34. Ich denke, ich sollte mit dir tanzen!

652 37 6
                                    

Marcos Sicht

Genüsslich aß ich mein Stück Rinderfilet. Allerdings war ich recht schnell satt und ließ die Hälfte auf dem Teller liegen. Auch Bo hatte nicht wirklich viel gegessen, sie nippte an ihrem Wein und schaute verträumt auf den See. Die Lampions spiegelten sich im Wasser, hunderte kleine Kerzen erhellten das Zelt und tauchten die hübsche Frau in schummriges Licht. Ich mochte ihre makellose Haut, die rosig im Kerzenschein schimmerte. "Wann musst du morgen zum Training?" Fragte ich sie. "Ich habe morgen Trainingsfrei. Übermorgen hab ich schon wieder Generalprobe!" Sagte sie mir.  "Ich habe immer noch Probleme mit der Hüfte. Pepe lässt es gerade ein wenig lockerer angehen." Sagte sie mir und schüttelte ihre Locken von links nach rechts. Ich hatte das Gefühl als würde ein Shampoo-Werbespot im Fernsehen laufen und himmelte sie an. "Bleibst du heute Nacht in Dortmund?" Fragte ich sie und ärgerte mich, dass ich nicht zu erst nachgedacht hatte, bevor ich den Mund aufgemacht habe. "Ich meine ich habe genug Platz und..." Sagte ich verunsichert, sie sollte ja nicht denken das ich sie zu irgendetwas überreden wollte. Oh mein Gott, Marco halt doch einfach mal die Klappe, dachte ich während meine innere Stimme weiter auf mich einredete. "Ja entspann dich!" Lächelte Bo vergnügt. Sie schwieg es amüsiert tot und ich drehte fast durch. Man ich war einfach zu dreist gewesen. In den letzten Tagen hatte ich verdammt oft an sie gedacht und das war nicht immer ganz jugendfrei gewesen. Ich war neugierig auf sie, denn seit dem ich mir gestanden hatte, dass ich sie mehr als nur mochte, fühlte ich mich unglaublich zu ihr hingezogen. Mein Herz schlug schneller und ich wollte mehr von ihr, als ihr Chef zu sein. Nach dem Essen gingen wir zu der kleinen Bühne direkt am See. Dort wurde ausgelassen gefeiert. Es wurde getanzt und es herrschte rege Partystimmungen. Ich schaute mich um und entdeckte Christian. Er winkte mir zu, also gesellten wir uns zu Christian und den anderen. Ehe dieser Andrea Bourani sich mit seiner Band hinstellte und anfingen zu spielen. Das kleine Unplugged-Konzert unter freien Himmel war eine gelungene Abwechslung. Allerdings war ich total abgelenkt. Ich hatte nur Augen für Bo. Zum gefühlt hundertsten Mal studierte ich ihr Antlitz. Ihre kleine zierliche Nase und ihre tollen vollen Lippen. Sie unterhielt sich mit Christian auf Englisch. "Willst du was trinken?" Fragte ich sie. "Ich würde noch einen Wein nehmen!" Lächelte sie mich an. Kurz nickte ich ihr zu und ging an eine der Freiluftbars, bestellte mir ein Wasser und ihr einen Weißwein. Im Moment wollte ich nicht wirklich was trinken, am Wochenende war Champions League und ich wollte fit sein. Ich wartete auf die Getränke als Mario neben mir auftauchte. "Du bist ja da, ich wollte schon eine Vermissten-Anzeige aufgeben!" Sagte er zu mir und klopfte mir dabei freundschaftlich auf die Schulter. "Stell dich nicht so an, ich bin mit Bo hier!" Sagte ich ruhig. Jetzt klopfte ich ihm auf die Schulter. "Ich weiß, ich habe euch gesehen." Grinste er vielsagend und lehnte sich auf die Bar. "Hab ich was verpasst?" Fragte er mich und rollte amüsiert mit den Augenbrauen. "Nein!" Log ich ihn an. Er lächelte und klopfte mir auf die Schulter. "Sie ist toll! Ich meine sie ist schon irgendwie heiß..." Kicherte er wie ein kleines Schulmädchen. "Wir lernen uns kennen, mehr nicht!" Sagte ich zu ihm und lehnte mich zu ihm auf die Theke. "Du machst schon das Richtige!" Lächelte Mario mich freundlich an. Eine Zeit war der Kontakt zwischen uns ziemlich abgeklungen, im Moment hatten wir regelmäßig Kontakt und schätzten uns sehr. Nicht nur auf dem Platz, sondern auch daneben. Der Barmann stellte mir die Getränke hin und ich richtete mich auf. "Wir sehen uns gleich" Sagte ich zu Mario, ehe ich wieder zu Bo ging. Zu meiner Überraschung tanzte Roman mit ihr. Es waren nur drei Grundschritte, aber die junge Frau hatte ihren Spaß. Ausgelassen kicherte sie und warf belustigt den Kopf in den Nacken. Ich hatte es nicht gern, wenn sie mit anderen Männern tanzte und ich wusste das Roman schon die ganze Zeit ein Auge auf sie geworfen hatte. Ich wollte das nicht! Ich teilte nicht gerne und Bo schon mal gar nicht. Christian schaute mich an. "Er mag sie, aber eher wie eine kleine Schwester!" Erklärte er mir ohne das ich ihn danach gefragt habe. "Ich weiß!" Brummte ich und schluckte. Ich war hin und her gerissen, zum einen wäre mir es unangenehm gewesen einfach mit ihr zu tanzen und andererseits wollte ich mir nicht das Recht eingestehen, darüber zu urteilen mit wem sie tanzen durfte und mit wem nicht. Selbst als sie mit Roman tanzte, sah man ihre professionelle Ausbildung um man den sie nur beneiden konnte. Sie drehte sich auf der Stelle und schaute frech in meine Richtung. Ich schenkte ihr ein verunsichertes Grinsen, als könne sie meine Gedanken lesen. Einen Moment kam ich mir absolut dämlich vor, als ich auf die Getränke in meinen Händen schaute. Bo kam zu mir zurück und nahm sich ihren Wein. Sie strich sich durchs Haar und legte ihre Locken auf die linke Seite. Christian stupste mich an, so dass ich die junge Frau berührte. Zornig blickte ich den jungen Amerikaner an. Man war es so verdammt offensichtlich, das ich sie mochte. Ich trat ihm unbemerkt gegen das Schienenbein. Er schüttelte sich vor Lachen, als wüsste er sofort warum ich mich so aufregte. Es war mir fast peinlich. Bo lauschte der Band, als eine ruhige Nummer kam. Die Gäste feierten das angehende Hochzeitspärchen zum Tanzen auf, was zwischen den bunten Lichtern der Lampions alles in ein magisches Licht tauchten. Es war romantisch, zumindest stellte ich mir das unter romantisch vor. Ein paar Pärchen fingen an sich zu bewegen, als ich einen unangenehmen Stoß in die Rippen bekam. Diesmal war es Roman, mit seinen Augen schaute er auf mich und dann auf die hübsche Niederländerin. Ich war kein Tänzer und auch wenn ich Fußballer war, Rhythmusgefühl war außer beim Hip-Hop hin und her wippen nicht sonderlich vorhanden. Roman nahm mir mein Glas aus der Hand, als er mich immer näher zu Bo schob. Ich hatte absolut keine Chance und stieß sie ausversehen an. Die junge Frau lächelte verlegen. "Ist alles okay?" Fragte sie mich. "Die Jungens geben keine Ruhe. Ich denke, sie wollen das ich mir dir tanze." Ich machte eine Pause, denn ich hatte nicht den richtigen Start gefunden, also fuhr ich fort. "Aber dann sieht es so aus, als hätte ich das nicht gewollt." Was für eine Grütze ließ ich nur von mir? "Ich denke, ich sollte mit dir tanzen!" Sie kicherte vergnügt und legte den Kopf schräg. "Aber ich bin bestimmt ein schrecklicher Tänzer!" Entschuldigte ich mich direkt bei ihr. "Keine Sorge!" Versuchte sie mich zu beruhigen und nahm meine linke Hand und legte sie auf ihre Hüfte. Danach nahm sie meine andere Hand und schaute zu mir auf. "Du musst nur das machen was ich dir sage!" Sagte sie zuversichtlich. "Linkes Bein nach vorne, rechtes Bein nach vorne, linkes Bein nach links, rechts Bein nach rechts!" Sagte sie und ich tat was sie mir sagte. Es fühlte sich verwunderlicher Weise nicht so schlimm an wie befürchtet. Doch Schuld daran war nur Bo. Sie gab mir Sicherheit und ich fühlte mich geborgen. "Linkes Bein nach hinten, rechtes Bein nach hinten!" Fuhr sie ihr Tanzgebet fort. Bo drehte sich auf dem Absatz ihres High-Heels und schwang sich automatisch wieder in meine Nähe. Zärtlich legte ich meine Hand auf ihren Rücken. "Siehst du, du bist gar nicht so ein schlechter Tänzer!" Lobte sie mich und wiegte ihren Oberkörper hin und her. "Du musst mich nicht trösten!" Versicherte ich ihr, denn das tanzen mit ihr fühlte sich anders an wie im Club. "Du hast gut getanzt und du hast mit mir getanzt. Mehr brauche ich nicht!" Grinste sie niedlich. Ich schlang meinen Arm um ihre Schulter und zog sie an mich. Ihr Geruch stieg mir in die Nase und sie fühlte sich warm und ihre Haut samtig an. Ich hätte sie den ganzen Tag umarmen können. Bo schlang ihre Arme um meine Brust und ich spürte ihren Atem an meinem Hals. Sanft streichelte ich ihr über den Rücken. Loslassen wollte ich sie nicht, doch sie ließ mich schließlich los. Doch ich wollte sie wirklich nicht loslassen, also griff ich nach ihrer Hand. Mein Zeigefinger umschloss ihren, ehe meine anderen Finger ihre Hand suchten. Zärtlich spielte ich mit ihren schlanken Fingern herum und ließ sie dabei nicht los. Ich wollte sie nicht loslassen und es war mir egal wer das sah. Ich wollte, dass es mir gut ging und ich wollte, dass es ihr mit mir gut ging. Mittlerweile war es ziemlich dunkel, nur die Lampions spendeten ein wenig Licht, als in der Ferne ein Feuerwerk los ging. "Lass uns gehen!" Schlug ich ihr vor. Es war Zeit zu gehen, denn ich wollte Zeit alleine mit ihr verbringen. "Du kannst doch nicht einfach gehen!" Lächelte sie mich liebevoll an und deutete auf meine Freunde. "Warum denn nicht?" Fragte ich sie, als sie mir nicht antwortete machten wir uns auf den Heimweg.

Dance // Marco ReusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt