Sweater Weather von The Neighbourhood
I want to write a novel about silence.
The things people don't say.
-Virgina WoolfEs ist Montag. Montag der dritte Oktober. Ein Tag der in meinem ganzen Leben noch nie Bedeutung hatte. Ich kann mich nicht an einen einzigen dritten Oktober in diesen sechzehn Jahren erinnern. Wieso meine Geschichte also ausgerechnet heute an einem so banalen Montag anfängt, kann ich selbst nicht erklären, aber was soll's? Das Schicksal ist eben manchmal ziemlich unberechenbar. Das das Schicksal personifiziert sicher eine Frau aus den Sechzigern wäre, dass taucht einfach so in meinem Kopf auf. Eine braunhaarige Dame mit noch grüneren Augen als meine eigenen. Ihr Name ist bestimmt Anis und ihre Lieblingsfarbe ist rot. Sie trägt gepunktete Kleider und Schuhe, die für meine Füße viel zu klein wären. Auch wenn man es dem Tag heute vielleicht nicht ansehen kann, ich glaube Anis ist eine hoffnungslose Romantikerin.
Wie ich darauf komme? Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Ich mag die Sechziger ja nicht mal. Heute scheint jedoch alles so durcheinander zu sein, dass ich eigentlich gar nicht sicher sagen kann was ich eigentlich mag und was nicht. Ich kann eigentlich gar nichts sagen und gar nichts erklären und trotzdem bin ich hier und versuche alles irgendwie aufzuschreiben. So unbeholfen und verwirrt war ich lange nicht mehr und doch habe ich das vorahnende Gefühl, dass ich in den nächsten Tagen nur noch verwirrter sein werde.
So verwirrend wie diese Stadt und so verwirrend wie mein Leben. Niemals hätte ich geglaubt etwas so spannendes zu erleben, dass es jemals wichtig genug wäre um es aufzuschreiben, geschweige denn es anderen zu berichten, aber wie schon gesagt, das Schicksal ist unberechenbar.
So stehe ich hier und philosophiere über mein Leben während ich unbeholfen wie eh und je in die nasse Pfütze Regenwasser vor meinen Füßen starre. Was ich sehe überrascht mich eigentlich nicht. Das bin ja nur ich. Mein eigenes Gesicht was mich so wie sonst auch selbstkritisch mustert. Das macht es immer. Es mustert mich als würde es nicht wissen das doch heute der dritte Oktober ist. Der Tag an welchem mein Schicksal wie eine Kurve auf einer sonst so graden Lanstraße eine Wendung nimmt.
Meine Haare hängen wieder verzottelt in mein Gesicht, dass haben offene Haare so an sich, wenn man herunter blickt. Sie scheinen heute richtig grau zu sein und dabei sind sie doch eigentlich braun. Sie haben wohl heute nicht aufgepasst und einfach vergessen, dass sie eigentlich braun sein müssen. Sowas passiert Scheins einfach. Wenn ich jetzt meinen Kopf hebe, muss ich schon sagen, dass der dritte Oktober kein besonders schöner Tag ist. Er ist hauptsächlich grau und riecht nass. Er ist kalt und rau und könnte ich mir einen anderen Tag im Oktober aussuchen, dann hätte ich den zweiten genommen.
Gestern war es nicht so windig und die Bäume waren noch schön bunt. Die Sonne strahlte warm als wäre es Sommer und die Kinder in meiner Straße malten mit bunter Kreide Hüpfekästchen auf den Gehweg. Es war ein perfekter Tag, einen der mich daran zweifeln lässt ob Anis wirklich eine hoffnungslose Romantikerin ist. Vielleicht kann auch selbst sie nicht entscheiden welcher Tag genau an der Kurve der Landstraße meines Lebens liegt.
Jetzt wo ich darüber nachdenke, hätte ich für die Metapher lieber eine andere Straße genommen. Vielleicht eine aus der New Yorker Innenstadt oder so. Eigentlich sollte mein Leben keine langweilige und sogar gerade Landstraße sein. Ach man Étoile, was kannst du eigentlich? Oder wie Lou in der letzten französisch Stunde so fälschlich sagte: Qu'est-ce que tu peux?
Das ich genau jetzt an Lou denken muss ist eigentlich ganz passend. Ich war gerade bei ihr zu Hause. Eine Freundin, die ich eigentlich nicht verdient habe. Tja, wie soll ich das beschreiben? Wie kann ich bloß jemand so schönen in so wenigen Worten beschrieben? Nein, um sie zu beschreiben hat die deutsche Sprache zu wenig Adjektive und wenn sie genug Adjektive hätte, dann wäre ich nicht gebildet genug um damit jemanden wie Lou zu beschreiben.
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I Can't Tell You Who I Am
Teen FictionIch sehe in sein Gesicht. „Geht's dir gut?" Ein genervter Blick kommt zurück. „Seh ich so aus als würde es mir gut gehen?" „Keine Ahnung. Du zeigst ja keinem wie es dir geht." Und dann lächelt er tatsächlich. „Es geht dir gut!" Freude und Triumph...