Kapitel 208

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So vergehen die Tage recht schnell, aber leider auch ziemlich eintönig. Heute Nachmittag kommt Wincent wieder und allein bei dem Gedanken wird mir mulmig zumute. Ich will uns wiederhaben, aber ich weiß noch immer nicht, wer ich jetzt eigentlich bin. Mit dem Vorhaben, mich etwas zu beruhigen, bin ich dann unter die Dusche gestiegen, aber das Glück steht wie so oft gerade nicht auf meiner Seite und als ich aus der Dusche raussteige, rutsche ich aus und packe mich voll hin.
„Fuck" zische ich und setze mich etwas auf.
„Oh Gott, Kleines" kommt meine Mum rein und hilft mir erstmal.
Sie hilft mir, mich auf den kleinen Hocker zu setzen und gibt mir ein großes Handtuch.
„Geht's? Hast du Schmerzen?"
„Mein Knie" murmle ich.
„Soll ich nen Rettungswagen rufen oder so?"
„Nein, passt schon... Ich muss doch nachher sowieso nochmal ins Krankenhaus zur Physio, ich schreib Hannes gleich mal... Kannst du mir die Krücken geben?"
„Na klar!"
Meine Mama hilft mir dann auch noch beim Aufstehen und weicht mir nicht von der Seite. Kilian ist zum Glück gerade sowieso im Kindergarten.
„Mama, ich bekomme das schon hin, es ist nicht allzu schlimm."
„Ich kann nicht anders, als dir helfen wollen" seufzt sie und geht zu meinem Schrankteil, um mir Klamotten zu geben „Hast du noch lockerere Hosen?"
„Weiter unten, ja" seufze ich und ziehe mir den Sport-BH und das Shirt über.
Beim Versuch, mir den Slip anzuziehen, hab ich jedoch Probleme.
„Warte, ich helfe dir."
„Mama" brumm ich und lasse es dann aber einfach über mich ergehen.
Ich hasse es, auf andere angewiesen zu sein, aber ich kann ja schlecht ohne Hose rumlaufen.
„Ich weiß, du hasst diese Unselbstständigkeit, aber bis das vorbei ist, musst du akzeptieren, dass dir die Menschen, die dich lieben, helfen wollen."
Brummend rutsche ich etwas weiter aufs Bett rauf und lehne mich ans Betthaupt.
„Ach mein Liebling..."
„Wir müssen sowieso bald los" seufze ich und greife nach meinem Handy auf dem Nachttisch.
Ich öffne direkt WhatsApp und den Chat recht weit oben mit Hannes, um ihm kurz zu schildern, was passiert ist. Fast sofort folgt eine Antwort.
„Okay, belaste das Bein nicht! Hab grade sowieso noch keine Termine, wenn du willst, könnt ihr gleich kommen, dann schauen wir uns das mal an 😉"
„Hannes hat geschrieben, dass wir kommen sollen" murmle ich und packe mein Handy weg, bevor ich zu meiner Mum hochschaue.
„Dann ziehen wir uns an und fahren hin" lächelt sie und hilft mir beim Anziehen.

„Was du alles machst, um hier zu landen ey" begrüßt Hannes mich, neben ihm ein Rollstuhl.
„Das kannst du vergessen, keine zehn Pferde bekommen mich mehr in so ein Ding!"
„Mach' jetzt nicht wieder einen auf Sturkopf, wir röntgen das erstmal und dann sehen wir weiter. Wenn du nachher wieder hier abhaust, lässt du den auch hier, versprochen!"
„Na schön" seufze ich und setze mich.
„Dann fahre ich mal Kilian abholen. Papa bringt ihn dann nachher zu euch" lächelt meine Mutter und drückt mir einen Kuss auf die Stirn.
Hannes klemmt sich hinter den Rollstuhl und schiebt mich geschickt durch die Gänge.
„Also... heute kommt Wincent dich wieder abholen?"
„Ja."
„Wie geht's dir damit?"
„Ich hab nen mulmiges Gefühl, aber das wird schon. Ich hab grade mehr Angst wegen meinem Knie."
Stimmt nicht, aber ich will jetzt nicht über Wincent sprechen.
„Ach, positiv denken! Das wird schon nicht allzu schlimm sein!"

Naja, wenigstens ist eines meiner Probleme nicht allzu schlimm... Ich muss nur ne Bandage tragen, sonst ist es wirklich nicht allzu schlimm.
„Und ruhig machen, klar? Keine waghalsigen Experimente. Nächste Woche schau ich mir das nochmal an... Und da hinten wartet auch schon die nächste Herausforderung auf dich. Viel Erfolg."
Er zwinkert mir zu und nickt Wincent zu, der gerade auf uns zu kommt, bevor er einen Abgang macht.
„Was muss er sich nächste Woche nochmal anschauen?"
„Auch hallo. Mein Knie, bin vorhin nach dem Duschen ausgerutscht. Sieht nicht allzu schlimm aus, werde nur ne Weile ne Bandage tragen müssen."
„Okay, können wir fahren oder is noch was?"
„Nein, ich will nach Hause."
Wincent nickt nur kühl, bevor wir zusammen raus zum Parkplatz gehen. Auf der Fahrt schweigen wir auch mal wieder.
„Wann bringen deine Eltern Kilian?"
„Gegen acht, meinte meine Mutter, nach dem Abendbrot."
„Okay, ist noch was essbares Zuhause oder müssen wir nochmal wo ranfahren?"
„Ist noch sehr viel zuhause."
„Okay."

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