17. Läuft nichts in der Glotze!

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Marcos Sicht

Auf das Auswärtsspiel in Bremen hatte ich absolut keine Lust. Auf eine Übernachtung in der Hansestadt hatte ich also noch weniger Lust, dass einzige Gute daran war, dass ich als Kapitän mittlerweile ein Einzelzimmer bekam und so deutlich mehr Luxus für mich selbst hatte. Ich ging ziemlich früh ins Bett, denn ich wollte meine Ruhe haben. Nach einer heißen Dusche, lümmelte ich mich aufs Bett und machte den Fernsehen an. Nun unter uns, es war kein Wunder, dass ich bei Lets Dance hingen blieb. Den ganzen Tag hatte ich irgendwie dran gedacht, denn nicht nur das meine Ex dort mittanzte, nein da war ja immer noch Majorleins Debüt. Majorlein, ich hatte sie noch nie so beim Namen genannt, aber heute dachte ich eben an die private Majorlein. Ich wusste, dass sie da alleine durch musste, aber ich hätte ihr gerne zur Seite gestanden. Bo hatte bestimmt schreckliches Lampenfieber und das ich mich überhaupt mit dem Gedanken beschäftigte, verunsicherte mich irgendwie. Wenn ich ehrlich war, war es mir wirklich nicht egal, wie sie empfand und das war etwas das mir noch viel mehr Sorgen machte. Überhaupt dachte ich ziemlich viel an sie und mir war immer noch nicht wirklich klar, warum!
Als diese dämliche Tanzshow endlich anfing, lehnte ich mich zurück und beobachtete das Intro. Die Profitänzer tanzten zuerst, um dann den Moderator vorzustellen. Dieser komische Daniel Hartwich war wirklich nicht mein Ding, ich fand ihn weder lustig noch charmant. Doch als ich Bo entdeckte, war ich wie gebannt. Ich konnte einfach nicht wegschauen und hatte einen Moment das Gefühl, sie in Zeitlupe zusehen. Die junge Frau hatte ein hautenges, dunkelblaues, geschlitztes Kleid an und hatte sich perfekt in Pose gebracht. Ihr Körper sah aus wie eine gespannte Violine. Ihre hohen Schuhe verliehen ihr immensen Sexappeal. Gespannt ließ ich mich noch ein bisschen tiefer in die Kissen sinken. Dabei starrte ich die junge Frau unentwegt an, als sie sich anfing sich zu bewegen. In grazilen Schritten ging sie die Treppe hinunter, wo ihr komischer Tanzpartner auf sie wartete. Erst da sah man ihr detailliertes Gesicht. Ihre Augen waren stark geschminkt und sie hatte falsche Wimpern angeklebt. Bisher hatte ich sie so noch nicht gesehen. Ihr Haar war akkurat nach hinten gekämmt und zu einem perfekten Knoten gebunden. Sie erinnerte mich an Cindarella aus einem realverfilmten Disneyfilm. Ich gab es nur ungern zu, aber die junge Frau war unglaublich und ihr Tanzpartner wirkte wie die perfekte Antwort. Als Bo den Spanier berührte fing sie an sich auf den Punkt genau zu bewegen. Sie setzte ihre Füße taktgenau auf, ehe sie die Haltung einnahm. In ihrem Gesicht spiegelte sich die Leidenschaft wieder, die sie fürs Tanzen fühlte. Ich selbst hätte keine Ahnung gehabt, was Walzer war, doch Bo schaffte es das es zumindest so aussah. Zumindest so wie ich mir Walzer vorstellte. Das einfache Geheimnis war, dass es schlicht und einfach Walzer war. Dabei vollführten die beiden irgendwelche Hebefiguren. Ich fragte mich wie er es schaffte sie so zu halten? Ich legte den Kopf schräg und beobachtete ihren Auftritt. Wie schaffte Pepe es die junge Frau so zuhalten? Wenn ich mir etwas unter leidenschaftlichem Tanzen vorstellte, dann wahrscheinlich so etwas. ich muss ja nicht betonen, dass das absolut nicht meinen persönlichen Stil entspricht. Meine Laune verschlechterte sich schlagartig, als der Tänzer am Ende des Auftritts, Majorlein überschwänglich einen Kuss auf die vollen Lippen drückte. Für einen Augenblick schloss sie die Augen, als würde sie es genießen. Warum zum Teufel küsste er die junge Frau? Und dann so? What the fu**! Ich spürte wie mir das Blut durch die Adern schoss und dass ich das so gar nicht witzig fand. Warum zum Teufel hatte er das getan? Schlagartig wurde mir klar, wie gern ich sie hatte und das wollte ich schon mal gar nicht wahrhaben. Wie hatte ich so blöd sein können um nicht zuerkennen, wie gerne ich sie hatte und das ich sie näher kennenlernen wollte. Vor Zorn stand ich augenblicklich auf. Denn ich hatte noch weniger Lust, mir mit anzusehen wie Pepe sie noch einmal küsste. Verdammt noch mal, war das wirklich mein ernst? Wie ein eingesperrtes Raubtier lief ich in meinem Hotelzimmer von rechts nach links, ehe ich mich dazu entschloss mir die Sendung nicht weiter anzusehen. Ich wollte mich nicht aufregen und da war ich kurz davor. Vor lauter Wut wollte ich nicht gegen irgendeine Türe schlagen, denn ich kannte mich und wusste auch, dass sich meine Laune bei meiner Ex nicht verbessern würde. Also verließ ich mein Hotelzimmer und versuchte die Gedanken an Bo und diesen dämlichen Kuss zwischen Pepe und ihr zu verdrängen. Hatte ich nichts aus der Trennung gelernt? Hatte ich nicht gelernt meine eigenen Bedürfnisse zu kontrollieren und mich nicht von meinem Schwanz leiten zu lassen? Hatte ich mir nicht strikt vorgenommen mich nur auf den Fußball zu konzentrieren und auf nichts anders? Außerdem warum zum Teufel war mir jetzt erst aufgefallen wie sehr ich Majorlein mochte? Ich meine, dass hätte ich schon bemerken können oder war ich wirklich Gefühlsmäßig so abgestumpft? Gott war ich erleichtert das einige der Jungens unten in der Hotelbar waren. Sie schienen überrascht mich zu sehen. Aber ich war froh nicht alleine zu sein. Mit mir hatte scheinbar gar keiner gerechnet, als Christian automatisch seine Jacke vom Stuhl nahm und mir den Platz neben sich anbot. Ich setzte mich zu ihm. Er starrte dabei gut gelaunt auf sein Handy. "Alles klar?" Frage er mich. Ich dachte an diesen dämlichen und verfluchten Kuss. "Läuft nichts in der Glotze!" Er grinste mich vielsagend an. "Besser ist es..." Lachte er. Doch meine Gedanken schweiften noch einmal ab. Ich hatte Bo ein paar Blumen ins Little Link schicken lassen. Eine kleine Aufmerksamkeit für ihr Debüt. Nichts besonders, einfach nur ein paar Blumen. Jetzt gerade in disem Moment kam ich mir geradezu dämlich vor, dass ich es überhaupt in Betracht gezogen hatte. Wer weiß was sie jetzt von mir denken würde? Wahrscheinlich machte sie sich seit Tagen über mich lustig, der Laden, die Blumen. War ich ihr genauso verfallen wie Roman und Julian. Gefrustet legte ich meine Stirn auf die Tischplatte. "Schmeckt der Tisch?" Fragte Christian mich. "Ja Wallnussholz mag ich besonders gern!" Er lachte und ich richtete mich wieder auf. "Ganz sicher alles okay?" Ich nickte. "Ja klar, alles in Ordnung!" Brummte ich, doch gerade war nichts in Ordnung und das schlimmste daran war, dass ich ziemlich schmollte. 

Dance // Marco ReusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt