Kapitel 85

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(Bild von Laliza Manoban)

Angestaute Emotionen

Jisoo Chaehyoung

Wie nannte man es so schön? Der Schatten seiner selbst sein... War das korrekt? Denn so fühlte ich mich. Ich war zwar da... Ich konnte mich bewegen, ja, aber... Mehr auch nicht. Reden fiel mir schwer. Denken fiel mir schwer. Zu lächeln... Ich wusste nicht, wie ich das Wochenende in Worte hätte fassen können. Ich hatte eine Leiche gesehen... Mein Bruder wurde festgenommen. Ich musste mit all den Problemen konfrontiert werden, die mich selbst betrafen. Ich hatte Felix wieder gesehen... Ich hatte all das erlebt und dennoch... Fühlte es sich nicht real an. Nicht echt... Als wäre es nicht passiert, aber das war es. Es fühlte sich nicht an wie beim Amoklauf, nein. Wo jeder Schmerz und jede weitere Emotion sich tief festsetzte. Hier fühlte es sich noch so an, als könnte ich es nicht realisieren. Ich musste hart schlucken. Dabei... War Chan ja wirklich nicht mehr da. Meine Eltern wussten es. Sie bekam natürlich einen Anruf und mich sahen sie schließlich auch. Sie wollten direkt zu ihrem Kind, was ihnen verboten wurde. Niemand durfte ihn in der erste Woche besuchen... Mein Vater war so wütend. Vor allem auf mich. Meine Mutter wurde aber auch nicht verschont, obwohl sie sich bereits die Augen ausweinte. Ich atmete aus, bevor ich die Tür zu meinem Spind schloss. Ich dachte nicht gerne an ihr Leid. Sie taten mir leid, beide. Selbst mein Vater, der eigentlich für Chan's Rückkehr die Schuld trug. Beide hatten mein Mitleid. Wenn ich ehrlich war, war Zuhause nichts in Ordnung. Das einzige, was durchging, das war... Der Fakt, dass meine Eltern gemeinsam litten. Sie verbrachten viel Zeit gemeinsam und... Sie versuchten sich was für Chan auszudenken. Sie spielten mit dem Gedanken, ihn frei zu kaufen. Das durften sie erst ab nächste Woche und dennoch... Löste es Emotionen in mir aus. Ein Glück war heute der letzte Tag vor den Ferien, sodass ich mich die kommenden Tage ausruhen könnte. Obwohl... Wollte ich das? Die Schule war ein Ort an dem ich mich ablenken konnte. Außer heute. Heute war Minho nicht da. Er kam nicht und er antwortete auch nicht auf meine Nachrichten. Han? Han war ebenfalls nicht da. Weder er noch Changbin. Und Hyunjin? Hyunjin war hier. Er wich bis eben nicht von meiner Seite. Wir sprachen zwar kein Wort, aber er war bei mir. Er war da und es war gut so. Nun musste er weg. Er war nicht mehr da und jetzt war es nicht mehr so okay. Ich lehnte meine Stirn an meine Spindtür, nachdem ich sie zuschloss. Wie gerne ich Jennie um mich herum gehabt hätte... Aber ich begegnete ihr heute noch nicht und... Wir waren in einem Streit auseinander gegangen. Wer wusste schon, ob sie sich bereits mit mir unterhalten konnte...

„Kann sie bestimmt...", sprach seine tiefe Stimme zu mir und die Tränen kamen auf der Stelle in mir auf.

Felix... Dass ich ihn hörte und sah... Das war ein Segen, doch auch ein Fluch. Ein Segen, weil ich ihn wieder um mich hatte. Er war für mich da, so, wie er es jedes Mal war. Zugleich... Vermisste ich ihn aber auch, weil ich schließlich wusste, er war nicht echt.
Meine Emotionen spielten also ziemlich verrückt, vor allem, wenn man bedachte, was mich nebenbei noch beschäftigte und was ich noch nicht verarbeitete...

„Du musst sie einfach nur ansprechen...", sagte er und ich entfernte meinen Kopf von der Spindtür.

Mein Blick ging am Spind vorbei und traf auf seine Augen... Ich sah ihn an. Da fing er an zu lächeln. Die Themen, die mich belasteten, lösten sich für einen Moment in Luft auf. Ich atmete aus. Oh, Felix, musste ich denken. Dein Herz verdient diese Welt nicht.

Dich verdient die Welt nicht."

Als er das sagte, musste ich sachte schmunzeln. Er schaffte es mich für einen Moment gut fühlen zu lassen, bevor mal wieder alles nach hinten losging. Es war ein lautes Geräusch ertönt, dass mich aufschrecken ließ. Es war eine Spindtür, die laut zugeknallt wurde. Dabei blieb es aber nicht. Da war auch Musik, die laut abgespielt wurde. Ich musste nicht viel umhersehen, um zu wissen, von wem der Lärm kam. Es kam natürlich von ihr. Von Laliza. Meine Augen hatten sie gesucht und entdeckt. Sie erwiderte meinen Blick, bevor ich wieder wegsah, denn wenn ich ehrlich war. Mit ihr hatte ich am wenigsten Lust zu sprechen. Vor allem, weil sie der Grund dafür war, wieso Felix hier nicht mehr stand... Wie es schien, hatte sie aber ganz viel Lust auf mich. Ich vermutete ja bereits, dass ich verflucht war...

Too much Promises - Stray Kids FF, Hwang HyunjinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt