Kapitel 276

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Auch unser letzter Tag hier geht viel zu schnell vorbei. Morgen vormittag reisen wir schon wieder ab. Eigentlich war ich der Ansicht, dass wir wieder einfach auf unserem Zimmer bleiben, wie gestern Abend. Nicht mit Wincent. Als wir von unserer kleinen Wanderung zurück ins Zimmer gekommen sind, hat er mich direkt ins Bad gescheucht, damit ich mich fertig mache. Er selber ist jetzt duschen, während ich mir mein Make-Up mache. Meine Konzentration verabschiedet sich nur ab und zu mal zu dem heißen Typen unter der Dusche.

„Nachtisch bekommst du später" flüstert er mir auf einmal zu und schmiegt sich an meinen Rücken.
Hauchzart verteilt er Küsse auf meiner Schulter und beobachtet mich dabei, wie ich mir die Augenbrauen anmale.
„Nachtisch geht aber immer."
„Vorfreude ist aber bekanntlich die schönste Freude. Mach dich fertig und dann gehen wir los."
„Ganz entspannt mein Freund. Kann sich ja nicht jeder mit ein bisschen Wachs durch die Haare wuscheln und dann fertig sein. Gib mir meine Zeit."
Wincent grinst und hebt verteidigend die Hände. Ich bekomme noch einen Kuss auf die Wange, dann verlässt er das Badezimmer. Zwischendurch kommt er nochmal für etwa zwanzig Sekunden rein, um sich die Haare zu machen. Sobald ich mit Haare und Make-Up zufrieden bin, schlüpfe ich in mein Outfit. Wincent sitzt auf dem Bett, als ich aus dem Bad komme und legt sein Handy sofort weg. Ohne ein Wort zu sagen, kommt er zu mir, um mein Gesicht in seine Hände zu nehmen und mich zu küssen. Mit etwas weichen Knien erwidere ich seinen Kuss liebevoll.
„Das Warten auf dich hat sich einfach gelohnt. In jeglicher Hinsicht."
Kurz bin ich etwas überfordert mit seiner Aussage, damit habe ich gerade einfach nicht gerechnet.
„Jetzt komm, los" grinst er, als er das merkt.  
Mit ineinander verschränkten Händen spazieren wir zu dem kleinen Restaurant, wo wir einen verdammt schönen Abend zu zweit verbringen.

Als morgens die Sonne in mein Gesicht scheint und ich langsam aufwache, schleicht sich schon der Gedanke in meinen Kopf, Kilian nachher wieder in meine Arme schließen zu können. Erst Wincents Bewegungen hinter mir, bringen mich dazu, meinen Blick vom Ausblick zu lösen und mich umzudrehen. Noch total verschlafen sieht er mich an.
„Guten Morgen" lächle ich und lehne mich über ihn.
Wincent beginnt zu grinsen, sobald meine Lippen seine berühren und als ich mich wieder von ihm löse, schmollt er süß.
„Wir fahren erst in ein paar Stunden zurück nach hause. Lass uns noch etwas im Bett bleiben."
Er streicht mir ein paar Haarsträhnen hinters Ohr und zieht mich an seine Brust.

Es dauert damit also noch eine ganze Weile, bis wir uns aus dem Bett rollen, uns anziehen und zum Frühstück gehen. Gestärkt packen wir danach oben unsere restlichen Sachen zusammen, um das Zimmer zu räumen und unten auszuchecken. Das restliche Wochenende habe ich wirklich nicht mehr daran gedacht, dass mein Vater im selben Hotel Urlaub macht wie wir. Aber kurz bevor wir abreisen, taucht er natürlich wieder vor mir auf und weiß der Geier warum, stimme ich zu, mich kurz mit ihm zu unterhalten.
„Ich bring die Taschen schonmal zum Auto und warte da" lächelt Wincent mich an und nimmt mir sanft die Tasche aus der Hand.
Während er rausgeht, setze ich mich mit meinem Vater in eine ruhige Ecke.
„Wo geht's jetzt für euch hin?"
„Nach Hause."
„Leo, ich wollte dir ein Vater sein, du hast mich nie an dich ran gelassen."
„Ich war fünf oder so und hatte grade Frank kennengelernt. Das mag jetzt super hart klingen, aber er ist mein Papa. Er hat mich großgezogen, mich bei den bedeutendsten Schritten in meinem Leben begleitet und war seit ich ihn kennengelernt habe, immer für mich da."
„Darf ich trotzdem erfahren, was passiert ist, dass du vier Jahre lang von der Bildfläche verschwunden bist?"
Einen Augenblick lang überlege ich, bevor ich ihm eine sehr kurze Version erzähle.
„Als ich im siebten Monat schwanger war hatten wir einen Autounfall. Das hatte zur Folge, dass wir beide eine lange Zeit im Krankenhaus waren. Ich etwas länger. Ich lag im Koma. Nachdem ich aufgewacht bin, wurde leider nichts leichter. Wir mussten gemeinsam die ein oder andere Hürde nehmen. Langsam haben wir unser Leben aber wieder im Griff."
„Bist du glücklich?"
„Ja... sehr."
Er lacht leicht und setzt sich etwas auf
„Soll ich dir mal etwas lustiges erzählen? Anjas Tochter, meine Stieftochter, ist ein riesiger Wincent Weiß Fan. Vielleicht können wir uns ja mal irgendwann treffen."
Ach so, na klar... was auch sonst? Hey, meine Tochter, die ich seit zehn Jahren nicht mehr gesehen habe und die mir gerade erzählt hat, welche Scheiße sie gerade mit ihrer Familie durchmachen musste, ist mit dem Lieblingssänger meiner Stieftochter zusammen, da könnten wir uns ja mal treffen. Dass ich nicht lache! In welchem Universum?

„Wincent wartet auf mich, Wir sehen uns vielleicht in 10 Jahren mal wieder."
Angepisst gehe ich zum Auto, wo Wincent gerade auf seinem Handy rumdaddelt. Ohne, dass ich etwas sagen muss, fährt er los. Er weiß, dass ich erstmal etwas Ruhe brauche und dafür liebe ich ihn.

Alles was uns reichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt