Alles was uns reicht

Kapitel 213

Auch wenn wir uns nicht abgesprochen haben, bilden wir alle irgendwie eine Art Schutzwall um Leo drum rum. Ich laufe die ganze Zeit neben ihr, vor uns unsere Eltern und Nils, hinter uns meine Großeltern und Shayenne und neben Leo, Toby und Alex mit Kilian. Unser Sohn sitzt bei Alex auf den Schultern und hat mit ihnen mal wieder den Spaß seines Lebens.
Ich genieße den Abend mit der Familie voll und ganz, irgendwann holen mein Opa, meine Mum und ich dann warme Getränke, während der Rest sich schon an die Tische mit den Heizpilzen gestellt hat.
„Alles gut, Junge?" reißt mein Opa mich aus den Gedanken, als ich gerade dabei bin, meine Frau zu beobachten, wie sie mit unserem Sohn rumalbert.
„Ja... es ist nur ungewohnt."
„Auch nach über zwei Monaten noch?" lacht er leicht.
„Die waren auch anstrengend, aber gerade geht es endlich wirklich bergauf. Ich bin zum ersten Mal seit langem wirklich komplett zufrieden und glücklich."
„Das freut mich für dich, mein Junge."
Er klopft mir auf die Schulter, dann nehmen wir die heißen Becher entgegen und gehen zur Familie. Kilian ist inzwischen wieder auf Nils Arm und Leo unterhält sich mit meiner Schwester. Lächelnd stelle ich mich dicht hinter meine Frau und halte sowohl ihr, als auch meiner Schwester, jeweils einen Kakao hin.
„Danke" lächeln mich beide an, meiner Frau sehe ich etwas länger in die Augen.
Ich bleibe hinter ihr stehen, lausche den Gesprächen meiner Familie und lache mit ihnen. Meine Frau lehnt sich irgendwann leicht an mich ran, während sie ihren Kakao schlürft. Irgendwie automatisch, aber doch vorsichtig, lege ich meinen Arm um ihre Taille.

Ganz der Tradition nach gehen wir nach dem Weihnachtsmarkt in einem kleinen Restaurant noch etwas essen. Ich kann komplett ich sein und abschalten. Leo sitzt neben mir und wirkt ebenfalls extrem locker und entspannt.
„Sag mal Wincent, wir haben mitbekommen, dass du einen neuen Song rausbringst?" kommt es dann von Alex und er sieht mich interessiert an.
„Ja, an dem haben wir schon länger gearbeitet und jetzt sind wir fertig und können ihn veröffentlichen. Universal hat echt ordentlich Stress gemacht. In ein paar Wochen ist es soweit."
Um ehrlich zu sein stehe ich jedoch nicht komplett hinter diesem Song. Er erinnert mich an etwas, was mich zu tiefst bereue und einfach nur vergessen will. Vor allem, weil Leo und ich gerade auf bestem Weg sind, uns wieder einander anzunähern, wieder ‚Leo und Wincent' zu sein.

Wir bleiben eine ganze Weile, länger als sonst immer, aber als Kilian irgendwann auf meinem Schoß halb schläft, beschließen wir, doch mal wieder aufzubrechen. Auf dem Parkplatz des Restaurants verabschieden wir uns alle voneinander und steigen in unsere Autos.
„Der Abend war wirklich schön" lächelt Leo leise und sieht kurz zu mir.
„Ja, fand ich auch" schmunzle ich und muss dann schon direkt an ner roten Ampel halten „Besonders, weil du da warst."
Wir lächeln uns kurz an, dann ist die Ampel grün und wir können weiter fahren. Kilian schlummert hinten in seinem Sitz friedlich vor sich hin, rümpft immer wieder ganz leicht die Nase und sieht dabei einfach extrem niedlich aus. Nach der kurzen Fahrt parke ich mein Auto und gehe dann direkt ums Auto rum, um Kilian vorsichtig auf den Arm zu nehmen. Leo ist in der Zwischenzeit auch ausgestiegen und folgt mir und Kilian zum Aufzug. Hier lehne ich mich gegen die Wand, während Leo auf den Knopf drückt. Sie sieht müde aus, aber auch zufrieden.
„Ich bringe ihn direkt ins Bett, dann kannst du schonmal ins Bad, ja?"
„Okay" lächelt sie und humpelt dann vor in die Wohnung.
Kilian wacht dann so halb auf, während ich ihm Jacke und Schuhe ausziehe.
„Mami" murmelt er, streckt aber die Arme nach mir aus.
„Mama ist auch hier" flüstere ich und hebe ihn wieder hoch.
„Dann bringen wir ihn zusammen ins Bett" kommt es leise von Leo neben mir.
Sie legt ihre eine Hand an meinen Rücken und streicht mit der anderen Kilian über den Kopf. Wir bringen also zusammen Kilian ins Bett und gehen dann nur schnell Zähne putzen. Gerade, als ich das Bad verlasse, während Leo noch auf Toilette ist, kommt ne Nachricht von Anna. Mein Weg führt mich also nicht ins Schlafzimmer, wie ursprünglich geplant, sondern in mein Arbeitszimmer. War ja klar, dass ich keinen Tag einfach nur entspannt mit meiner Familie verbringen und den Abend mit meiner Frau zu zweit ausklingen lassen kann.
„Wincent?" höre ich sie dann auch schon leise und sehe zum Türrahmen.
„Ich komme gleich, geh schonmal ins Bett."
„Muss das noch heute sein?"
„Ich will das nicht morgen tagsüber machen, wegen Kili."
„Es muss doch aber noch nicht heute fertig sein, oder? Komm bitte mit ins Bett."
Sie lehnt an der Wand neben der Tür und sieht mich abwartend an.
„Du wirst da stehenbleiben, oder?"
Sie seufzt nur und humpelt zu mir „Komm mit ins Bett, Wincent."