Save me by Omri
Make it look pretty but train it to kill.
Sie liegt in ihrem Bett und starrt auf ihren Computer. Ihre Gedanken sind Mal wieder wo anders. Nicht bei ihrem Bruder wie sonst, sondern bei dem gutaussehenden dunkel haarigen Jungen eine Etage unter ihr. Wahrscheinlich sitz er auf dem Sofa im Wohnzimmer, denkt sie. Er ist nicht größer als ihr Bruder und er hat auch nicht so viel Einfluss auf andere, doch er ist klug und selbstbewusst. Er scheint alles unter Kontrolle zu haben und das macht ihr Angst. Ihr Leben ist das reinste Durcheinander und jetzt hört sie nicht Mal auf an ihn zu denken. Daran wie es wohl wäre ihn zu küssen. An sein Tattoo. Daran wie er wohl riecht und ob es sich wohl warm anfühlt, wenn er einen umarmt.
Seit Tagen denkt sie an diesen Abend. An den Moment in dem sie seine Hand weg schlug und sich ihre Hände kurz berührten. Sie war nervös. Dann das in der Küche. Das auf der Couch. Seine Lippen auf ihren. Plötzlich geht ihre Zimmertür auf. Ihr stockt der Atmen. Er ist es. Schließt die Tür und läuft zu ihrem Bett. So dort sitzend, mit der Decke über ihren Beinen unten auf ihrer Matratze, fühlt sie sich so klein. So inzwischen auch direkt neben ihm. Er setzt sich zu ihr ohne ein Wort zu sagen. Sie hält die Luft an und vergisst zu denken. Weiß nicht was sie tuen soll. Er sollte nicht hier sein. Ihr Bruder wird sie hassen. Die Matratze sink ein Stück neben ihr ein und sie rutscht automatisch ein Stück zur Seite. Was tut er hier? Er sollte nicht hier sein. Nicht jetzt, wenn ihr Bruder sich doch auch im Haus befindet. Sein Arm kommt in ihr Sichtfeld und seine Hand drückt zielsicher auf die Leertaste ihres Computers um die nächste Folge zu starten.
Sie traut sich immer noch nicht ihn anzusehen, auch wenn sie meint seinen Atem spüren zu können. Er ist ihr so nah. Nein, er ist gewiss nicht der erste, der ihr so nah ist, aber bei ihm scheint ja auch alles so anders zu sein. Es wirkt als würde er durch sein Leben gehen und auf dem Weg jeden um sich herum beeindrucken. Und sie? Sie hat nur ihren Bruder. Der, der ihr hier für den Kopf abreißen würde. Jason bewegt sich kein Stück. Emely bemerkt nicht wie nervös er ist. Er behält solche Dinge immer tief in ihm versteckt. Da wo nur noch sein Bruder sie bemerken kann.
Und so sitzen sie da und sagen nichts. Beide werden sich nicht an die Folge erinnern können, denn keiner von ihnen scheint auf den Inhalt zu achten. Jasons Gedanken sind bei Emely und der Frage, ob sie seinen Arm wegschlagen würde, wenn er versuchen würde ihn um sie zu legen. Emely fragt sich das selbe. Hätte sie nicht jeden seiner Näherungsversuche abgeblockt, würde Jason es vielleicht nochmal versuchen. Wieso muss sie auch immer so tun als wäre es ihr egal? Natürlich ist es das nicht. Wenn es um Jason geht könnte es ihr nie egal sein. Sollte sie selbst einen Versuch wagen? Wahrscheinlich nicht. Jemand wie er hat nicht wirklich Interesse. Er ist mental viel zu alt für sein Alter. Jedenfalls im Vergleich zu anderen. Besonders im Vergleich zu ihr. Wie sagt Sam immer? Emely verhält sich als würde sie noch bis zu ihrem Tod in der Pubertät bleiben.Sie fühlt sich nie zufrieden. Stillsitzen ist nicht ihr Ding. Die Welt muss sich drehen und sie noch schneller in die entgegengesetzte Richtung. Weiter wie eine Playlist, die immer in Dauerschleife läuft. Während Jason ein einmaliger Klassiker ist. Er gehört zu diesen alten Schallplatten, die man nur zu legeren Festen auflegt. Die, welche Melankolie und gute Erinnerungen hervorbringen. Ein Single Molt für einen Gentleman. Das ist er. Während sie nur eine billige Flasche pinker Hugo ist. Eine von denen, die von dreizehnjährigen Mädchen illegal im Kiosk gekauft wird. Sie ist wie ein armes Bauernmädchen, mit dem Traum berühmt in Hollywood zu werden. Und er, er ist genau das. Ein unerreichbares Ziel.
Lange denkt sie nach. Sollte sie etwas sagen? Was genau? Zu ihm? Sprechen? Weiß wie überhaupt noch wie das geht? Natürlich sollte sie etwas sagen. Sie ist Emely. Die, mit der großen Klappe. Es darf ihr gar nicht schwer fallen. Das tat es noch nie und das sollte auch nicht neuerdings. Das sind schlechte Angewohnheiten. Still-Sein passt nicht zu ihr. Das hat es noch nie. Mühsam legt sie sich ihre Worte zurück. Wiederholt sie nochmal, nochmal, nochmal, nochmal und nochmal bis sie sich nicht mehr nach Worten anhören. Jason sorgt dafür, dass sie nicht mehr weiß wie man spricht und als sie dann schließlich, endlich spricht:„Nettes Tattoo." bereut sie es sofort. 'Nett' war sie falsche Wahl. 'Nett' sagt man zu einer langweiligen Präsentation vor der Klasse oder zu einer Soße, die gut riecht und aussieht, aber nach nichts schmeckt. 'Nett' beschreibt keines Wegs Jasons Tattoo. Sagt nicht wie heiß es an ihm aussieht. Sagt nichts aus. Hätte sie sich doch nur kurz dazu gezwungen ihn anzusehen, hätte sie sein amüsiertes Grinsen gesehen. Ihr Kommentar hat ihm gefallen. So knapp er auch war.
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I Can't Tell You Who I Am
Teen FictionIch sehe in sein Gesicht. „Geht's dir gut?" Ein genervter Blick kommt zurück. „Seh ich so aus als würde es mir gut gehen?" „Keine Ahnung. Du zeigst ja keinem wie es dir geht." Und dann lächelt er tatsächlich. „Es geht dir gut!" Freude und Triumph...