(Bild von Minho Lee)
Minho's Welt
Jisoo Chaehyoung
Minho hatte Krebs. Er hatte Krebs und das musste ich erstmal verdauen. Ich war bis eben noch so wütend auf ihn. Wollte am liebsten den Kontakt abbrechen und nie wieder etwas mit ihm zutun haben, doch jetzt? Jetzt änderte sich mein ganzes Gefühlsleben ihm Gegenüber. Von jetzt auf gleich. Er hatte Krebs... Was für einen, dachte ich... In Welchem Stadium befand er sich, dachte ich... Seit wann, fragte ich mich... Was hatte das mit Chan zutun, fragte ich mich... Wie viele wussten es... Wie konnte er das verheimlichen... Wieso war mir das nie aufgefallen, schluckte ich... Hatte er noch mehr Geheimnisse? Kannte ich ihn überhaupt? Das waren nicht einmal alle Fragen. Ich hatte noch so viel mehr. Ich traute mich aber nicht mehr den Mund zu öffnen. Minho hatte es geschafft. Er hatte mich stumm geschaltet. Auf lautlos. Ich konnte ihn einfach nur ansehen und die Tränen fließen lassen. Sie flossen meiner Wange entlang. Ich trauerte hier gerade, als hätte ich die Nachricht bekommen, er sei tot. Dabei war er es nicht. Wieso ich an den Tod denken musste, das kam automatisch. Ich verband den Krebs immer mit dem Tod. Diese Gedanken konnte ich nicht kontrollieren, selbst, wenn ich es wollen würde. Aber das war ja nicht einmal das, was mich gerade so sehr beschäftigte. Es war seine Aussage. Die Nachricht, die bei mir ankam. Der Schock, der sich in mir breit machte. Es saß so tief. Ich konnte mich nicht abhalten. Ich konnte nicht aufhören zu weinen. Einerseits aus Trauer ja, aber andererseits war es der Schock. Wie war mir das noch nie aufgefallen? Ich konnte das nicht glauben. Die Gedanken und Gefühle brachen nur so auf mich nieder. Ich wusste gar nicht, an was ich genau denken sollte. Was ich fühlen konnte. Was ich sprechen dürfte. Ich wusste rein gar nichts mehr. Minho hatte mich einfach umgehauen. Ich war nicht mehr da. Während er... Er einfach schmunzelte. Das, obwohl ihm nicht danach war. Er blieb standhaft. Er blieb es sogar vor mir. Für mich. Für mich, obwohl es hierbei um ihn ging! Er strich mir über die Wangen, nahm mich in den Arm und trotzdem blieb er standhaft. Er verlor nicht eine Träne.
Er müsste länger krank sein, glaubte ich... Viel länger. Er war zu stark gewesen, um so zu reagieren. Ich schniefte und versuchte Luft zu holen. Er strich mir über die Haare, versuchte mir Trost zu schenken. Ich fühlte mich albern dabei, aber Minho hatte es wohl als normal empfunden. Er fühlte, dass ich mich allmählich erholte und ging einen Schritt zurück. Ich dankte ihm für die Zeit, die er mir gab. Keine Zeit wäre zwar lang genug gewesen, um diese Information zu verdauen, aber es war genug Zeit, um es erstmal zu realisieren. Erst dann sprach er. Ich wusste nicht, ob ich ihm zuhören konnte. Denn die drei Worte, sie schwirrten ununterbrochen in meinem Kopf umher... Minho. Hatte. Krebs.„Chan ist ein Arschloch, ja. Dem würde ich niemals verneinen. Er ist unberechenbar und hat manchmal nicht das Mitleid verdient, dass die Leute ihm gegenüber haben, aber... Er ist ein guter Mensch. Ein guter Mensch mit reinem Herzen und deshalb gebe ich ihm die Chance. Meine Liebe. Meine Freundschaft. Weil er eben ein guter Mensch ist..."
Minho fing einfach an zu sprechen. Nicht über ihn selbst oder über den Krebs. Er sprach über meinen Bruder. Schließlich verstand ich es. Er wollte nur meine Aufmerksamkeit. Er bekam sie, indem er über den Krebs sprach und nun würde er eine Verbindung zu meinem Bruder herstellen, um mir zu zeigen, dass ich in ihm keine Schuld suchen sollte. Überfordert rieb ich mir die Oberarme. Eine Kälte übernahm mich. Das alles... Musste ich erstmal richtig verinnerlichen. Minho ließ mich nicht aus den Augen. Sein Blick galt nur mir. Er zog sich seine Jacke über, um sie um mich zu legen, bevor er mich an sich zog. Er wollte sich die Beine vertreten und ich hätte nichts lieber gewollt als das.
„Weißt du, seit wann er weiß, dass ich krank bin? Lass mich mal überlegen", er machte einen Arm um mich. „Seit 11 Jahren. Und er hält dicht. Er hält einfach dicht. Er ist ein guter Geheimnisträger. Ein guter Beschützer..."
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Too much Promises - Stray Kids FF, Hwang Hyunjin
Teen Fiction*wird demnächst auf Rechtschreibfehler überarbeitet* „Das sind zu viele Versprechungen, Hwang Hyunjin." „Und ich werde mich an jedes Einzelne halten." *** ...