39. Meinst du, du kannst weglaufen?

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Majorleins Sicht

Etwas peinlich berührt schaute ich mir meine eigene Homestory im Fernsehen an. Pepe saß bei mir und war unglaublich amüsiert, über meine Reaktionen. "Oh Gott, du bist toll vor der Kamera!" Schwärmte er von mir. Allerdings konnte ich ihm das einfach nicht glauben. Ich versuchte gegen das eigene Schamgefühl anzukämpfen und biss mir unentwegt auf die Unterlippe. Ich hatte mich schon ein paar Mal vor der Kamera gesehen, aber ich fand es jedes Mal seltsam. Besonders wenn ich redete, fand ich meine Stimme wirklich merkwürdig und ich kam mir selbst dann ziemlich fremd vor. Meine innere Göttin war wirklich in Aufruhr und ich wusste noch nicht so recht, ob ich das wirklich toll fand mich so im Fernsehen zu sehen. Manchmal hatte ich das Gefühl, das ich nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte. "Findest du?" Fragte ich Pepe ehrlich um meine eigene Göttin zu beschwichtigen. Ein paar Komplimente und mir würde es hoffentlich besser gehen... "Gott du bist wie eine Tanz-Amazone mit Holländischem Akzent. Die Leute lieben dich!" Grinste Pepe mich zuversichtlich an. Ich zupfte an meinem Shirt herum und schaute gedankenverloren auf mein Handy. Marco hatte mir heute noch nicht geschrieben und ich drehte deswegen mal wieder fast durch. Warum meldete er sich denn nicht? Hatte ich etwas falsch gemacht? War es weil wir uns immer noch nicht geküsst hatten? Nicht das ich ihn nicht küssen wollte! Ich wollte einfach nur diesen ersten perfekten Moment mit ihm haben - als wäre es das einfachste auf der Welt. Ich wusste das dieser perfekte Moment noch kommen würde. An etwas wollte ich nicht glauben. Die Spannung zwischen uns beiden war unübersehbar, auch wenn ich es ab und zu versuchte immer noch zu leugnen. Ich schwärmte schon wieder von Marco. Warum zum Teufel war ich denn nicht in der Lage, meine Gedanken und Gefühl Marco gegenüber zu verdrängen? Warum konnte ich mich nicht einfach mal nur auf mich konzentrieren? Meine innere Göttin versuchte mich zu beruhigen, in dem sie mir einredete, dass das Leben eben so funktioniert. Unter uns gesagt, glaubte ich ihr aber nicht. Das gleiche galt übrigens, dafür das Marco mich nicht anrief. Meine innere Stimme redete mir ein, dass der Herr wahrscheinlich beim Fußballtraining war und deswegen sich gar nicht melden konnte. Doch ich glaubte meiner inneren Stimme nicht und merkte das es meine Unsicherheit war, die mich an den Rand des Wahnsinns brachte.  Er würde sich doch nicht mit anderen Frauen treffen, oder? Er war nicht so ein Typ, zumindest hoffte ich das inständig. Ich redete mir ein, dass ich ihn gut genug kannte und er so etwas nicht tun würde. "Erde an Bo, Erde an Bo!" Pepe sprach mit mir, aber ich hatte ihm nicht wirklich zugehört, so das er mich aus meinen Gedanken riss. Verunsichert sah ich ihn an. "Hast du was gesagt?" Fragte ich ihn und zupfte ertappt an meinen Locken herum. Er nickte amüsiert. "Wo bist du mit deinen Gedanken?" Fragte er mich doch ich schüttelte den Kopf, als Scarlett in unsere Richtung kam. Sie schien nicht sonderlich amüsiert, als sie mich sah. Warum sie so drauf war wusste ich nicht, aber ich wusste das Scarlett mehr wusste als mir lieb war. Sie kam zu mir und schaute mich wutentbrannt an. "Hast du mir nicht was zu sagen?" Zischte sie mich lautstark an. "Ich?" Fragte ich unschuldig, obwohl ich schon beim ersten Satz wusste was sie von mir wollte. Denn ich wusste genau, was sie von mir hören wollte. "Stimmt es also nicht, das du mit meinem Ex unterwegs bist?" Fragte sie wütend, fast hysterisch und fuchtelte wild mit den Händen. "Ich weiß nicht, was dich das angeht!" Sagte ich ruhig. "Du kennst ihn doch nur wegen mir!" Zischte sie mich lautstark an. Ich blickte zu Pepe und rollte mit den Augenbrauen. "Scarlett, ich glaube nicht das ihr das hier klären solltet!" Sagte er zu ihr und mischte sich ein. "Mit dieser Bitch rede ich nie wieder!" Fauchte sie hysterisch Pepe an und fuchtelte wild mit den Händen. "Hast du gerade Bitch gesagt?" Fragte ich sie allen Ernstes. "Ja weil du eine bist. Wer glaubst du eigentlich wer du bist? Marco wird das Interesse genauso schnell an dir verlieren wie an mir." Sie machte eine Pause und fuhr hysterisch fort. "Und habt ihr schon gefickt? Glaube mir er denkt eh dabei nur an mich!" Ich riss die Augen weit auf. Was redete sie denn da? Mein Herz schlug bis zum Hals, am liebsten hätte ich ihr eine mitten eins auf die Nase verpasst. Wie redete sie über Marco? Wollte ich wirklich etwas dazu sagen? Auf dieses Niveau hatte ich absolut keine Lust, also hielt ich mich zurück. Scarlett dagegen fuchtelte wild mit den Händen als würde sie mich jeden Moment schlagen wollen. "Muss ich mir das gefallen lassen?" Fragte ich Pepe kampfeslustig. "Er liebt mich und nicht dich. Er lenkt sich nur von mir ab!" Ich sagte immer noch nichts und schob mich an ihr vorbei. Ich lief den Flur entlang, denn ich hatte keine Lust mehr mir diesen Unsinn anzuhören. "Meinst du, du kannst weglaufen?" Kreischte sie mir hinterher. Pepe versuchte sie beruhigen, während ich den Gang runter ging. Mein Herz schlug bis zum Hals und meine Knie zitterten. Wer glaubte diese Scarlett eigentlich wer sie war? Und was hatte ich ihr getan, dass sie so auf mich los ging? Ich dachte an die Verlobungsfeier von André und war ich wirklich so naiv gewesen und hatte geglaubt, dass das unbemerkt blieb? Ich ging also zur Tanzfläche und begann mit meine Aufwärmübungen. Doch mit den Gedanken war ich wirklich nicht bei der Sache. Da ich nicht gerade auf Wolke sieben schwebte, aber vielleicht bereits auf Wolke vier, vermieste Scarlett mir ziemlich die Laune. Ich hoffte inständig, dass sie morgen aus der Show fliegen würde. Pepe kam zu mir, er hatte dieses dicke Grinsen auf den Lippen. "Alles okay?" Fragte er mich besorgt und lehnte sich entspannt in den Türrahmen. Der Spanier war immer noch ein bildhübscher Mann, in dessen Nähe ich mich unglaublich wohl fühlte. "Was soll ich denn dazu sagen?" Fauchte ich ihn aufgelöst an. "Das du jemanden ganz schön auf die Füße getreten bist!" Lächelte er milde. "Sie ist seine Ex. Was soll ich denn dazu sagen? Was will sie denn von mir hören?" Fragte ich ihn und dachte an den letzten Abend mit Marco. "Nun nichts, außer da ist was dran!" Sagte er und strich sich durch die braunen Locken. "Ok, Ich mag ihn!" Sagte ich zu Pepe und fuhr fort. "Wir verbringen viel Zeit miteinander, aber das muss ich ihr doch nicht sagen. Das tut ihr doch nur weh!" Sagte ich und fragte mich ob ich noch alle Tassen im Schrank hatte. Machte ich mir wirklich Gedanken darüber wie Scarlett sich dabei fühlte, dass ich mich jetzt mit Marco traf? Das er kein Interesse mehr an ihr hatte? Hatte er wirklich Interesse an mir? Oh mein Gott, meine innere Stimme würde mich noch mal um den Wahnsinn bringen. "Sie ist verzweifelt, sie liebt ihn noch!" Erklärte Pepe mir. "Dann hätte sie ihn nicht betrügen sollen!" Fauchte ich meinen Tanzpartner an und hüpfte von einem Bein aufs andere. "Wie weit bist du eigentlich mit deinem Solo?" Versuchte mein Tanzpartner mich ungeschickt abzulenken. "Ganz gut!" Sagte ich, doch wirklich übermäßig trainiert hatte ich in den letzten Tagen nicht. Wir probten den Quick-Step und den Samba. Ich liebte den Samba. Denn es war Sex pur. Die schnellen Bewegungen in der Hüfte und die ausladenden Schritte. Einer der Assistenten kam zu mir. Er hatte einen Brief für mich. Zu meiner Überraschung war es ein Schreiben von der englischen Variante von Lets Dance. Sie luden mich zum Vortanzen ein. Ich reichte Pepe das Schreiben. "Das ist toll!" Lächelte er mich an und klopfte mir liebevoll auf die Schulter. "Ich habe zu viel um die Ohren." Wog ich ab. "Nein, hast du nicht! Ja du hast den Laden, aber Marco hat dir angeboten einen Geschäftsführer einzustellen. Das solltest du auch tun, denn besser und jünger wirst du nicht. Du solltest auch noch ein paar Wochen nach LA oder New York um ein paar Workshops mitzunehmen!" "Ich weiß!" Sagte ich und dachte einen Moment an Marco. "Du kannst dich verlieben und du kannst mit ihm zusammen sein, aber nur wenn du dich dabei nicht vergisst. Du wolltest Tanzen in Musikvideos, im Theater am Broadway, vergesse also deine Leidenschaft nicht!" Ich blickte Pepe an und schluckte. Denn ich wusste, dass er Recht hatte. "Wach werden Majorlein, die Möglichkeiten liegen auf einem Silbertablett vor dir, also verspiele sie nicht!" Ich nickte und lächelte Pepe an. "Du bist ein wirklich guter Freund!" Sagte ich ihm, er nahm mich in den Arm und küsste meine Schläfe. "So und jetzt arbeiten wir an deinem Solo!" Lachte er und wir fingen das erste Mal seit Tagen an richtig zu arbeiten. Tanzen war immer noch das, was meinem Leben Halt und Ordnung gab. Hier konnte ich meine Gefühle ausleben ohne dafür verurteilt zu werden und glaubt mir, darin war ich alles andere als gut. Beim Tanzen konnte ich alles vergessen, selbst die Trauer um meinen Vater und den immer andauernden Schmerz wegen meiner Mutter. 

Dance // Marco ReusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt