Easier von 5 Seconds of Summer
Underestimate me. That'll be fun.
Finn sitzt neben mir auf meinem Bett und starrt wieder vor sich hin. Es ist nicht so schlimm wie gestern. Er scheint sich langsam wieder zu fangen, aber gut ist es wohl noch lange nicht, wenn es das je war. Ob er schon immer so traurig war, wenn er bei mir war und ich es nur noch deuten konnte, weil ich ihn da noch nicht so gut kannte? Und jetzt kann ich Teile seines ehemaligen Pokerfaces deuten? Zumindest manchmal scheint es mir so. Vielleicht weiß er genau das auch und versteckt sich deswegen hinter einer Sonnenbrille. Hatte sie schon an als er ins Zimmer gekommen ist und trägt sie immer noch. „Ist dein Kopf leer?" Frage ich, weil er so leblos aussieht als würde da oben nur ein seichter Wind etwas Staub durch die Gegend tragen. Finn schüttelt mit dem Kopf. Ich versuche ihn ein bisschen abzulenken, vielleicht denkt er dann an was anderes. „Wenn du dir genau jetzt was wüschen könntest, was wäre es?"
Er atmet tief durch und lächelt dann bitter. „Nen niedrigeren IQ." Was? Verwirrt wie immer starre ich ihn an. Er sagt echt immer solche Sachen, die einen nichts verstehen lassen. „Wieso?" Frage ich also direkt nach. Er sieht weiter nach vorne. Unnatürlich. Hat wohl wieder was eingenommen. „Dumme Menschen sind immer glücklicher." Echt? Neugierig beobachte ich ihn. Wie kommt er denn auf sowas? „Wieso?" Wenn Finn wirklich mit mir redet, habe ich immer das Gefühl noch etwas zu lernen. „Wenn du schlecht denken kannst, dann siehst du die Zukunft und die Vergangenheit nicht. Alles ist nur so wie es direkt vor deiner Nase ist." Er blickt sich um. „Zimmer, Wand, Fenster, Bett, Tisch, du, ich. Kein Grund unglücklich zu sein." Nachdenklich sitze ich da. Vielleicht ist da wirklich was wahres dran. Wenn ich zu lange nachdenke, dann fallen mir immer peinliche Dinge ein, die ich getan habe und Streits, die ich nicht gewinnen konnte. Ich denke an Geschichten, die mir vor vier Jahren traurig gemacht haben und frage mich wieso ich das eine Matheproblem von letzter Klausur nicht lösen konnte. Ob andere das wirklich nicht tun, wenn sie weniger intelligent sind oder ist das nur die Depression, die aus Finn spricht?
„Und wenn du einfach versuchst nicht zu denken?" schlage ich vor, weiß aber nicht ob das überhaupt möglich ist. Finn weiß es wohl besser als ich, also sollte ich vielleicht gar keine Ratschläge von Dingen geben, von denen ich nun wirklich keine Ahnung habe, ich würde nur so gerne irgendwie helfen. Mag es nicht ihn so zu sehen. Finn sieht mich ernst an. „Du willst also wirklich, dass ich aufhöre zu denken? Weißt du was passieren kann, wenn ich aufhöre zu denken?" Nein, ich kann es mir nicht mal vorstellen. „Du fühlst." Antworte ich dann also einfach. Finn sieht mich an als wäre das eine ganz schlechte Idee. Hinter der Sonnenbrille ist es schwieriger seinen Gesichtsausdruck zu deuten. Verängstigt, aber auch unsicher? „Hör auf, auf deinen scheiß Kopf zu hören und mach endlich mal das, was dir am einfachsten fällt. Sei du selbst." Er sieht weg. „Und du glaubst, dass ich das kann?" Ich nicke mit Zuversicht. „Du bist du selbst, wenn du hier bist und es scheint dir nicht schwer zu fallen."
Er blickt einfach wieder zum Fenster. Heute sitzen wir neben einander wie sonst auch, aber dieses Mal hält er meine Hand nicht. Seine Arme sind um seine angezogenen Beine geschlungen und ich bemerke wie klein er doch aussehen kann. So neben mir, in diesen schwarzen Sachen, sieht er aus wie ein kleines dunkles Loch im sonst so hellen Raum. Alles was er sieht muss doch durch die Brille nur noch dunkler und trostloser aussehen. Weil seine Hände seine Beine umschlingen kann ich sie nur zur Hälfte sehen, dadurch wirkten sie so viel kleiner und schwächer als sonst. Seine Füße graben sich mit den Zehenspitzen in die Matratze und verkleinern sich so auch um ein Stück. Wie er hier sitzt als würde gleich über uns die Decke zusammen fallen, bereit seine Hände über den Kopf zu halten, wenn alles zusammenfällt und auf uns runter kommt. Ist er so, wenn er er selbst ist? Klein und hilflos, immer bereit für ein Erdbeben? Darauf gefasst, dass etwas die Erde unter seinen Füßen wegzieht? Krallt er sich deswegen so in die weiche Matratze? Ist mein Bett sein neuer Untergrund?
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I Can't Tell You Who I Am
Teen FictionIch sehe in sein Gesicht. „Geht's dir gut?" Ein genervter Blick kommt zurück. „Seh ich so aus als würde es mir gut gehen?" „Keine Ahnung. Du zeigst ja keinem wie es dir geht." Und dann lächelt er tatsächlich. „Es geht dir gut!" Freude und Triumph...