Kapitel 37

242 21 2
                                    

(Bild von Han Seo- links und Changbin Seo- rechts)

Erleichterung

Han Seo

Ich legte meine Arme um ihn. Fest drückte ich ihn an mich ran. Die Augen geschlossen, ließ ich den Moment auf mich wirken. Ich genoss mit meinem ganzen Körper und all meiner Gefühle seiner Nähe. Seine Präsenz. Seine Atmung. Seinen Körper. Den Druck, den er ausübte. Ich spürte selbst das Schmunzeln, dass sich auf seine Lippen legte und ich genoss es. Ich genoss jede einzelne Millisekunde...

„Wow. Ich hab dir wohl gefehlt!", kicherte er leise.

Changnin lag zwei Tage im Krankenhaus, bevor er heute erst wieder nach Hause kam. Die Tage ohne ihn... Sie waren fürchterlich. Ich war so alleine gewesen. Die ganze Zeit über... War ich alleine und hatte jeden Gedanken an ihn verschwendet. An ihn und an den grauenvollen Tag. An die Tatsache, dass ich aufgrund eines einzigen Tones nicht die Mut hatte, um direkt in das Schulgebäude rein zu laufen. Ich fühlte mich wie in einer anderen Welt, als der Schuss fiel. Ich war wieder der 10 jährige Junge von damals. Der, der den Schuss hörte, den mein Vater Zuhause abgefeuert hatte... Nur um uns abzuschrecken. Ich gefror damals zu Eis und war nicht im Stande zu sprechen. Genauso erging es mir auf dem Weg zur Schule. Vor dem Schulgebäude... Wenn ich daran zurückdachte, fühlte ich mich wieder schwach. Ich dachte, dass all die Erfahrung, die ich gesammelt hatte, mich stärkten. Dass ich unnahbar war. Aber das war ich nicht. Nicht einmal, wenn es um meinen Bruder ging!

„Danke", klopfte mir Changbin herzlich auf den Rücken. „Danke dafür, dass wir uns immer beistehen. In guten und in schweren Tagen."

Er löste sich nicht von mir. Die Worte ließ ich auf mich wirken, als ich zurückdachte. Ich besuchte ihn zwar, ja. Ich war fast den ganzen Tag bei ihm. Die einzigen Ausnahmen waren... Meine Mutter für zwei Stunden und Felix. Seine Beerdigung. Die besuchte ich natürlich. Auch hatte ich für zehn Minuten nach Chan gesehen, der sein Zimmer zwei Türen neben Changbin hatte. Ich führte zwar keine persönliche Beziehung zu ihm. Weder zu Chan, noch zu Felix. Aber es ging hier um den Respekt und ums Prinzip. Wir besuchten die gleiche Schule. Man kannte sich irgendwie. Ich hatte mich also irgendwie verpflichtet gefühlt. Ansonsten... Blieb ich bei meinem Bruder. Das war die Wahrheit. Die ganze Zeit über war ich bei ihm gewesen. Jede Sekunde. Nur... Im Schulgebäude. Da war ich nicht bei ihm gewesen. Bei ihm konnte ich erst sein, als er rausgetragen wurde. Das bedeutete... Das war nicht mir zu verdanken. Seine Rettung... Diese war nicht mir zu verdanken, nein. Ich seufzte, als ich wieder zurückdenken musste. An den Moment, an dem sich all die Wagen um unsere Schule versammelten.

„Ich muss da rein!", keuchte ich, weil ich noch immer nicht ganz verarbeiten konnte, was passiert war.

Der Polizeibeamte, zu dem ich sprach, sah mich durch große Augen an. Er erwartete wohl nicht, dass ich genau diese Aussage bringen würde. Aber ich wusste es besser. Hierbei ging es um Changbin. Um den, der sich noch immer da drinnen befand.

„Tut mir leid, aber-"

„Mein Bruder ist da drinnen!", unterbrach ich ihn und wollte mich an ihm vorbei drängen.

Er schubste mich zurück. Auch wenn es nur leicht war, spielten meine Gefühle und Gedanken verrückt, als er mich am Körper berührte. Allgemein. Ich war viel zu Impulsiv.

„Ich werde Sie da nicht reinlassen.", sprach er streng und ich versuchte hinter ihm irgendwie etwas zu erkennen.

So groß und breit, wie er aufgebaut war, erschien es mir fast unmöglich.

„Von Ihnen scheint ja keiner was zu machen! Wieso stürmen Sie die verdammte Schule nicht?!", rief ich aufgebracht und er hob geduldig eine Hand.

Too much Promises - Stray Kids FF, Hwang HyunjinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt