(Bild von Jisoo Chaehyoung)
Gegenwart
Jisoo Chaehyoung
In den Spiegel gesehen, malte ich mir mit dem Lippenstift über die Lippen. Ein helles rosa, dass meine Lippen zum glitzern brachte. Den obersten Knopf meiner Bluse öffnete ich. Für den Reiz. Ich hatte früh gelernt, dass eine Frau nur weit kam, wenn sie stolz auf das sein konnte, was sie besaß. Dazu gehörten nun mal die Busen. Meine Haare zurecht gestrichen, klopfte ich mir meine Hände ab. Mit hochgezogener Augenbraue, blickte ich an mir hinab. Ich seufzte. Ich hasste unsere Schuluniform. Eine langweilige weiße Bluse und ein Rock in blau, wobei das weibliche Geschlecht zwischen einem Rock, einer langen oder kurzen Hose entscheiden durfte, während das männliche Geschlecht die Wahl bloß zwischen der langen und kurzen Hose hatte. Neben der weißen Bluse standen uns auch beige Blusen zu. Die Schuhe waren demnach weiße Sneaker, so ganz klischeehaft eben. Ein Glück wurde die Schuluniform abgesetzt. Ab nächstem Monat konnte ich mir meine Kleidung selbst aussuchen. Ich musste grinsen.
„Was machst du denn hier?", hörte ich eine mir allzu bekannten Stimme zu mir sprechen.
Gar nicht davon erschrocken, wusch ich mir die Hände. Es handelte sich hierbei um meinen Bruder. Mein Bruder Chan, der dieselbe Privatschule besuchte wie ich, nur dass er zwei Klassen über mir war. Er war im Abschlussjahr.
„Ich sehe... Du hattest sicher deinen Spaß, hm? Wo ist der Arme? Hallo?", ritt Chan weiter darauf herum.
Seine Stimme war laut und stark. Das hatte seine Stimme so mit sich. Das sorgte für ein Echo. Das Echo hallte durch das Männer WC.
„Muss jeder wissen, dass ich Sex hatte, Channie?", trocknete ich meine Hände mit einem Stück Papier.
Mich interessierte es nicht sonderlich, ob meine Mitschülerinnen und Mitschüler wussten, dass ich Sex hatte, auch wenn es auf der Männertoilette war. Es war kein Geheimnis, dass ich gerne Sex hatte. Gerne und viel. Ich mochte nur den Gedanken, mein Bruder würde denken, es interessierte mich.
„Willst du wirklich aussehen wie eine... Schlampe?", fragte Chan.
Er wusste, mich interessierte es nicht, deshalb ein weiterer Versuch. Ein weiterer, bitterlicher Versuch, mich auf irgendeine Art zu provieren.
„Ich sehe aus wie die Frauen, die du zu dir ins Bett lässt, also... Ja.", zwinkerte ich schulterzuckend und fand meinen Weg raus.
Meinen Bruder ließ ich alleine zurück. In welcher Beziehung wir zueinander standen, blieb wohl nicht geheim. Wir verstanden uns nicht sonderlich gut, geschweige denn standen wir uns wirklich nahe. Wir lebten zwar zusammen und waren zusammen aufgewachsen, aber wir waren schon immer viel zu dynamisch, um uns zu verstehen. Viel zu temperamentvoll füreinander. Wir waren uns so ähnlich, dass wir zu unterschiedlich waren und auf Dauer einfach nicht miteinander klarkamen. Ich wartete sehnsüchtig auf den Tag, an diesem er ausziehen würde. Derartig schlimm war es.
„Jisoo!", wurde ich gerufen und ich blickte neben mich.
Mein bester Freund, der angelaufen kam. Felix. Felix Lee.
„Wo hast du denn die ganze Pause gesteckt?", fragte er.
Gemeinsam steuerten wir aus dem Schulgebäude hinaus. Wir hatten unseren Stammplatz auf dem Schulhof. Da verschwanden wir jede Pause hin, ohne groß darüber nachdenken zu müssen. Auch, wenn uns nur noch zehn Minuten von der Pause blieben. Keine Zeit war zu kurz.
„Was glaubst du denn?", warf ich mein Haar zurück.
Er stöhnte auf. Seine Stimme war tief gewesen, schon immer. Ähnlich wie Chan's, nur dass Felix jede tiefe Stimme übertraf, die ich bisher zu Ohren bekam. Er kam vor Unglauben zum Stillstand und fasste meinen Arm. Aus fragenden Augen sah er mich an. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen musste ich zugeben, dass Felix zu den Jungs zählte, die solch ein schönes Gesicht besaßen. Ich liebte vor allem seine kleine Nase, auf die ich schon ewig eifersüchtig war. Tiefbraune Augen, gerade Zähne, kleine Lippen, die dick und pink waren, ohne sie pflegen zu müssen. Sommersprossen, die sich auf und um seine Nase breit machten. Solch ein kleines Gesicht, aber die Kleinigkeiten, sie waren einfach perfekt verteilt. Ich kniff ihm in seine Wange und er machte die Augen groß. Was ich aber besonders an Felix schätzte, dass war seine Moral. Er war mein moralischer Kompass und half mir meist durch schwere Zeiten.
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Too much Promises - Stray Kids FF, Hwang Hyunjin
Novela Juvenil*wird demnächst auf Rechtschreibfehler überarbeitet* „Das sind zu viele Versprechungen, Hwang Hyunjin." „Und ich werde mich an jedes Einzelne halten." *** ...