Alles was uns reicht

Kapitel 252

Sicht Wincent
Nachdem wir heute im Studio so gut wie nichts geschafft haben, was mich ziemlich abfuckt, komme ich mitten in der Nacht zurück ins Hotelzimmer. Leo scheint auch eben erst angekommen zu sein, das Bett ist unberührt und im Bad ist Licht an. Ich schmeiße also auch nur schnell meinen Rucksack weg, bevor ich ins Bad gehe.
„Hey" gähne ich und greife nach meinem Zahnputzzeug.
Leo hat sich gerade ein Handtuch um den Körper gewickelt und stellt sich jetzt zu mir.
„Alles okay?"
„Ja, war nur ein anstrengender Tag. Ich will einfach nur ins Bett... Wie war dein Tag?"
„War schön... Ich hab Jonas getroffen."
„Leo, ich hatte keinen guten Tag. Ich will jetzt nichts über deinen Ex hören."
„Über ihn wollte ich auch gar nicht reden... zumindest nicht direkt."
„Leo, ich bin müde" unterbreche ich sie, dann legt sie mir allerdings ihr Handy vor, auf dem ein Foto von ihr und ihrem Ex ist, auf dem die beiden sehr vertraut aussehen „Warum zeigst du mir das?"
„Weil mir das mit dem Anhang geschickt wurde."
„Trenn dich von Wincent, oder das Foto wird viral gehen."
Ich glaube, dass ich noch nie so genervt war, wie jetzt. Erst dieser mehr als beschissene Tag und der hat jetzt wirklich den perfekten Abschluss gefunden.
„Ich ruf nachher Anna an und frag sie, was wir jetzt machen sollen."
Mehr sag ich nicht. Ich gehe nur rüber, ziehe mich bis auf die Boxershorts aus und falle ins Bett.
„Das war's? Mehr sagst du nicht dazu?"
„Leo, ich bin müde, meine Nerven sind bis aufs äußerste strapaziert. Ich will einfach nur schlafen, wir können morgen drüber reden."
Sie sagt nichts mehr und ich bekomme auch nur noch im Halbschlaf mit, wie sie sich anzieht und sich neben mich ins Bett legt.

Aufwachen tu ich wahrscheinlich lange nach Leo, denn ihre Bettseite ist leer. Für einige Sekunden mache ich mir Sorgen... dann fällt mir ein, dass ich sauer auf sie bin. Fragen, wo sie ist, tu ich mich immer noch, aber ich bin sauer, dass diese Fotos von ihr und dem Typen, existieren. Ich mag ihn nicht. Nicht nur aus Prinzip, weil er der Ex meiner Frau ist, auch wegen der Situation im Club damals. Ein Piepen ertönt und dann geht die Tür auf. Leo kommt rein und sieht nicht aus, als hätte sie viel geschlafen.
„Morgen" murmelt sie.
„Morgen, wo warst du?"
„Im Flur, telefonieren. Wollte dich nicht wecken."
„Mit wem?"
„Deiner Mutter, beziehungsweise unserem Sohn."
Ich greife rüber nach meinem Handy und wähle Annas Nummer.
„Such mal bitte die Nachricht raus mit dem Foto, ich rufe Anna an."
Leo kommt wieder zu mir ins Bett, während ich die Nummer meiner Managerin wähle und ihr dann mal den Sachverhalt so gut ich kann erkläre. Wir diskutieren eine ganze Weile die Möglichkeiten, aber keine einzige die Anna vorschlägt ist für mich in Ordnung.
„Okay, ich versuche, mir was zu überlegen. Versucht in der Zeit, euch nirgends zu zeigen und du postest auch nichts."
„Danke, Anna."
„Ich bin eindeutig unterbezahlt! Wir hören uns."
„Ja, tschau."
Ich lege mein Handy weg und gehe direkt ins Bad... dicht von Leo gefolgt.
„Kann ich bitte erstmal duschen gehen."
„Warum bist du sauer auf mich? Weil ich erpresst werde, damit ich dich verlasse?"
„Nein, weil so ein Foto von dir und deinem Ex existiert! Warum gibt's ein Foto von euch, auf dem ihr kuschelt?"
„Wir haben uns kurz umarmt, das war definitiv kein kuscheln."
„Okay, warum habt ihr euch umarmt?"
„Wir haben uns zufällig getroffen, kurz geredet und uns dann zum Abschied umarmt. Nichts besonderes!"
„Naja, ich knuddel meine Ex nicht mal schnell, wenn ich sie treffe."
„Du lagst auch nicht nen paar Jahre im Koma."
„Selbst dann nicht!"
„Wie kannst du das wissen?"
„Weil meine Ex mir sowas von scheiß egal ist-"
„Warum reden wir dann über sie?"
„Weil wir auch über deinen Ex reden!"
„Was genau ist hier eigentlich dein Problem? Dass ich ihn getroffen habe, was mal so null meine Absicht war, oder dass ohne mein Wissen, Fotos von uns gemacht wurden, wofür ich noch weniger kann?"
„Mein Problem ist, dass es für mich nicht so aussieht, als ob er dir so egal ist, wie er es sein sollte."
„Du denkst, dass ich nach all den Jahren, in denen ich mit dir zusammen war, dich geheiratet habe und mit dir ein Kind bekommen habe, noch etwas für meinen Ex empfinde?"
„Das habe ich nicht gesagt... Aber wo du es schon so schön ansprichst: Ist es so?"
„Nein! Mein Gott!"
„Dann erklär mir das!"
„Hab ich doch schon! Ich war mit Freunden in der Stadt, er hat mich gesehen und mich gefragt, wie es mir geht. Wir haben vielleicht 5 Minuten geredet, wenn überhaupt, dann haben wir uns umarmt und sind in unterschiedliche Richtungen gegangen. Das war's! Mehr war da nicht!"
Der Blick, mit dem sie mich gerade ansieht, ist mit purer Wut gefüllt. Meiner allerdings auch. Ich muss schlucken, wenn ich sie so sehe. Keine Ahnung, ob meine Atmung sich beschleunigt, weil ich pissed bin oder weil sie heiß ist.