(Bild von Seungmin Kim)
Wie bitte?
Woojin Kim
Meine Hände zitterten. Mein ganzer Körper zitterte. Selbst meine Beine, wodurch es mir schwer fiel, mich zu halten. Ich war fast gefallen, hätte ich mich nicht an der Wand abgestützt. Mein Herz fing an zu schlagen. Fest. Kräftig. Schnell. Es fühlte sich an, als würde jemand mit all seiner Stärke gegen mein Brustkorb hämmern. Ich atmete schwer. Ich keuchte. Panik überkam mich. Die Angst, ich könnte mich nicht kontrollieren... Ich kniete ein. Das Telefon fiel mir aus der Hand. Das Zittern ließ nicht nach. Mein Körper. Ich hatte jegliche Macht über meinen Körper verloren.
„Hallo?", hörte ich die dunkle Stimme erneut sprechen.
Ohne zu denken, sammelte ich die letzte Kraft, die ich besaß und zog den Stecker des Telefons. Mit geweiteten Augen blickte ich in den Standspiegel. Auf mein Spiegelbild, dass auf dem Boden saß. Ein Piepen ertönte in meinen Ohren. Ein langes und lautes Piepen. Es schmerzte. Meine Ohren schmerzten. Meine Lunge. Mein Hals. Mein Kopf. Mein Brustkorb. Mein Herz zog sich schmerzerfüllt zusammen und dann geschah es. Tränen sammelten sich in meinen Augen. Stark ausgeatmet, flossen sie meiner Wange entlang. Meinen Kopf gesenkt, erinnerte ich mich an die Worte der dunklen Stimme.
Es tut mir leid, Mister Kim, aber ihr Bruder ist heute Morgen von uns gegangen. Er wurde ermordet.
Ermordet. Das Wort allein sorgte dafür, dass mich ein Schauer überkam. Mir war kalt geworden. Eine Kälte. Ich hörte nicht auf zu weinen. Einerseits glaubte ich nicht, was ich hörte und andererseits war ich tief erschrocken. Erschrocken und traurig. Schniefend hob ich den Kopf wieder an. Ich atmete unnatürlich schnell. Wieso sagte man mir das am Telefon? Wieso zollte man mir keinen Respekt? War ich etwa kein Mensch? Unwillkürlich musste ich an den Anruf vom Krankenhaus denken... Als mir mitgeteilt wurde, dass meine Eltern einen Autounfall hatten und dabei ums Leben kamen. Das Telefon war auf Lautsprecher geschaltet und mein kleiner Bruder bekam das mit. Sein Gesichtsausdruck war... Unvergesslich. Auch damals... Auch damals musste man mir das am Telefon mitteilen. Und jetzt? Jetzt wieder? Dieses Mal sollte es aber... Er sein? Mein Bruder? Nein... Ich schüttelte den Kopf. Nein. Das konnte nicht wahr sein. Nicht, nachdem ich ihn nur ein einziges Mal besuchte. Nicht, nachdem ich ihm die kalte Schulter zeigte. Nicht, nachdem all das geschehen war. Nicht, nachdem ich ihm nicht ein einziges Mal sagte, wie sehr ich ihn liebte, egal, was er tat. Denn es war wirklich egal. Es war im Endeffekt immer egal. Er war mein kleiner Bruder. Ich würde ihn für immer lieben. Der einzige Mensch, den ich auf Ewigkeiten lieben würde. Nein... Er durfte nicht tot sein.
„Nein!!!", brüllte ich.
Die Nägel in den Teppich gekrallt, zog ich wie ein Verrückter an dem Stoff, der abstand. Ich zog an ihr und spürte, wie die Wut sich ihren Weg an die Spitze bahnte. Ich rüttelte weiter am Stoff des Teppichs. Ich spürte, dass wieder einmal nur ein Gefühl in mir dominierte. Die ewige Wut.
„Nein!", brüllte ich nochmal und fing an um mich zu schlagen.
Ich schlug mit der Faust auf den Boden ein, auf den Rücken des Sofas, schlug wieder auf den Boden ein, riss das Telefon vom kleinen Tisch und schleuderte es mit einem Wurf durch das Wohnzimmer. Der kleine Tisch war dabei umgefallen.
„Nein!!", brüllte ich das letzte Mal, bevor ich zum Abschluss erneut ausholte.
Ich traf den Spiegel. Schmerzerfüllt zog ich meine Hand zurück. Das Blut wartete nicht. Es floss aus meinen Knöcheln und tropfte. Es tropfte und es hörte nicht auf zu tropfen. In die Risse des Spiegels gesehen, blickte ich hinab. Ich blickte auf all die Scherben, die vor meinen Knien ruhten. Befleckt von meinem Blut. Ich spürte, wie eine Träne meiner Nasenspitze hinab tropfte. Ich schniefte. Die Wut war noch immer da. Der Schlag dämpfte nichts. Gar nichts, um genau zu sein. Ich war trotzdem verletzt. Trotzdem traurig. Trotzdem verwirrt und aufgewühlt. Trotzdem wütend. So wütend... Denn... Ich biss mein Kiefer kräftig aufeinander.
Er war es. Er hatte ihn ermordet. Jeongin war es. Ich schaute in den Spiegel und auf die Risse, die sich um die Stelle bildeten, auf die ich einschlug. Tief eingeatmet, verfinsterte sich meine Miene. Ich reckte mein Kinn und zog die Nase hinauf. Grob wusch ich mir mit meinem Unterarm die Tränen weg.„Ich habe Angst, Woo...", brach seine Stimme.
Das hatte er gesagt... Er hatte Angst und er sah es kommen. Er sah den Hinterhalt der Schlange kommen.
Ich versprach meinem Bruder, dass er keine Angst zu haben brauchte. Jeongin versprach ich, er würde es bereuen, würde er aus der Reihe tanzen.
Ich fokussierte meine eigenen Augen im Spiegelbild. Was für ein Bruder wäre ich, wenn ich mein Wort nicht halten würde? Meine Atmung war nicht mehr zu kontrollieren. Ich erhob mich dennoch. Trotz der Gefahr, dass mir schwindelig werden könnte. Das Handgelenk meiner verletzten Hand gehalten, richtete ich mich. Die Augen meines Spiegelbildes noch immer fokussiert.
Es stimmte, was man sagte. Trauer und Wut konnten das Wesen des Menschen verändern. Bis ins Detail. Jeden Gedanken. Jedes Gefühl. Jede Sichtweise.
Meine Hände geballt, fiel ich nämlich eine Entscheidung. Eine Entscheidung, ohne über diese überhaupt nachgedacht zu haben. Nur aufgrund der Trauer und der Wut, die ich empfand. Eine Entscheidung, die mein Leben für immer verändern würde.
Für die Familie. Für meinen Bruder. Für das Versprechen...
Ich würde mein Wort nämlich halten, nur für meinen Bruder und das ging bloß auf einem einzigen Weg. Kostete es, was es wolle.———
Thoughts? Wie findet ihr, dass Seungmin's Tod angekündigt wurde? Wie findet ihr, hat Woojin reagiert? Was denkt ihr... Hat er vor? Wird er überhaupt irgendwas tun? Gerne raus damit!
Bis zum nächsten Mal,
In Love, N xX.
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Too much Promises - Stray Kids FF, Hwang Hyunjin
Teen Fiction*wird demnächst auf Rechtschreibfehler überarbeitet* „Das sind zu viele Versprechungen, Hwang Hyunjin." „Und ich werde mich an jedes Einzelne halten." *** ...