Kapitel 35

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(Bild von Felix Lee)

Tiefe Trauer

Jisoo Chaehyoung

Hart geschluckt, stand ich da nun. In einem langen schwarzen Kleid. Schwarz. Die Farbe vom Tod und der Trauer. Die Farbe, der ich heute ständig begegnete. Egal wohin ich sah, erkannte ich die Farbe. Ich schaute hinauf in den Himmel. Es regnete. Auch wenn es nur sehr leicht war, schien es wie ein Zeichen für mich. Selbst die Weit war traurig aufgrund des Verlustes. Zurück auf das schwarzglänzende Sarg geblickt, nickte ich. Alle waren traurig. Die Welt. Ich. Freunde und Familie. Feinde. Die Schule. Die Schülerschaft. Einfach jeder. Automatisch stiegen mir wieder die Tränen in die Augen, obwohl ich die Tage zuvor schon so viel geweint hatte. Als ob ich nicht genug hätte. Ich konnte sie nicht zurückhalten. Vor allem nicht, nachdem ich gesehen hatte, welche Zeit in Anspruch genommen wurde. Die Mühe, die sich für diese Beerdigung gegeben wurde. Trotz des regnerischen Tages, glänzte das Grün in der Umgebung. Die Nelken schienen am hellsten. Mir wurde gesagt, die rosa Farbe stand für Freundschaft und Liebe. Ich empfand es als passend, weil Felix ein Freund für jeden war und die Liebe selbst verkörperte. Meine Lippen aufeinander gepresst, realisierte ich aber, dass meine Augen immer wieder zum Sarg zurückfanden, in dem er lag. Felix. In dem mein bester Freund lag. Es wurde entschieden, den Sarg in Anwesenheit aller hinab zu lassen. In die Erde... Der Gedanke bereitete mir eine Gänsehaut. Immer noch konnte ich nicht glauben, dass genau er da drinnen lag. Aber weil er nicht neben mir stand, um meine Hand zu halten, konnte es nur er sein... Ich schluckte hart, als ich hinauf sah. Ich blickte um mich. Viele Menschen waren anwesend. So viele Menschen... Ich sah zu meiner linken. Emma stand neben mir. Felix' Schwester. Sie hatte gar nicht zum Sarg gesehen, sondern vergrub ihr Gesicht im Arm ihres Vaters, der selbst nicht wusste, wie er mit seinen Gefühlen umgehen sollte. Mal abgesehen von ihrer Mutter, die am lautesten weinte. Zu meiner Rechten stand Minho. Seine Familie war auch hier. Die ganze Lee Familie war da. Aber nur Minho stand hier vorne. Neben ihm Jennie. Er hielt ihre Hand. Sie weinte. Sie weinte sehr. Es war aber auch der zweite Verlust in ihrem Leben. Ich leckte mir über die Lippen, als mein Blick hinter dem Sarg fiel. Da stand sein Fußballteam. Die Golden Boys in ihren lilafarbigen Trainingsanzügen. Eines der wenigen Dinge, die an dem heutigen Tag farbig schienen. Sie ehrten ihn auf ihre eigene Art und Weise. Ich fragte mich für einen Moment, wessen Idee das war, bevor ich den Gedanken einfach abschüttelte. Mein Blick schweifte an ihnen vorbei und ich erkannte meinen Bruder. In seinem Rollstuhl. Er war gekommen... Nur für die Beerdigung. Seine Augen brannten sich förmlich durch den Sarg. Er saß da einfach nur und sah sich einzig und allein den Sarg an. Neben ihm stand der Schuldirektor, Mister Hwang. Er war hier und sein Sohn stand neben ihm. Hyunjin wusch sich eine Träne weg, während sein Vater auf den Boden sah. Dicht neben Hyunjin, stand Seokjin. Er hatte seine Brille abgenommen, weil er weinte. Neben den beiden stand Rose. Sie stand zwar etwas weiter hinten, doch ich erkannte sie. Ihre Nase war rot, vom ganzen weinen. Neben ihr standen weitere Mädchen und Jungen. Namjoon stand unter ihnen. Auch er ehrte Felix' Tod. Han stand daneben. Etwas abseits, aber er war hier. Selbst er war hier... Imaginierte man sich nun, wie viele hier noch waren. So viele, dessen Gesichter ich nicht einmal kannte. So viele, die um ihn trauerten. Nur um ihn... Alle waren hier, nur wegen ihm... Ich konnte nicht anders, als die Tränen meiner Wange entlang fließen zu lassen. Das Schluchzen konnte ich mir ebenfalls nicht unterdrücken. Als Minho mich hörte, griff er auch nach meiner Hand. Mein Herz zog sich daraufhin schmerzvoll zusammen. Wie konnte er hier stehen? So stark und auf den Sarg seines Cousins hinab sehend, ohne eine Träne zu vergießen? Ich erkannte jeden Schmerz in seinem Gesicht und trotzdem weinte er nicht. Als wollte er es nicht. Als würde er sich mit allen Mitteln dagegen wehren. Ich drückte seine Hand. Wie von selbst musste er mich ansehen. Seine Augen waren rot gewesen. Ich nickte. Da verzog er sein Gesicht verletzt und sah wieder auf seine Füße hinab. Er atmete zitternd aus und dann geschah es. Endlich ließ er seine Emotionen raus. All seine Trauer. Er weinte...

Too much Promises - Stray Kids FF, Hwang HyunjinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt