(Bild von Woojin Kim)
Entscheidender Besuch
Woojin Kim
Und sie folgte. Die Trauer. Nach Wochen in Wut... Empfand ich Trauer. Es war nicht wirklich Trauer, es war... Das Alleine sein. Die Enttäuschung. Die Enttäuschung, die ich gegenüber Seungmin empfand, aber auch mir gegenüber. Denn vermutlich... Hatte Chan recht, auch wenn ich es nur ungern zugab. Vielleicht war das Ganze ja auch meine Schuld. Schließlich lebte ich mit Seungmin zusammen und... Hatte von rein gar nichts etwas mitbekommen können. Ich konnte die Gefahr nicht erkennen. Nicht die, die von meinem Bruder ausging und auch nicht die, die von Jeongin ausging. Ich konnte nichts sehen. Als wäre ich blind. Als wäre ich blind durchs Leben gegangen. Trug ich nicht die Verantwortung für ihn? Musste ich als großer Bruder nicht zugänglich sein? Hätte ich nicht für ihn da sein sollen? Das alles und noch viel mehr. War das nicht meine Pflicht? Ich hatte sie wohl missachtet. Wie Chan eben sagte... Ich hasste das Arschloch und er trug definitiv eine Mitschuld, aber er hatte recht. Er hatte recht, wenn er sagte, ich war blind. Ich hatte meinen eigenen Bruder nicht sehen können. Andererseits überkamen mich Gedanken wie... Mein Bruder war eigensinnig. Er kam nicht von selbst zu mir, egal wie oft ich ihm sagte, dass er es könnte. Er blieb stets schweigsam. Freundete sich mit reichen Pennern an. So egoistisch. Wobei... Was war, wenn er einfach nur einen Freund brauchte? Ich war im totalen Zwiespalt. Die ganze Woche. Aber vor allem hielt ich es nicht mehr aus. Zumindest nicht ohne reinem Gewissen...
Eines musste aber gesagt sein. Denn egal welche Emotion ich schlussendlich empfand... Die Wut schwand nicht. Sie war eines der Emotionen, die mitschwangen. Als wäre es die Grundemotion und jedes andere baute darauf auf. Sie war schließlich die erste Emotion, die ich fühlen konnte. Wut... Der Rest kam mit der Zeit... Ich musste mich aufsetzen. Fakt war, dass die restlichen Emotionen nun mal eintrafen, was an ihm lag. An Chan. Seine Worte nagten bedauerlicherweise nun mal sehr an mir. Die Tatsache, dass ich es hätte spüren sollen. Dass ich hätte für meinen Bruder da sein sollen. Das war der einzige Grund dafür, weshalb ich hier war. Weshalb ich mich schlussendlich doch dafür entschied. Ich war bei ihm... Bei Seungmin.„Woojin!", sah ich, wie er seine Lippen formte, hörte ihn aber nicht.
Er stolperte regelrecht auf mich zu. Er stieß dabei den Stuhl beiseite und drückte seine Hand auf das Glas, dass uns beide voneinander trennte. Seine Augen bohrten sich förmlich in meine. Er hatte sie weit aufgerissen, nicht glaubend, dass ich hier war. Während ich ruhig da saß, die Hände auf die Platte abgelegt, versuchten die Wachmänner ihn von der Scheibe zu reißen. Sie zwangen ihn auf den Stuhl, warnten ihn mit Worten, die ich nicht entziffern konnte. Anschließend drückten sie ihm den Hörer in die Hand, durch das wir kommunizieren konnten. Er wirkte erstmal völlig überfordert, bevor er zögernd nach dem Hörer griff. Ich leckte mir über die Lippen. Er fing bereits an zu sprechen. Schluckend führte ich mir den Hörer ans Ohr. Ein unruhiges Gefühl dominierte in mir. Angst... Angst davor, was kommen könnte. Was auf mich zukommen würde...
„Oh mein Gott... Du bist gekommen", er atmete schwer. „Du bist endlich gekommen... Danke, Woojin. Danke. Danke, tausend Mal. Ich habe dich so vermisst!"
Ich schluckte erneut, bevor ich mir auf die Unterlippe biss. Er wirkte panisch. Ich meinte zu glauben, dass er abgenommen hatte. Sein Gesicht war blass. Als wäre er krank geworden. Seine Haare waren ungeduscht und seine Kleidung nicht unbedingt sauber. Er war nervös. Nein. Er war aufgedreht und am zappeln. Als würde es nicht mein Bruder sein, der vor mir saß... Und genau das. Das löste etwas in mir aus. Es war wieder die Angst. Aber es war Angst und Sorge... Um ihn. Aus irgendeinem Grund hasste ich mich dafür, weil ich diese Gefühle empfand. Ich wollte das nicht. Zumindest nicht so früh und niemals für ihn. Auch wenn er mein Bruder war, war er noch immer derjenige, der Amok lief. Er...
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Too much Promises - Stray Kids FF, Hwang Hyunjin
Teen Fiction*wird demnächst auf Rechtschreibfehler überarbeitet* „Das sind zu viele Versprechungen, Hwang Hyunjin." „Und ich werde mich an jedes Einzelne halten." *** ...