Alles was uns reicht

Kapitel 294

Wincent

Nachdem Frank mir zum Abschied auf den Rücken geklopft hat und mit Kilian aus dem Garten verschwunden ist, löst sich der Klos in meinem Hals.
„Dass du gut aus siehst wäre eine komplette Untertreibung!"
Lachend schlingt Leo die Arme um meinen Nacken.
„Du bekommst jetzt aber keine kalten Füße, oder?"
„Was? Nein! Lass mich kurz auf das alles klarkommen. Ich bin der glücklichste Mann überhaupt!"
„Spinner" grinst sie, aber ich meine das vollkommen ernst.
„Das richtige Eheversprechen bekommst du nachher, aber ich will dir noch was im Privaten sagen. Das hier, gehört immerhin nur uns beiden... Danke, für alles, was du tust. Ich hab das Gefühl, dass ich das viel zu selten sage, aber für mich ist alles, was du für mich, Kilian, unsere kleine Familie tust, nicht selbstverständlich. Ich bin unglaublich dankbar dafür, dich zu haben."
„Du musst es auch nicht sagen. Du zeigst es mir jeden Tag."
„Ich liebe dich."
„Ich liebe dich auch."
Grinsend ziehe ich Leo an der Taille noch dichter an mich und küsse sie. Zum ersten, aber ganz bestimmt nicht letzten Mal heute.
„Ich hoffe, dein Lippenstift ist kussfest."
„Natürlich... Nur für dich."
„Für wen sonst?"

Ihre Augen leuchten, während wir zur Location fahren, wo Marco und Zola schon draußen zusammen mit unserem Sohn warten. Ich parke und küsse Leo nochmal, bevor ich aussteige, ums Auto flitze und ihr, bevor Zola es tun kann, die Tür öffne. Zola geht uns dann aber auch nochmal zur Hand, damit das Kleid ordentlich sitzt.
„Seid ihr ready?" grinst Marco und streicht nochmal schnell irgendwas von meinem Anzug. Leo steht neben mir und verschränkt unsere Hände miteinander.
„Ready aufgewacht" schmunzle ich.
„Das wissen wir Großer" lacht Marco und klopft mir auf die Schulter, bevor er voran geht.
Das wird er mir noch ewig vorhalten!
Zola zwinkert Leo kurz zu, dann folgt sie meinem besten Freund.
„Ich hab euch lieb" kommt es von Kilian, dann geht er los.
„Wir haben den tollsten Sohn überhaupt" grinst Leo mich an.
„Hm... er wird mal ein toller großer Bruder!"
„Ja... aber dafür muss ich erstmal schwanger werden."
„Das kriegen wir schon hin. Heute früh wurden wir zwar unterbrochen, aber heute Nacht wird uns keiner stören."
„Der Tag wird lang, Wince... sicher, dass wir das die Nacht noch auf die Kette bekommen werden?"
„Sehr sicher."
Hand in Hand laufen wir also den Gang entlang bis nach vorne, wo auch schon unsere beiden Trauzeugen stehen. Alle Blicke sind auf uns gerichtet, man hört ab und zu das Klicken der Kamera, aber wir haben nur Augen füreinander.

Irgendwann wird das Wort an Leo übergeben und dann muss ich mich wirklich zusammenreißen, nicht loszuheulen.
„Als wir uns kennengelernt und angefreundet haben, hab ich mir fest vorgenommen, mich nicht von der gut aussehenden äußeren Fassade blenden zu lassen und mich nicht in diesen Typen mit den Rehaugen und dem süßen Grinsen zu verlieben. Wie gut dieser Quatsch funktioniert hat, dürfte uns allen hier klar sein." Ein leichtes lachen geht durch die Menge und auch ich kann mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen. „Mein Vorhaben ist nicht einfach nur komplett gescheitert. Du hast mein Leben auf den Kopf gestellt. Vor dir war eine Umarmung einfach eine Umarmung... Plötzlich lag ich in deinen Armen und habe die Wärme, Geborgenheit und Sicherheit genossen, die du mir einfach gegeben hast. Vor dir war ein Kuss einfach nur ein Kuss... Plötzlich lagen deine Lippen auf meinen und in mir ist ein Feuerwerk explodiert... Vor dir war das Wort Liebe einfach nur ein Wort, dass ich zwar kannte, aber durch dich habe ich es wirklich verstanden. Wincent, ich liebe dich und ich weiß zwar nicht so ganz, ob mir ein „Bis zum Ende unseres Lebens" mit dir reicht, aber es ist zumindest ein Anfang."

Kaum hat sich eine Träne aus meinem Augenwinkel gelöst, ist Leo zur Stelle und wischt sie mir mit dem Daumen sanft von der Wange. Auch in ihren Augen sehe ich ein verdächtiges Glänzen. Ich hätte anfangen sollen... Grade hat sich jedes Wort, was ich mir zurecht gelegt hatte, in Luft aufgelöst. Ich bin also dazu gezwungen, zu improvisieren... meine ach so große Stärke - nicht.
„Ich hatte mich verlaufen, bin umhergeirrt und habe den Weg raus aus diesem ganzen Chaos nicht gefunden. Dann bist du wortwörtlich in mein Leben gestolpert... Und hast mir erst Kaffee und dann Bier übers Shirt gekippt. Am selben Tag."
„Da war kaum noch Kaffee drinnen!" unterbricht sie mich.
„Du hast mir den Weg raus aus diesem Irrgarten gezeigt." fahre ich fort und greife wieder nach ihren Händen „Du hast mir die Liebe zurück in mein Leben gebracht, mich zu einem besseren Menschen gemacht. Mit dir bin ich stärker, glücklicher und mehr ich selbst als je zuvor. Ich darf schwach sein und mich in deine Arme retten. Ich darf mich benehmen wie ein kleines Kind und kann mit dir ernste Gespräche führen. Ich darf mit dir über alles reden und auch einfach mal schweigen. Bei dir darf ich einfach ich sein. Ich verspreche dir, dass ich immer da sein werde, um auch dich immer aufzufangen. Ich verspreche dir, dass ich dich bis an unser Lebensende lieben werde und dir tagtäglich zeigen werde, wie unfassbar viel du mir bedeutest. Ich liebe dich."

Als Kilian uns unsere Eheringe bringt, wunderschöne und schlichte Ringe, mit einer Gravur, grinst er ganz stolz.
„Und damit: Herzlichen Glückwunsch, Herr und Frau Weiß."
Grinsend nähere ich mich ihr etwas mehr und streiche ihr sanft eine Strähne aus dem Gesicht. Meine Hand lasse ich direkt an ihrer Wange, sie schiebt ihre an meine Seiten. Unser Kuss ist sanft. Wir genießen ihn beide in vollen Zügen.