Kapitel 78

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(Bild von Jisoo Chaehyoung)

Noch ein Toter

Jisoo Chaehyoung

Ich wischte mir die Tränen weg, während ich wie eine Verrückte nach ihm suchte. Nach... Minho. Ich konnte ihn nicht finden, ganz egal wo ich alles suchte. Deshalb entschied ich mich mein Handy hervor zu nehmen. Ich schrieb ihm eine Nachricht, ohne überhaupt darüber nachzudenken.

Wo bist du!

Er antwortete nicht. Natürlich tat er es nicht. Er war nämlich genauso verletzt wie es Jennie war. Und ich... Die letzten Tränen von meiner Wange gewischt, steckte ich mein Handy wieder weg. Wieso waren jetzt alle gegangen? Wieso ließ man mich mal wieder alleine zurück? War das jetzt etwa alles meine Schuld?
Ich fühlte mich nämlich schuldig! Ich stand zwischen den beiden, ganz klar! Ich hatte ein Geheimnis vor meiner besten Freundin, die sich wohl von mir vernachlässigt fühlte. Ich hatte Minho nicht dazu überreden können, Jennie die Wahrheit zu erzählen. Ich hatte all die Probleme, die sie beide hatten, nur verschlimmert. Es schaukelte sich alles nur weiter auf, bis es auf einmal... Boom machte. Und... Ich war es, die am Ende gehasst wurde. Wie immer. Ganz egal welche Absichten ich pflegte oder was meine Gedanken und Gründe dahinter waren. Das interessierte nie irgendwen. Ich spürte, wie mir wieder danach war zu weinen, aber statt es zu tun, unterdrückte ich es. Vor mir stand ein Tisch, auf den ich einfach zulief. Ich wusste, was ich tun musste, damit all das aus meinem Kopf verschwinden konnte. Ich schnappte mir zwei Becher. Eines trank ich in drei große Schlücke zu Ende, bevor ich das nächste Becher an meine Lippen führte. Diesen hatte ich auch leer getrunken, worauf ich nach dem nächsten griff. An diesem nippte ich nun. Der Alkohol musste mich betäuben und ich fühlte, wie er seine Aufgabe erfüllte. Ich spürte, wie locker mein Körper wurde und wie meine Gedanken um Minho und Jennie sich allmählich in Luft auflösten. Ich fing an mich wie in einer Blase zu fühlen und glaubte, dass das nicht ganz richtig war. Dass das nicht allein der Alkohol sein konnte, der das mit mir anstellte. Ich hob den Becher an. War da etwa noch was anderes drinnen? Die Lippen gespitzt, blickte ich mit einem geschlossenen Auge in den Becher. Als würde es das was bringen... Aber das Bedürfnis rein zu gucken, der hatte mich nun mal überkommen. Doch ich konnte nicht entspannt reinsehen, denn... Jemand griff plötzlich nach meiner Schulter und erschrocken davon, ließ ich meinen Becher fallen.

„Was hast du denn im Becher verloren?", hörte ich seine tiefe Stimme lachen.

Eine Gänsehaut überkam mich, als ich mich zu ihm drehte. Seine Stimme... So tief, wie sie es von Felix war. Es erinnerte mich schrecklich an ihn. Doch als ich seine blauen Haare sah, die mir in die Augen stachen, musste ich direkt wieder daran denken, wie schön er doch war. So schön... Passend zu seinen Haaren trug er nämlich ein Hemd in derselben Farbe. Seine schwarze Stoffhose gaben seinem Outfit das Schlichte, wobei er trotzdem auffiel. Wie auch nicht?

„V.", musste ich automatisch lächeln.

„Hey.", nahm er mich direkt in den Arm.

Wäre ich nüchtern, hätte ich jetzt sicherlich angefangen zu weinen. Einfach, weil ich wusste, dass ich eine Umarmung und seelischen Beistand brauchte. Nur weinte ich nicht. Die positive Ausstrahlung von V zog mich in seinen Bann. Er ließ mich erstmal alles andere vergessen.

„Du bist auch hier.", stellte ich fest und er nickte.

„Rate, wen ich mitgenommen habe.", musste er zwinkern, als er von mir abließ.

Er machte einen Arm um mich und drehte mich so, dass wir beide zu einer Gruppe von Menschen sehen konnten. Da erkannte ich ihn bereits. Wie er da stand. Wie er lachte und über sein schwarzes Haar fuhr. Er trug einen dunkelblauen Hoodie und dazu eine schwarze Jeans. Die Menschen unterhielten sich mit ihm. Ich kannte keinen von ihnen. Vermutlich waren es Leute aus anderen Schulen. War ja auch egal. Hyunjin war gerade der einzige, der mich interessierte.

Too much Promises - Stray Kids FF, Hwang HyunjinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt