K35 "I'm going to pretend what ever I want"

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Kill Of The Night von Gin Wigmore

How wonderful it is to be silent with someone
-Kurt Tucholsky

Ich habe Kyle gefragt, ob wir uns wirklich nur als Freunde treffen und er hatte zugestimmt. Er meinte, wir würden einfach nur zusammen auf Fest im Dorf gehen. Weil Finn mich so genervt hat, habe ich nicht mehr mit ihm gesprochen und ihm auch nichts von der ganzen Sache erzählt. Er meinte ja gestern, dass ihm Mädchen eh zu anstrengend sind. Da könnte ich ihm gleich was in die Eier rammen und ein fettes Schild mit ‚Gleichfalls' hochhalten, denn wenn hier einer von uns anstrengend ist, dann ist ja wohl er das! Mit seinen Stimmungsschwankungen und dem ganzen Zeug. Er soll sich einfach mal entscheiden was er will. Das kann doch nicht so schwer sein!

Ich sehe kurz zu Kyle rüber. Er sitzt neben mir im Taxi. Schaut aus dem Fenster heraus. Er hat sich wirklich nicht besonders schick gemacht. Trägt die Sachen, die er in der Schule auch an hat. T-Shirt und Jeans und seine Haare sind auch bloß einmal durchgekämmt. Sie scheinen fast heute weniger Volumen zu haben als sonst. Das hier ist definitiv kein Date. Er hat mir nichts mitgebracht und er hat mir auch nicht die Tür aufgehalten, als ich mich ins Taxi setzten wollte. Das sind alles Dinge, die ich auch nicht unbedingt von meinem Date erwarten würde, von denen ich mir aber zu hundert Prozent sicher bin, dass Kyle sie tun würde, wäre das hier ein Date. Das dies nicht der Fall ist, beruhigt mich. Er hat mir wohl wirklich zugehört und respektiert meine Antwort. Versucht mir nicht etwas aufzuzwingen für das ich noch nicht bereit bin. Ich bin ihm dafür sehr dankbar, sehe es aber irgendwo auch als selbstverständlich an, dass man solche Sachen respektiert.

Bei Kyle, fühle ich mich immer besser als ich es eigentlich bin. Er lässt mich irgendwie begehrenswert fühlen. So als hätte ich nur das beste verdient. Von ihm kann man einiges lernen. Ich lerne bei ihm immer mich selbst mehr zu lieben, mich wertzuschätzen und nicht meinen Wert daran auszumachen wie sehr mich andere Menschen mögen. Kyle sieht mich immer so an, als sei ich genauso perfekt wie ich bin. Das gibt mir sehr viel Selbstvertrauen. Ich würde ihn eigentlich auch gerne so fühlen lassen, aber ich weiß nicht wie man sowas macht. Dazu lehne ich ihn ja immer ab. Vielleicht kann ich ihn also nicht begehrenswert fühlen lassen, selbst wenn ich es ihm so sehr gönnen würde. „Danke, dass du mich eingeladen hast." Sage ich leise, denn ich finde es immer komisch in Taxis zu reden. Der Fahrer hört doch immer mit. Kyle sieht zu mir rüber und fast bedauere ich das ganze für das Fenster. Sicher hat es seine Aufmerksamkeit genauso genossen wie ich es immer tue. „Danke, dass du mitgekommen bist." Gibt er nur zurück und ich lache leise. Das ist kitschig. „Ist das Fest ein großes Fest?" Frage ich neugierig. Er nickt lächelnd. „Ja, aber es sind hauptsächlich Jugendliche da. Wir haben die älteren irgendwie vertrieben. Manchmal sind da noch ein paar Millennials, die sich zu cool fühlen um nicht mehr hin zu gehen. Die stehen dann da mit ihrem OBI-Grill, saufen ihr Weizen und eine bringt ihre veganen gefüllten Paprikas." Ich lache leise.

Langsam hält das Taxi an. Überrascht und auch ein bisschen aufgeregt sehe ich zum Fenster raus. Oh, wir scheinen noch nicht bei dem Festplatz angekommen zu sein. Vor uns liegt lediglich eine kleine Gasse. Sie wird von den gelblichen Laternen dunkel angestrahlt, so dass die kleinen dunklen Straßensteine bronze glänzen, wie nasses Katzengold. Kyle bedankt sich bei dem Taxifahrer und holt seine Karte heraus. Ich überlege ob ich die Fahrt nicht bezahlen sollte, aber Kyle lässt mir nicht genug Zeit um überhaupt Widerspruch einzulegen. In Gedanken zucke ich mit den Schultern. Vielleicht kann ich ja die Rückfahrt bezahlen. Irgendwie bin ich auch dankbar dass ich kein Geld ausgeben muss, weil die Fahrt in die Stadt zwar nicht lang war, ich aber im Moment auch nicht so viel Geld habe. Ich schnalle mich ab und öffne die Tür. Sofort kommt mir die kalte frische Abend Luft entgegen. Kyle tut es mir gleich und wir treffen uns neben dem Auto. Der Taxifahrer scheint es eilig zu haben zu seinem nächsten Kunden zu kommen, denn sobald wir die Türen zugeschlagen haben ist er schon wieder auf dem Weg. Ich sehe abwarten zu Kyle rüber, welcher jedoch erst mal seine Umgebung zu mustern scheint.

I Can't Tell You Who I AmWo Geschichten leben. Entdecke jetzt