt. Bo wir haben dir ein paar Sachen eingepackt." Erklärte er mir. „Wozu?" Fragte ich stirnrunzelnd und einen Moment irritiert. „Nun wenn es das Kreuzband ist, wirst du operiert. Dann bleibst du ein paar Tage in München. Ich komme sobald es geht nach." Versicherte er mir. Normalerweise war ich keine Heulsuse, aber mir rannen schon wieder Tränen über die Wangen. Eigentlich hatte ich nur selten Angst, aber im Moment hatte ich es. Ich hatte so unglaubliche Strapazen auf mich genommen und jetzt konnte alles vorbei sein und das nur, weil ich nicht so aufmerksam gewesen war. Wenn ich an Scarlett dachte, war ich kurz vorm explodieren. All die Jahre die ich fürs Tanzen geopfert hatte, könnten Umsonst gewesen sein. Ich ließ mir nichts anmerken, aber am liebsten wäre ich alleine gewesen. Marco schaute mich besorgt an, doch jetzt musste ich erst mal auf mich konzentrieren. Er war ein Goldstück und ich war dankbar das er sich um mich kümmerte. Nach über einer Stunde brachte Marco Pepe und mich zum Flughafen. Dort wartete der Privatjet auf uns. Wir konnten direkt auf die Landebahn fahren, so das ich nicht weit laufen musste. Die Stewardess begrüßte uns, es war die gleiche wie bei meinem Flug nach London. Sie begrüßte Marco freundlich. „Herr Reus, was eine Freude sie wiederzusehen. Ich wusste nicht, dass sie mit uns fliegen." Plapperte sie locker drauf los. „Ich komme auch nicht mit." Sagte er zu ihr und half mir die Treppe des Fliegers hinauf. „Frau van Dijk was ist passiert?" Fragte sie mich mitleidig. „So ist das als Profisportler!" Lächelte Pepe sie freundlich an. Die Stewardess himmelte den hübschen Spanier an. Als ich im Flieger saß, drückte Marco mir einen Kuss auf die Lippen. „Ruf mich nachher an. Ich muss jetzt ins Stadion!" Lächelte er mich zuckersüß an. Ich war ihm dankbar, dass er mir den besten Arzt für kaputte Knie aufgetan hatte und ich nicht zu irgendeinem unbekannten Metzger musste. „Mach schon das du loskommst!" Murmelte ich zu ihm und legte mein Bein auf den Sitz gegenüber. Pepe setzte sich neben mich. „Geh schon, ich passe schon auf sie auf!" Versicherte der Spanier dem jungen Dortmunder freundschaftlich. Marco nickte mir zu und ich hatte das Gefühl, dass er einfach nicht gehen wollte. "Geh schon!" Munterte ich ihn auf. Er ging schließlich schweren Herzens und keine fünf Minuten später, waren wir auch schon in der Luft. Ich war froh um ein wenig Ruhe, Pepe laß neben mir in einem Buch und ich konnte meinen miesen Gedanken nachgehen, ohne das ich es jemanden preisgeben musste. Auch die Stewardess ließ mich in Ruhe und ohne Probleme landeten wir schließlich, nach weniger als einer Stunde in München. Von dort aus machten wir uns mit dem Taxi auf den Weg zur Klinik. Pepe und ich wurden bereits in Empfang genommen. Ein junger Mann begrüßte uns. „Sie sind Majorlein van Dijk?" Ich nickte. „Ich bin Dr. Marius Müller-Wohlfahrt. Marco hat mir gestern Nacht noch bescheid gegeben. Willkommen in München." Lächelte er mich freundlich an, allerdings war ich überhaupt nicht bei der Sache. Der Arzt war sehr freundlich und ich versuchte die Schmerzen in meinem Bein zu ignorieren. Er holte einen Rollstuhl. „Setz dich ruhig, das geht schneller!" Lächelte er mich gutmütig an, als würde er ständig humpelnde Frauen und Männer durch die Gegend schieben. Pepe sah mich an. „Ich warte hier!" Sagte er zu mir. „Hier um die Ecke ist ein nettes Café und ein Einkaufszentrum. Es wird ein wenig dauern!" Sagte der Arzt zu Pepe. „Okay, dann ruf mich an!" Sagte er mir. Ich schnaubte, jetzt war ich allein in München mit einem schmerzenden Knie in irgendeiner schicken Privatklinik. Der Doktor fuhr mich durch die Gänge in den ersten Praxisraum. Er war noch recht jung, aber er wirkte sympathisch und ich fühlte mich gut bei ihm aufgehoben. Dort wartete bereits ein älterer Herr auf mich. „Hi, ich bin Mull!" Stellte er sich vor und reichte mir die Hand. „Ich bin Bo!" Sagte ich verdutzt über die unkomplizierte Art. „Marco schickt dich?" Lächelte er mich an und setzte sich die Brille auf. „Ja er sagte bereits gestern zu dem ersten Arzt, dass ich nur zu Ihnen gehen werde." Sagte ich etwas schüchtern und spielte nervös an meinen blonden Haaren herum. „Er ist ein guter Junge!" Lächelte der Mann mich an und ich fragte mich, wie alt er wohl sei. „Was ist passiert?" Fragte er mich. Ich erzählte ihm was passiert war, dabei löste er das Tape und schaute sich mein Knie an. „Nun wir machen gleich noch ein paar Aufnahmen, aber es sieht verdächtig nach einem kompletten Vorderem und Hinterem Kreuzbandriss aus. Zusätzlich könnten Innenband und Außenband beschädigt sein." Mutmaste er. Ich sah ihn mit großen Augen an. „Das hört sich nicht gut an." Brummte ich verstört. Die beiden Ärzte sahen nun mich an. „Sie sind Tänzerin, die schnellen Bewegungen sind nicht gut für ihr Knie. Selbst nach der OP kann es ein Jahr dauern, bis sie wieder tanzen können. Und selbst das kann ich Ihnen nicht versprechen!" Sagte er niederschmetternd. Meine Augen füllten sich mit Tränen. „Und Sie können nichts machen?" Fragte ich ihn verzweifelt. „Nun wir versuchen alles und wir haben auch schon deutlich schlimmere Knie zu Gesicht bekommen, aber wir können Ihnen nichts versprechen." Er machte eine Pause und fügte an: "Außer das wir alles probieren werden!" Egal was sie noch sagten: Gerade ging für mich eine Welt unter. Nie wieder Tanzen, dass konnte doch nicht wahr sein. Das durfte nicht wahr sein. Ich konnte mir ein Leben ohne Tanzen niemals vorstellen und jetzt konnte es bittere Wahrheit werden. Ich war Verzweifelt und wollte es einfach nicht Wahr haben. Meine Stimme versagte und ich unterdrückte die Tränen. Es war das schlimmste Gefühl überhaupt und ich wusste nicht wie ich das alleine durchstehen sollte.

Dance // Marco ReusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt